Skip to main content

Neues aus dem Elternalltag

Anpfiff zum Wahnsinn

Hinter mir liegt ein neunmonatiges Martyrium im Hormonkarussell meiner schwangeren Frau. Fortwährend balanciere ich auf einem schmalen Grat zwischen eitel Sonnenschein und Drittem Weltkrieg. Neulich wird sogar mein Allerheiligstes bedroht. Doch da hört der Spaß auf. Endgültig.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Engel und Kerzen statt KSC

Der KSC spielt – aber heute nicht für mich. Meine Frau pfeift ab, noch bevor der Ball überhaupt rollt. Die Pflicht ruft: Geburtsvorbereitungskurs, das Tschernobyl werdender Väter. Eine Frauengruppe im biologischen Ausnahmezustand und vier hilflose Herren, die lieber Fußball schauen würden. Auf dem Boden liegen Matten, daneben Blumen und eine Engelsfigur. In der Mitte flackert eine Kerze.

Falsch abgebogen

Die Männer legen ihre Hand auf den Bauch der Partnerin und begeben sich, so will es die Hebamme, mental auf den Weg zu ihrem Ungeborenen. Auf meiner spirituellen Reise biege ich – während die Mütter wie auf Kommando in einen meditativen Zustand fallen – leider etliche Male falsch ab. Wie es wohl beim KSC steht, frage ich mich. Schaffe ich es noch zur zweiten Halbzeit nach Hause? Und: An wen erinnert mich mein Leidensgenosse zur Rechten?

Wo liegt der Tennisschläger?

Unsanft werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Die Hebamme spricht mich an. Eine Tennisballmassage soll den vom Gewicht ihrer Kugel gepeinigten Damen Linderung verschaffen. Mit den Händen möge man sich ganz dem Körper der Frau hingeben. Nachdem ich erfolglos darüber gerätselt habe, was das bedeutet, schweife ich schon wieder ab. Die Filzkugel in der Hand, überlege ich, wann ich wohl das letzte Mal Tennis gespielt habe. Kommt mein Aufschlag überhaupt noch? Wo liegt eigentlich der Tennisschläger? Hat der KSC schon getroffen? Und, verflixt nochmal: An wen erinnert mich der Typ rechts?

Gefährlicher Spaß

Dann reden wir. Viel. Über die Geburt. Über Sorgen und Ängste, die der Mann von heute offenbar haben muss. Man solle sich nicht grämen, beruhigt die Hebamme, wenn die Gebärende im Kreißsaal einen Kasernenhofton anschlage. Mein Flachs, ich hätte durch unsere Beziehung bereits eine siebenjährige militärische Ausbildung absolviert, zündet nur bei der testosteronstärkeren Hälfte des Kurses. Dann ist Schluss.

Erleuchtung hernach

Zu Hause erkundigt sich meine Frau, ob mir der Abend gefallen habe. Mein Fazit ist positiv: Der KSC hat gewonnen und mir ist endlich eingefallen, wem mein Sitznachbar ähnelt. Markus Söder.

nach oben Zurück zum Seitenanfang