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Vorurteile in Karlsruhe

Unbekannte beschmieren chinesisches Restaurant in Karlsruhe mit „Corona“-Schriftzug

Chinesen haben auch in Karlsruhe mit zunehmenden Vorbehalten zu kämpfen. Unbekannte haben am Wochenende die Scheibe eines China-Restaurants beschmiert. Doch die chinesische Gemeinschaft nimmt es derzeit locker und zeigt Verständnis dafür, dass sich Menschen Sorgen wegen des Coronavirus machen.

Der in Wuhan geborene Xian Gao beschäftigt sich in jeder freien Minute mit dem Geschehen rund um das Coronavirus. Auch in Gesprächen mit seiner Frau Kaidi Song geht es oft darum.
Der in Wuhan geborene Xian Gao beschäftigt sich in jeder freien Minute mit dem Geschehen rund um das Coronavirus. Auch in Gesprächen mit seiner Frau Kaidi Song geht es oft darum. Foto: jodo

Die Wisch-Spuren an der Glasfront des China-Restaurants „Niu“ am Karlsruher Entenfang verraten noch, dass Besitzerin Ying Han vor Kurzem mit Schwamm und Eimer zu Gange war. Sie entfernte den Schriftzug „Corona“, den in der Nacht auf Sonntag Unbekannte auf ihre Scheibe geschmiert hatten.

Han nimmt es locker: „Vielleicht waren es irgendwelche Jugendlichen“, mutmaßt die Chinesin im Gespräch mit den BNN.

Polizei hat keine Meldungen über Zwischenfälle

Die nächtliche Schmiererei ist ein Einzelfall, sind Mitglieder der chinesischen Gemeinschaft in der Stadt sicher. Doch sie steht in einer Reihe mit Ressentiments, denen sich Chinesen bundesweit seit dem Auftauchen des Coronavirus verstärkt ausgesetzt sehen.

Schlagzeilenträchtige Zwischenfälle wie die Attacke auf eine 23-Jährige in Berlin am vergangenen Samstag sind dabei die Ausnahme. Es gebe keine Meldungen über Sachbeschädigungen oder gar Angriffe auf chinesische Einrichtungen oder Menschen in der Region, sagt eine Sprecherin der Karlsruher Polizei.

Skeptische Blicke nehmen zu

Häufig sind aber derzeit skeptische Blicke oder besorgte Fragen: Dass er teilweise anders angesehen wird, fällt dem Unternehmer Xian Gao auf. Für das Gespräch mit den BNN über seine Familie, die in der stark vom Virus betroffenen Millionenstadt Wuhan lebt, wählt er eine abgelegene Ecke – auch weil er niemanden beunruhigen möchte. „Ich verstehe, dass sich die Menschen Sorgen machen, das tun wir auch“, sagt er.

Restaurant-Besitzerin Yang Han sieht das genauso. Die Chinesin lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Karlsruhe. In ihr Restaurant kommen zahlreiche Stammkunden. In den vergangenen Tagen haben mehr Menschen Fragen als sonst.

Es geht zu Beispiel darum, wo die Zutaten der Gerichte herkommen oder ob sie vor Kurzem für einen Besuch in China war. „Aber die Menschen sind sehr freundlich, sie machen sich eben Gedanken“, so Han.

Von einem Generalverdacht lässt sich nicht sprechen.
Jackie Hu, Filmemacher aus Karlsruhe

Filmemacher Jackie Hu, der in der chinesischen Gemeinschaft in Karlsruhe stark vernetzt ist, findet die Situation für seine Landsleute eher entspannt. „Von einem Generalverdacht gegenüber den Chinesen lässt sich sicher nicht sprechen“, sagt er. „Die meisten Menschen behandeln uns ganz normal. Rassistische Zwischenfälle gab es meines Wissens bisher keine.“ Gleiches berichten Mitarbeiter verschiedener China-Restaurants und Asia-Läden in der Stadt auf Nachfrage der BNN.

Vorurteile könnten zunehmen

Dass die Vorurteile – getrieben durch die Angst vor dem näher kommenden Virus – auch in der Region zunehmen, glaubt Unternehmer Xian Gaos schon. „ Es schwirren zu viele Falschinformationen herum , vor allem im Internet. Über Übertragungswege, und Todesraten zum Beispiel“, sagt er. „Teilweise sind es ganz abwegige Theorien. Je mehr sich die Menschen hier mit Corona beschäftigen, desto mehr fallen wohl auch auf solche Sachen herein.“

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