Skip to main content

Rund 150 Kunstwerke

Ausstellung „Lazy Clouds“: Erste deutsche Werkschau von Soun-Gui Kim im ZKM Karlsruhe

Mit der Ausstellung „Lazy Clouds“ im Karlsruher ZKM wird die seit den frühen 1970er Jahren in Frankreich lebende, aus Korea stammende Künstlerin Soun-Gui Kim, mit einer ersten umfassenden Einzelausstellung in Europa vorgestellt.

Ein Roboter liest Gedichte: Die koreanisch-französische Künstlerin Soun-Gui Kim zeigt im ZKM Karlsruhe ein vielseitiges Spektrum ihrer Arbeiten, darunter auch diese Installation.
Die koreanisch-französische Künstlerin Soun-Gui Kim zeigt im ZKM Karlsruhe ein vielseitiges Spektrum ihrer Arbeiten, darunter auch diese Installation. Foto: Chris Gerbing

Drachen in bunten Farben fliegen in den Sommerhimmel, steigen auf, fallen herab. Lachende Menschen folgen ihnen, ziehen an den Schnüren, damit sie weiterfliegen können. Auf drei Großbildleinwänden im Lichthof des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) begrüßen diese fröhlichen Sommerbilder den Besucher der Ausstellung „Lazy Clouds“.

Hiermit wird die seit den frühen 1970er Jahren in Frankreich lebende, aus Korea stammende Künstlerin Soun-Gui Kim mit einer ersten umfassenden Einzelausstellung in Europa vorgestellt. Rund 150 Kunstwerke aus allen Schaffensjahrzehnten werden präsentiert, allerdings nicht chronologisch, sondern thematisch zusammengestellt.

Damit wird greifbar, was Kim damit meint, wenn sie sagt, Zeit verlaufe für sie „vertikal, jeder Moment enthält alles: die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.“

Was dies bedeuten, wie sich dies anfühlen kann, lässt die Künstlerin die Besucher hautnah miterleben: Ihre „Kalenderperformance“ aus dem Jahr 1975 ist nun im Foyer des ZKM installiert und lässt jeden, der möchte, sich mit seinen Handlungen von gestern und heute einschreiben sowie diese in die Zukunft fortschreiben.

Rund 150 Kunstwerke aus allen Schaffensjahrzehnten im ZKM in Karlsruhe

Diese Arbeit ist zugleich ein gutes Beispiel dafür, dass Soun-Gui Kim das Kunstwerk in den Fokus rückt, dieses aber nicht mit Bedeutung aufgeladen oder mit einer Aura umgeben auf den Sockel gestellt wissen will. Vielmehr geht es ihr mit ihren bewussten und doch sehr subtilen Grenzüberschreitungen darum, den Betrachter auf selbstverständliche Alltäglichkeiten hinzuweisen und ihn mit einfachen Eingriffen zum Nachdenken zu animieren.

So hat sie Farbtafeln an die Wände montiert, unter denen die Namen von Farben stehen – sie passen aber nicht zu den Farben, die darüber angebracht sind. Es handelt sich also um eine gesellschaftlich abgesicherte Konvention, Gelb als Gelb, Grün als Grün oder Rot als Rot zu bezeichnen.

Sprachwitz und Wortverdrehungen tauchen in ihren Arbeiten immer wieder auf, Semiotik, die Philosophie der Zeichen, fasziniert sie nicht nur wegen der Zeichen, sondern auch aufgrund ihrer gesellschaftlichen Konnotation. Folgerichtig sind ihre Auseinandersetzungen mit fernöstlicher Kalligraphie nicht nur eine meditative Handlung, sondern auch als Hinweis auf eine Regelbasiertheit zu verstehen, die sie nonchalant unterwandert.

Arbeiten von Soun-Gui Kim kreisen um fernöstliche und westliche Traditionen

Kim ist nicht nur außerordentlich vielseitig in der Wahl ihrer Medien – auch wenn sie sich selbst als Medien- und Konzeptkünstlerin bezeichnet, ist sie zugleich Performancekünstlerin, Malerin und Zeichnerin, Kalligrafin und Installationskünstlerin –; auch in der Wahl ihrer Themen beweist sie einen hellwachen, fast schon seismographischen Geist.

Ihre Arbeiten kreisen um fernöstliche und westliche Traditionen und die zugehörigen Kulturkreise, die sie ebenso kritisch hinterfragt, wie das neoliberale, durchökonomisierte Wirtschaftssystem oder den Kunstmarkt.

Kim sagt dazu selbst, sie beschäftige sich damit, „die Regeln der Kunst und der philosophischen Reflexion zu hinterfragen und zu öffnen. Daraus entstand die Dekonstruktion von Sprachen und die Suche nach einem neuen Medium, also die Suche nach einer neuen Art zu sehen und zu denken.“

Roboter in ZKM-Ausstellung liest nicht nur Gedichte

Passend dazu hat sie in der Ausstellung einen humanoiden Roboter als ihr Alter Ego in einem gemütlichen Ambiente installiert: Unter einem Busch auf einer Parkbank, ein Buch im Schoß, darüber fliegt ein an einen Zeppelin erinnernder, großer Luftballon. Lass‘ die Gedanken fliegen, scheint die Installation den Betrachter aufzufordern – in der Tat liest der Roboter nicht nur Gedichte, sondern tritt auch in Dialog mit seinem Gegenüber.

Der Ausstellungstitel „Lazy Clouds“ bezieht sich auf ein Gedicht der Künstlerin, das in einem Gedichtband veröffentlicht wurde, steht aber auch für ihren Lebensentwurf: Sie tritt ganz bewusst hinter ihre Kunst zurück, setzt Müßiggang und Meditation (sie ist auch Meisterin im Bogenschießen) als künstlerisches, kreatives und philosophisches Prinzip ein.

Es ist eine singulär-vielschichtige Position, die ohne die Avantgarden der 1970er Jahre nicht zu denken ist, von denen sich Kim aber mit einer Leichtigkeit löst und die Gedanken damit zum Fliegen bringt. Die Ausstellung ist zugleich der Beginn einer Ausstellungsreihe, innerhalb derer mit Soun-Gui Kim, Marijke van Warmerdam, Analivia Cordeiro und Ulrike Rosenbach weibliche Positionen der Medienkunst vorgestellt werden.

Service

Bis 5. Februar 2023 im ZKM Karlsruhe, Lorenzstraße 19. Geöffnet Mittwoch bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr. www.zkm.de

nach oben Zurück zum Seitenanfang