Wie gewinnt man aus Brombeeren Erdbeeren? Ganz einfach: Man nimmt eine Handvoll Brombeeren und lässt sie auf den Boden fallen. Beim Aufprall wird Brom frei und die Beeren verbinden sich mit der Erde zu Erdbeeren. Wow! Gestandene Chemiker werden sich die Haare raufen angesichts von so viel Blödsinn. Vielleicht haben sie ja aber auch Humor und schmunzeln mit Ihnen über diesen Nonsens.
Jetzt jedenfalls sprießen sie hierzulande wieder, die echten Aromabringer vom Open-air-Acker. Die Zeit der großen „Entbeerung“ ist also gottlob vorüber.
Nicht dass wir nicht die unterschiedlichsten Sorten Erdbeeren im eigenen Land hätten (sogar direkt vor unser aller Hütten), aber buchstäblich ausgezeichnete Gourmetfrüchtchen haben in Europa nur die Franzosen vorzuweisen. Weshalb wir hier trotz aller Regionalverbundenheit mal einen Blick auf zwei Früchtchen mit Herkunftssiegel werfen wollen.
Alles fing für Baguette-Land mit den verwegenen Amerika-Eroberern an, die einst mit Erdbeerpflanzen im Laderaum zurückkehrten. Die wurden schnell zum Hit: gut im Geschmack und viel größer als die seit Jahrtausenden in den Wäldern gepflückten Walderdbeeren, die allein aufgrund ihrer Mickrigkeit schon immer mühsam einzusammeln waren.
Es begann mit Erdbeeren aus Amerika
In den botanischen Sprachgebrauch ging die „Monsterfrucht“ als „Amerikanische Scharlach-Erdbeere“ ein. Im 18. Jahrhundert, als man bereits ein außerordentliches Händchen im Anbau von Walderdbeeren entwickelt hatte, führte Amédée-François Frézier Erdbeerpflanzen aus Chile in Frankreich ein und ließ sich in Brest nieder. Nicht weit entfernt, in der Region Plougastel, witterte man Großes und nahm sich ganz väterlich der roten Aromabolzen aus Übersee an.
Erdbeeren mit Namen "Gariguette": die Lieblinge der Gourmetköche
Heute wird in Plougastel-Daoulas, aber insbesondere in der Region um das südfranzösische Nîmes die frühe „Gariguette“ angebaut, die bereits ab April ihr natürliches Rot leuchten lässt. Unsere Nachbarn, insbesondere Gourmets und Sterneköche, sind so wild danach wie einst Klaus Kinski nach dem berühmten Erdbeermund. Sag ich jetzt mal.
Die Feinschmecker-Erdbeeren überzeugen durch ausgewogene Süße und Säure
Unseren an „Lambada“-süßen Gout und andere aromatische Sorten gewöhnten Geschmacksknospen kommen die ungewöhnlich länglich geformten Franzosenfrüchte zunächst vielleicht etwas zu säuerlich vor. Doch keine Bange: im Mund entfalten sie durch ein fein austariertes Verhältnis von Süße und Säure eine ganz aparte Tiefenwirkung.
Erdbeeren mit Siegel aus Nîmes und dem Périgord
Zu erkennen ist die Fraise de Nîmes (Erdbeere aus Nîmes) am blau-gelben Siegel für „geschützte geografische Angabe“. Ebenso die unter Connaisseuren geschätzte und bei Nachtisch unent“beer“liche Fraise du Périgord, die im berühmten Wintertrüffel gleicher Provenienz übrigens einen duften Namensvetter besitzt. Feine Küche verbindet eben.
Erdbeeren immer rasch verzehren
Allgemein gilt für alle Erdbeeren: So frisch wie möglich genießen. Denn nichts ist bei den drallen Früchtchen mit dem grünen „Toupet“ wichtiger als volle Reife und alsbaldiger Verzehr. Jeden Transport- und Lagerfehler quittieren sie nämlich mit baldiger Ungenießbarkeit. Oft bemerkt man leider erst beim Entpacken der Papp- und Kunststoffschalen, dass unter den obenauf liegenden Prachtexemplaren Matsch oder gar Schimmel lauert. Oben hui, unten pfui. Also, Obacht!
Nur 32 Kilokalorien pro 100 Gramm
Erdbeeren pur genossen sind supergesund und ein probates Mittel zur Erlangung der Bikini- respektive Badehosenfigur. Mit nur 32 Kilokalorien pro 100 Gramm ist sogar Küchenmeister Schmalhans guter Dinge – bei so viel Aroma!
Das Erdbeervergnügen lässt sich allerdings problemlos toppen (wenn auch zu Lasten der Kalorienbilanz): Klassiker auf dem Dessertteller sind Erdbeeren mit Schlagsahne, Creme double oder Vanilleeis; auch Kuchen, Torten und Biskuitrollen bekommt ein Erdbeertechtelmechtel hervorragend; und sogar zunächst eher ungeeignet erscheinende weil verwegene Begleiter wie alter Balsamessig, grüner Pfeffer oder Burrata bzw. Mozzarella (s. „Aufgetischt“) können prima mit der roten Beere, die, genau genommen, gar keine Beere ist - lustigerweise im Gegensatz zum exorbitant größeren Kürbis.
Die "Frucht" ist gar nicht die Frucht
Botaniker bezeichnen die Erdbeere etwas hölzern als Sammelnussfrucht. Nicht genug der Verwirrung im Umgangssprech: die eigentlichen Früchte sind nicht das rote Fleisch, sondern die gelben Körnchen an der Oberfläche.
So viel Vitamin C wie Zitronen
Wie auch immer: Wer Erdbeeren nascht, lebt gesund: der körpereigene Vitamin C-Haushalt lässt sich um 60 mg pro 100 Gramm „Rohmaterial“ aufpeppen, was einem schon mal den Biss in die ebenso gesunde aber saure Zitrone erspart.
By the way: Wussten Sie, warum Erdbeeren in England Strawberries heißen? Der Boden unter den Pflanzen ist mit Stroh bedeckt. So bleiben die Früchte immer schön sauber. In diesem Sinne: Strawberry Fields Forever!
Aufgetischt
Erbeeren mit Burrata, Balsamico und Basilikum
Dieses Gericht steht und fällt mit der Qualität der Zutaten. Früh in der Saison empfehlen sich Gariguette, später während der heimischen Erdbeerflut lassen Sie am besten den eigenen Geschmack entscheiden. Als Basilikumsorte empfehle ich geschmacksstarkes Genueser Kraut. Sollten Sie keine Burrata auftreiben können, kaufen Sie stattdessen einen guten Büffelmozzarella, dessen feine Säure gut harmoniert (Kuhmilch-Mozzarella ist zu neutral). Ideal zum Abrunden ist sirupartiger Aceto Balsamico Tradizionale, ersatzweise tut’s auch ein echter aus Modena, evtl. leicht reduziert.
4 Personen500 g Erdbeeren (z B. „Gariguette“)PuderzuckerZitronensaft2 x Burrata (oder Büffelmozzarella)BasilikumblättchenOlivenöl extra vergineFleur de Sel oder Maldon Sea SaltPfeffer aus der Mühle (grob gemahlen)Aceto Balsamico Tradizionale1. Burrata bzw. Mozzarella abtropfen lassen und halbieren.
2. Erdbeeren sanft abspülen, Blütenansatz entfernen. 120 g Früchte klein würfeln, den Rest mit dem Stabmixer pürieren und durch ein feines Sieb streichen. Mit Puderzucker und Zitronensaft abschmecken.
3. Einen Spiegel Erdbeersoße auf jeden Teller geben und die Burrata/Mozzarella darauf anrichten. Mit Erdbeerstücken und Basilikum dekorieren. Burrata/Mozzarella mit einem dünnen Strahl Olivenöl, Pfeffer und Salz würzen. Zum Schluss einige Tropfen Balsamico über die Erdbeeren geben oder den Teller damit dekorativ verzieren.