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Zweitägiges Programm

125 Jahre Kino in Karlsruhe: Als Kino noch „Lebende Photographie“ hieß

Im damaligen Stadtgartentheater fing alles an: Der „Cinematograph Lumière“ lockte die Besucher 1896 zur ersten Karlsruher Kinovorführung. Daran erinnert nun ein zweitägiges Programm.

Film-Still aus „Die Filmprimadonna“.
Macht sich gewissermaßen selbst zum Thema: Urban Gads „Die Filmprimadonna“ beleuchtet auch die technische Entstehung eines Films. Foto: Déjà Vu – Film e.V.

Im September 1896 erschien eine Anzeige im Karlsruher Tagblatt: „Lebende Photographie. – Cinematograph Lumière.“ So lockte die Überschrift ins Stadtgartentheater, den Vorläufer des heutigen Konzerthauses. Vom 5. September an konnten die Karlsruher die neue Technologie, die neue Kunst der filmisch bewegten Bilder erleben.

Es war die Geburtsstunde des Kinos in Karlsruhe. Grund genug, den sich zum 125. Mal jährenden Tag zu feiern. Zu diesem Anlass haben die Karlsruher Kinemathek und der Déjà Vu – Film e.V. ein zweitägiges Programm auf die Beine gestellt. Eröffnet wird das Jubiläumswochenende am 4. September vom Déjà Vu – Film e.V. im Substage.

Und zwar nicht mit dem bewegten Bild, sondern dem gesprochenen Wort: Die Filmwissenschaftlerin Maria Adorno und der Vorsitzende des Déjà Vu, Josef K. Jünger, werden in zwei Vorträgen die Geschichte des frühen Kinos beleuchten. „Maria Adorno wird zur globalen Geschichte sprechen und ich zur lokalen“, führt Jünger aus. Danach folgen fünf Stummfilme.

„Film im Film“, bringt Jünger das Programm auf einen gemeinsamen Nenner. Filme, in denen das Medium sich mit sich selbst beschäftigt.

Schon früh machte der Film sich selbst zum Thema

„Das reicht von der Komödie und führt über den frühen Werbefilm bis zu dramatischen, sehr dramatischen Filmen.“ Der Eröffnungsfilm „Frau Blechnudel will Filmschauspielerin werden“, 1915 von Viggo Larsen inszeniert, gewinnt seine Komik aus den Widerfahrnissen, denen eine Frau ausgesetzt ist, die sich zur Filmdiva zwar berufen fühlt, aber nicht befähigt ist.

Den frühen Einsatz des Films als Marketing-Instrument zeigt der kühn geschnittene Reklame-Film des Werbefilmpioniers Julius Pinschewers zur Berliner Kino- und Photoaustellung von 1925 und in Gustav Trautscholds 1912 entstandener Komödie „Wie sich der Kintopp rächt“ führt das Medium satirisch die Bigotterie eines Filmzensors vor.

Welche Wirkung ein Film haben kann, zeigt sich im Drama „Erreur Traqique“ von Louis Feuillade und Urban Gads „Die Filmprimadonna“. Letzterer wirft zudem einen Blick auf den technischen Entstehungsprozess eines Films zur damaligen Zeit. „Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie früh das Medium sich selbst zum Thema gemacht hat“, meint dazu der Programmmacher der Kinemathek, Michael Endepols.

Am 5. September, also punktgenau 125 Jahre nach der ersten Kinovorführung in Karlsruhe, zeigt die Kinemathek im Alten Stadion auf dem KIT-Campus den Dokumentarfilm „Be Natural – Sei du selbst“. Der Dokumentarfilm, von Pamela Green inszeniert und von Jodie Foster produziert, folgt den Spuren der französischen Filmpionierin Alice Guy-Blaché.

Die Filmpionierin Guy-Blaché wurde aus der Geschichte getilgt

Und der Begriff „Pionierin“ trifft wohl auf niemanden besser zu als auf diese Frau, die als Sekretärin von Léon Gaumont, dem späteren französischen Filmmogul, bereits an der Entstehung des ersten Films der Gebrüder Lumière beteiligt war und schon 1896 ihren ersten eigenen Spielfilm drehte. Dass die Frau, die den Spielfilm und seine Möglichkeiten über 20 Jahre mit entwickelte und als Autorin, Produzentin und Regisseurin auf ein Werk von über 1.000 Filmen blicken konnte, nachweislich systematisch aus der Filmgeschichte geschrieben wurde, ist ein dunkler Fleck in der Lichtspielkunst.

In der ersten Geschichte der Firma Gaumont, von Léon Gaumont selbst verfasst, taucht sie nicht auf. Für eine spätere Auflage verspricht er ihr, das zu ändern, doch es bleibt beim Versprechen. „Dass sie vergessen wurde, liegt auch an der männlichen Arroganz, die die Filmgeschichte unbedingt mit Männern wie Méliès und den Lumières beginnen lassen wollte“, erläutert Endepols. Mehr als ein Grund, sich den Film anzuschauen.

Info

4. September, 20:30 Uhr im Substage-Saal: 125 Jahre Film und Kino in Karlsruhe I; 5. September, 21:00 Uhr im Alten Stadion auf dem KIT-Campus: Film und Kino in Karlsruhe II. Eintrittspreise jeweils 11 € regulär und 7 € ermäßigt. Weitere Informationen unter https://www.toujours-kultur.de und https://stummfilmfestival-karlsruhe.de.



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