Ade wellige Lyoner
Die Suchmaschine meines Vertrauens spuckte sogleich zwei vollständige, deutsche und grammatikalisch korrekte Sätze zur Erklärung aus. „Das Bentõ“, las ich da, „ist eine in Japan weit verbreitete Darreichungsform von Speisen, bei der in einem speziellen Kästchen mehrere Speisen durch Trennwände voneinander getrennt sind. Das Kästchen zusammen mit den Speisen nennt man ebenfalls Bentõ.“
„Aha!“, dachte ich, und ersetzte das japanische Wort Bentõ einfach durch das badische Vesper mit einem weichen sch und b. „Du möchtest also eine neue Veschberdose?“, hielt ich mit der Bestellerin Rücksprache. Diesmal wurde das Augenrollen geradezu akrobatisch. Wortlos tippte die junge Dame auf das Bild neben der Erklärung. Das Foto zeigte kein abgeschrabbeltes Plastikbehältnis mit trockenem Graubrot und an den Rändern schon leicht welliger Lyoner sondern eine schwarz-glänzende Box, in der – ausweislich der Bildunterschrift – Schwarzwurzeln, Tempura, Krokette, Tsukemono (was auch immer??), Rindfleisch-Streifen sowie Lachs und eine eingelegte Pflaume auf Reis fein säuberlich getrennt präsentiert wurden.
Hallo Tempura und Co.
„Na, Mahlzeit“, dachte ich bei mir und ahnte Schlimmes. Erwartet die junge Dame jetzt ernsthaft, dass mit der stylisheren Verpackung auch eine inhaltliche Qualitätsoffensive einher geht? Aus Spaß erwarb ich eine Dose. Zum ersten langen Schultag übertraf ich mich selbst und bestückte die Box stilecht mit den sieben Grausamkeiten westeuropäischer Teens: Meeresgetier, Algen, Sesam, Linsen, Spinat, Quinoa und Wasabi. Alles wunderschön und geometrisch akkurat einsortiert. Viel Arbeit – ja! Aber als ich am nächsten Tag erneut eine Bestellung aufnehmen wollte, wünschte sich meine Tochter nur einen Euro für die Brezel beim Hausmeister. „Läuft!“, dachte ich und klatschte meine innere Rabenmutter ab. Der Trick hat wieder funktioniert: Diskussionen vermeiden, guten Willen zeigen und den Rest des Jahres einen Haufen Arbeit sparen.