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Metall- und Elektroindustrie

Badische Mittelständler drohen mit Stellenverlagerung ins Ausland

Die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie sind festgefahren. Nun melden sich mehrere badische Industrie-Arbeitgeber zu Wort und schlagen Alarm: Bei Lohnsteigerungen müssten sie Stellen in Deutschland abbauen

Holger Neumann schleift und prüft die Fettkammer des Zahnrad-Außenrings mit einem Durchmesser von 2,3 Metern für das Blattlager einer 2,5 Megawatt-Windkraftanlage. Die deutsche Metall- und Elektroindustrie erwartet wegen der Corona-Krise bis Ende April rund 2,2 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall am Montag (13.04.2020) in einer Telefon-Pressekonferenz. +++ dpa-Bildfunk +++
Harte Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie: Arbeitgeber sehen keinen Spielraum für mehr Lohn. Foto: Jens Büttner/dpa

Die Gewerkschaft IG Metall verhandelt mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall derzeit über einen neuen Tarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Die Fronten sind verhärtet. Nach Ablauf der Friedenspflicht drohen ab 2. März Warnstreiks.

Nun haben sich die Chefs von vier Industrie-Unternehmen in Baden gemeinsam zu Wort gemeldet. Sie warnen die Arbeitnehmerseite eindringlich davor, auf Lohnsteigerungen zu beharren. Ansonsten stünden Jobs an den Heimatstandorten auf dem Spiel.

Michael Kristeller, Geschäftsführer der Karlsruher Tochtergesellschaft des weltweit größten Feuerwehrfahrzeugherstellers Rosenbauer, sagt: „Wir stehen im globalen Wettbewerb mit anderen Standorten, die technologisch enorm aufgeholt haben. Deshalb müssen wir darauf achten, die Kosten nicht noch weiter in die Höhe zu treiben.“

Kurzfristig sehe er überhaupt keinen Spielraum für Lohnerhöhungen, langfristig nur einen moderaten, so Kristeller, der Vorsitzender der Bezirksgruppe Mittlerer Oberrhein/Enz des Südwestmetall-Verbands ist.

Globaler Standort-Wettbewerb innerhalb des Konzerns

Auch David Pistor, Chef der Firma Sulzer Pumpen aus Bruchsal, nennt den wachsenden internationalen Konkurrenzdruck als große Herausforderung. Sein Unternehmen stellt große Kreiselpumpen her, vor allem für die Energieindustrie, und ist Teil des Schweizer Sulzer-Konzerns. „Wir stehen im ständigen Wettbewerb, auch innerhalb des Konzerns“, sagt Pistor. „Der Preisdruck mündet darin, dass wir immer mehr ins Ausland verlegen müssen.“ 650 Mitarbeiter hat Sulzer Pumpen derzeit in Deutschland, 400 davon am Standort Bruchsal.

Johannes Haupt sitzt der Geschäftsführung der Blanc & Fischer-Familienholding aus Oberderdingen vor, zu der verschiedene Unternehmen aus dem Bereich Küchentechnik gehören, unter anderem der Haushaltsspülen-Hersteller Blanco. „Insgesamt geht es uns gut, wir investieren und wachsen“, sagt Haupt.

Bis auf die Blanco-Professional-Gruppe, die Gastronomie und Großküchen ausstattet, seien alle Unternehmen der Holding ohne Einbußen durch die Corona-Krise gekommen. Dennoch betont auch er: „Wir müssen in der Tarifentwicklung maßvoller sein, sonst können wir unsere Investitionen künftig nicht mehr in Deutschland tätigen.“

„Unsere Elektronikfabrik in Oberderdingen muss sich messen lassen mit der in China. Das ist ein interner Wettbewerb.“ 3.000 Mitarbeiter beschäftigt der badische Konzern in Deutschland, 8.000 sind es global. Sollte das deutsche Tariflohnniveau weiter steigen, „müssen wir diese Verteilung modifizieren“, sagt Haupt. „So traurig und unnötig das ist.“

Witzenmann will weiter vom Flächentarif abweichen

Die Firma Witzenmann aus Pforzheim stellt unter anderem Metallschläuche her und hat noch mit einem anderen Problem zu kämpfen. „Uns hat die Transformation der Autoindustrie hin zum Elektroantrieb mit voller Breitseite getroffen“, sagt deren Geschäftsführer Heiko Pott. „Denn zwei Drittel unseres Geschäfts sind Fahrzeugteile.“

Anfang 2020 hat sich Witzenmann mit der IG Metall auf einen Standortsicherungs-Tarifvertrag geeinigt. Damit ist ein Abweichen vom Flächentarifvertrag möglich. „Das gilt aber nur zeitlich befristet, wir brauchen auch danach noch Flexibilität“, so Pott.

Cornelia Koch, Geschäftsführerin der Südwestmetall-Bezirksgruppe Mittlerer Oberrhein/Enz, bekräftigt dies. „Wir fordern Möglichkeiten, vom Flächentarif abweichen zu können – für Unternehmen, die von der aktuellen Krise besonders betroffen sind oder die vor besonderen Herausforderungen stehen“, sagt Koch.

„Gleichzeitig brauchen wir automatische, im Flächentarif angelegte Differenzierungsmöglichkeiten, um den sehr unterschiedlichen Situationen in den Betrieben besser gerecht zu werden.“

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