„Wow!“ Die Antwort auf die Frage nach ihrem ersten Eindruck kommt spontan. „Nee, so habe ich mir das nicht vorgestellt“, ergänzt Sabrina Mayer. „Nicht so groß. Und nicht so hell.“ Solche oder ähnliche überraschende Einschätzungen sind immer wieder zu hören. Nicht vereinzelt, sondern fast schon im Kollektiv.
Keine Frage: Das, was da die Besucher im Karlsruher Untergrund zu sehen bekamen, zeigte Wirkung. Gut 8.000 Besucher nutzten laut Karlsruher Schieneninfrastruktur Gesellschaft (Kasig) beim Tag der offenen Baustelle am vergangenen Samstag die Gelegenheit, ins Untergrundleben der Fächerstadt abzutauchen. Schauplatz war die Haltestelle Marktplatz/Kaiserstraße im Stadtbahntunnel.
Unter der Lammstraße liegt die rund 100 Meter lange, bis zu 20 Meter breite und mehr als elf Meter hohe Haltestelle. Es soll sich dabei laut Kasig-Sprecher Achim Winkel um eine von der Bauart her „typische Haltestelle“ handeln.
„Da wurde schon geklotzt“, lautet ein ums andere Mal das Urteil der Besucher beim Anblick der Dimensionen, beim Anblick des, wie es inzwischen betitelt wird, „Lichtgespinstes“. Gemeint sind damit die zahlreichen Neonröhren in einem Netz aus sichtbaren Leitungen, deren Licht die Haltestelle nachhaltig durchdringt.
Das wirkt alles offen. Auch dank der Beleuchtung. Das hat was.Astrid Reichle, Besucherin aus Stutensee
„Das wirkt alles offen. Auch dank der Beleuchtung. Das hat was“, lobt Astrid Reichle. Extra aus Stutensee kam das Ehepaar Reichle – begeisterte Stadtbahnfahrer – zum Tag der offenen Tür. „Wir wollten schauen, was uns demnächst erwartet.“ Das mit dem „demnächst“ dauert doch noch eine Weile. Im Dezember 2021, zeigt sich Achim Winkel zuversichtlich, ist der Betriebsstart fürs Gesamtpaket Straßenbahntunnel und Kriegsstraße geplant.
Und weiter zieht die Karawane der Besucher durch die unterirdische Haltestelle. In Zeiten von Corona wohlorganisiert. Das mit den Vorab-Anmeldungen und den elektronischen Zugangsberechtigungen hat sich bewährt. Und ein bisschen Schlangestehen vor einem Einlass ist in Corona-Zeiten sowieso schon normal.
Vergleiche mit Londoner Tube
Unten im Tunnel dürfen sich die Besucher auf den vorgegebenen Wegen frei bewegen. Platzangst muss wirklich niemand bekommen. „Ganz sicher nicht hier“, meint Knut Ruschke. „Hier ist es viel größer und schöner als in den alten U-Bahn-Schläuchen von New York oder London. Ich war schon dort.“
Solche Vergleiche werden immer wieder gezogen. Auch mal augenzwinkernd, wenn die Rede ist von „der kürzesten U-Bahn der Welt mit den größten und höchsten Haltestellen der Welt“.
„Dass hier viel Geld vergraben wurde, sieht man schnell“, meint Uli Mayer. Seine Gefühlslage: ambivalent. Das Helle und Luftige überzeuge ihn – aber eine Nummer kleiner und niedriger hätte es auch getan. „Uns überzeugt das hier“, befindet derweil das Ehepaar Usvat. Sorgen, nachts unterirdisch auf die Stadtbahn zu warten, macht sich Mariana Usvat keine. Sie würde sich hier unten sicher fühlen.
Zwei Dinge freilich dürfte so mancher vermissen, wenn der offizielle Betrieb aufgenommen wird: die musikalische Begleitung am Tag der offenen Baustelle durch Holger Ebeling und die Lichtilluminationen im Tunnel und an der Haltestelle. „Verschütt“ gehen konnte übrigens niemand an diesem Tag – dank eines von der Firma Race Result (Pfinztal) entwickelten Transponders, integriert in jede Zugangsberechtigung.