Das Geschäft läuft gerade mau in der Pension „Mautz & Hoppel“. Die Kratzbäume, Betten, Kissen und Körbe für die vierbeinigen Gäste sind fast alle frei. In der verspielt eingerichteten Einliegerwohnung in Karlsruhe-Rüppurr schleichen drei Katzen herum statt zwölf wie sonst. „Auch heute Morgen gab es mehrere Absagen. Es ist alles eingebrochen“, sagt seufzend die Inhaberin Sabine Pester. „Es sieht so aus, als hätte ich bald viel Freizeit und wenig Geld“.
Die Corona-Infektionswelle macht der früheren Mitarbeiterin des Kinderhilfswerks Karlsruhe schwer zu schaffen. Pester hat sich vor fünf Jahren mit ihrer Tierpension selbstständig gemacht, sie sorgt sich, dass sie wegen ausbleibender Einnahmen ihr Darlehen nicht abzahlen kann. „Viele meiner Kunden sind betrübt und verunsichert“, sagt Pester. „Es ist nirgendwo mehr sicher.“
Kein Bedarf an Tierbetreuung nach abgesagten Reisen
In Pandemie-Zeiten sind Urlaubsreisen nicht angesagt, und wer daheim bleibt, braucht keine Fremdbetreuung für Hund, Katze oder Hasen. Die energische Endvierzigerin überlegt nun, auf Betreuung der Tiere von Corona-Kranken umzuschalten.
„Ich habe Anfragen bekommen, ob ich mit Hunden Gassi gehen könnte, wenn ihre Besitzer demnächst vielleicht unter Quarantäne stehen“, erzählt Pester. Sie will sich in den Krankenhäusern erkundigen: „Wenn die Menschen dort eingeliefert werden, sitzen ihre Viecher daheim und können nicht raus."
Sars-CoV-2 überträgt sich nicht von Mensch auf Tier
Die Betreiberin von „Mautz & Hoppel“ hat selbst keine Angst, am Coronavirus zu erkranken. „Ich bin robust, ich wasche mir oft die Hände und würde außerdem die Kleidung wechseln, nachdem ich fremde Tiere wieder abgegeben habe." Entscheidend ist für Sabine Pester jedoch, das Sars-CoV-2 von Mensch auf Tier und umgekehrt nicht übertragen werden kann.
Zumindest gelte dies heute als unwahrscheinlich, präzisiert Marcus Erben. Der Karlsruher Tierarzt kriegt jetzt nach eigenen Worten häufiger Anrufe von Hunde- und Katzenhaltern, die sich um die Gesundheit ihrer Lieblinge und um ihre eigene Sicherheit sorgen. „Keine Panik, die Tiere stecken uns nicht an, die Gefahr ist gering“, sagt Erben. „Wir sensibilisieren aber die Menschen dazu, sich Gedanken zu machen, was mit ihren Tieren passiert, sollten sie infiziert werden.“
Nutztiere in der Pandemie nicht gefährdet
In Deutschland ist das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) maßgeblich in Fragen von Tiergesundheit und Zoonosen (zwischen Tier und Mensch übertragbaren Infektionen). Es hat nach eigenen Angaben keine Hinweise, dass sich Nutztiere wie Schweine und Hühner, aber auch Katzen und Hunde mit Sars-CoV-2 infizieren können.
Weltweit ist nur von einem möglichen Fall bekannt: Der Hund einer Infizierten in Hongkong ist im Februar positiv auf das Coronavirus getestet worden. Laut FLI ist es aber unklar, ob es sich um eine aktive Infektion oder eine passive Verunreinigung durch die Virusmengen in der Umgebung handelt. Der Hund zeige keine Krankheitssymptome und werde weiter untersucht.
Händehygiene ist sehr wichtig
Trotz Corona muss der Kontakt gesunder Menschen zu Haustieren nach Ansicht des FLI nicht eingeschränkt werden. Sinnvoll sei allerdings die sorgfältige Handhygiene. Den Menschen in häuslicher Quarantäne empfehlen die Wissenschaftler, ihre Tiere normal zu behandeln und sie in Einzelfällen bei Auftreten von Symptomen nach Absprache mit dem zuständigen Gesundheitsamt auf Sars-CoV-2 testen zu lassen – das Verfahren ist das gleiche wie bei Menschen.
Bestätigt infizierte Personen sollten sehr engen Kontakt zu ihren Haustieren, wie zum Beispiel das Abschlecken des Gesichts, möglichst vermeiden. Der Grund: Der Erreger könnte auf deren Schleimhäute gelangen und von dort zu weiteren Personen gelangen.
In seiner Fachpraxis am Mühlburger Tor hat der Tierarzt Marcus Erben einige neue Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Früher hätten oft die Kinder ihre Eltern mit den kranken Haustieren begleitet: „Jetzt lassen wir nur eine Begleitperson pro Tier in die Praxis. Zudem wird eine Ein-Meter-Schutzzone um den Besitzer eingehalten. Die strengen Hygieneregeln haben wir ohnehin immer befolgt.“
Nur noch dringliche Tierbehandlungen
Ähnlich wie die Mediziner in Krankenhäusern hat sich Erben auf schwierige Zeiten eingestellt. „Wir versuchen, nicht dringliche Behandlungstermine zu verschieben und konzentrieren uns auf notwendige Behandlungen“, erzählt er.
Die Inhaberin der Pension „Mautz & Hoppel“ beschwört unterdessen all ihren Optimismus. Ihr Motto in der Krise laute: „Ruhe bewahren, sich informieren und zusammenhalten“, sagt Sabine Pester. Die Betreuerin baut in ihrer Nachbarschaft Netzwerke für den Notfall auf und hofft auf eine Aufhebung der Reisebeschränkungen an Pfingsten. „Wenn wir die Krise überstanden haben, werden alle in den Urlaub fahren“, hofft sie.