Die Polizei registriert weniger Straftaten als früher, trotzdem fühlen sich die Karlsruher so unsicher wie schon lange nicht mehr. Die Stadt will deshalb ein neues Sicherheitskonzept erarbeiten, unter anderem auf Grundlage einer Online-Befragung. Noch bis Freitag können Karlsruher Brennpunkte auf einer interaktiven Karte melden. Die BNN präsentieren die Ergebnisse vorab.
Bis zum Mittwochabend fanden sich rund 50 Einträge auf der Bürgerbeteiligungs-Plattform der Stadt Karlsruhe . Als Brennpunkte identifizierten die User den Europa- und Kronenplatz sowie die Amalienstraße auf Höhe des Kaiserplatzes.
Auch am Werderplatz und beim Kongresszentrum fühlen sich einzelne Bürger offenbar nicht sicher. Am Hauptbahnhof und Friedrichsplatz hingegen, wo der Karlsruher Ordnungsdienst ebenfalls regelmäßig im Einsatz ist , wurden bislang keine "Angsträume" gemeldet.
Karte zeigt mutmaßliche Brennpunkte in Karlsruhe
ZoomenFrauen fühlen sich unwohl
Die Meldungen reichen von Klagen über E-Scooter-Fahrer bis hin zu detaillierten Beschreibungen von Gewalt. Auffällig sind die vielen Berichte von Frauen, die sich nachts in der Innenstadt bedrängt und belästigt fühlen:
Als Frau wird man nur angestarrt, muss teilweise um die Gruppen, welche sich dort bilden, herum laufen.
Besonders erschütternd sind die Schilderungen eines Familienvaters: "Letztes Wochenende, 7.12., wurde unser Sohn (23) gegen Mitternacht am Europaplatz schwer verletzt. Zwei ihm völlig fremde junge Männer beleidigten ihn und seinen Freund auf dem Weg zur Strassenbahnhaltestelle erst übelst und droschen den beiden Jungs dann unvermittelt ein Glas mitten ins Gesicht, welches dabei zerbrach. Beide wurden erheblich im Gesicht verletzt und kamen ambulant ins Krankenhaus. Mein Sohn hat eine tiefe Schnittwunde nicht weit vom Auge weg ... Lakonischer Tipp an unseren Sohn: Stadt abends meiden!"
47 Prozent fühlen sich unsicherer
Die vorläufigen Ergebnisse der Umfrage decken sich in Teilen mit einer Untersuchung der Uni Heidelberg , die die Stadtverwaltung in Auftrag gegeben hatte. 47 Prozent der befragten Bewohner der Innenstadt gaben dabei an, dass sich ihr Sicherheitsempfindens verschlechtert habe, nur vier Prozent sagen, sie fühlen sich sicherer als früher. Als Brennpunkte nannten die Befragten damals vor allem den Europa- und Kronenplatz.
So geht es jetzt weiter
Die Ergebnisse der Online-Umfrage und der Stadtteilspaziergänge in Oberreut sowie in der Innenstadt sollen im Sommer 2020 vorgestellt werden. Derzeit erarbeiten Projektgruppen stadtteilspezifische Sicherheitskonzepte. Als mögliche Maßnahmen, um das Sicherheitsempfinden zu verbessern, nennt die Uni Heidelberg unter anderem Selbstbehauptungskurse für Frauen, Programme zur Förderung von Zivilcourage und zum Abbau von gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen sowie die Verschönerung des Stadtbildes.