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Land sieht den Weg fürs Impfen frei

Kein U18-Booster: So erklärt der Chef der mobilen Impfteams am Standort Karlsruhe seine Ablehnung

Der medizinische Leiter der mobilen Impfteams am Standort Karlsruhe, Andreas Ruf, will vorerst keine Kinder und Jugendlichen boostern. Der Bund übernimmt zwar laut einem Schreiben die Haftung. Doch Ruf hat an der neuen Linie größere medizinische und rechtliche Zweifel.

Andreas Ruf
Mediziner Andreas Ruf wurde als Leiter der beiden Karlsruher Impfzentren bekannt und ist derzeit medizinischer Chef der mobilen Impfteams am Standort Karlsruhe. Foto: Jörg Donecker

Als das Sozialministerium am Tag vor Heiligabend der Boosterimpfung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren die Freigabe erteilt, ist Andreas Ruf skeptisch. Ihm ist schnell klar, dass er diesen Weg nicht mitgehen wird.

Also schreibt der medizinische Leiter der mobilen Impfteams am Standort Karlsruhe an die Mitglieder seiner Teams: Das veränderte Vorgehen des Landes habe keine wissenschaftlich-medizinische Grundlage.

Dann sorgt er intern für Klarheit: Man werde sich weiter an die unveränderte Empfehlung der Stiko halten. Personen unter 18 werden demnach nur in Einzelfällen und nur dann geimpft, wenn eine entsprechende berufliche Indikation vorliegt. Betroffen sind die mobilen Impfteams, die in den Stadtkreisen Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden sowie in den Landkreisen Enzkreis, Rastatt und Calw im Einsatz sind.

Booster-Impfung für Kinder und Jugendliche? Andreas Ruf bittet Land um Klarstellung

Am Montag nach Weihnachten äußert er seine Bedenken schriftlich gegenüber dem Land. Keiner der verfügbaren Impfstoffe habe derzeit eine Zulassung für Impf-Auffrischungen bei Personen unter 18.

In dem Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, heißt es: „Vor diesem Hintergrund möchte ich das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration in meiner Funktion als Ärztlicher Leiter der Impfteams Karlsruhe hiermit nochmal eindringlich bitten, medizinisch und fachlich zur erläutern, aus welchen Gründen bzw. auf welcher Grundlage es in Bezug auf Auffrischimpfungen von Unter-18-Jährigen eine andere Position vertritt als die Stiko und die Bundesregierung.“

Eine Antwort hat Ruf nach eigenen Angaben bisher nicht erhalten. Das Thema wurde aber am Donnerstagnachmittag zwischen Vertretern des Ministeriums und der Impfteams besprochen.

Die Situation ist sehr unglücklich. Aber ich kann nicht meinen medizinischen Sachverstand außen vor lassen.
Andreas Ruf, medizinischer Chef der Impfteams am Standort Karlsruhe

Im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt Ruf seine Motive ausführlich. Auch vor dem Hintergrund, dass in der Verwirrung nach der Mitteilung des Landes nun teilweise Jugendliche vergeblich bei Impfaktionen warteten, räumt Ruf ein: „Die Situation ist sehr unglücklich. Aber ich kann nicht meinen medizinischen Sachverstand außen vor lassen.“

Karlsruher Mediziner will auf Empfehlung der Stiko warten

Natürlich wisse er, dass es auch andere Meinungen als seine gebe. Genau deswegen gebe es als übergeordnete Instanz aber die Stiko. „Das sind ausgewiesene Experten, völlig unabhängig. Solange die ihre Empfehlung nicht ändern, kann ich nicht Kinder und Jugendliche zum dritten Mal impfen, ohne gegen medizinische Grundsätze zu verstoßen“, sagt Ruf.

Wir reden hier nicht vom einem Zuckerdrops, sondern von einem Medikament, das Nebenwirkungen hat.
Andreas Ruf, medizinischer Chef der Impfteams am Standort Karlsruhe

Schließlich boostere man dann nicht nur 17-Jährige, sondern potenziell auch 12-Jährige. „Der medizinische Nutzen ist bei gesunden Kindern minimal. Wir reden hier nicht vom einem Zuckerdrops, sondern von einem Medikament, das Nebenwirkungen hat“, sagt Ruf.

Lauterbach: Bund übernimmt Haftung für Booster-Impfungen bei Unter-18-Jährigen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte gegenüber den Gesundheitsministern der Länder klargestellt, dass der Bund die Haftung für Boosterimpfungen bei Unter-18-Jährigen übernimmt.

Im Fall eines Impfschadens bestehe ein Versorgungsanspruch, soweit mit einem für diese Personengruppe „grundsätzlich zugelassenen mRNA-Impfstoff“ geimpft werde, so Lauterbach in einem Schreiben vom 27. Dezember. Demnach sei eine Stiko-Empfehlung, die es derzeit ebenso nicht gibt wie einen für die Auffrischung Minderjähriger zugelassenen Impfstoff, keine Voraussetzung.

Auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums findet sich zu dem Thema allerdings noch die aktuelle Empfehlung der Stiko: U18-Booster nur in Einzelfällen. Daher hat Ruf nicht nur medizinische, sondern auch rechtliche Zweifel an der neuen Linie des Landes.

Das baden-württembergische Sozialministerium teilt dieser Redaktion mit, man habe das Lauterbach-Schreiben am Mittwoch an die Impfstützpunkte und die Mobilen Impfteams übermittelt. „Wir haben auch heute bei einer gemeinsamen Besprechung mit den Akteuren der Impfstützpunkte den Sachverhalt nochmals erläutert“, so Sprecher Florian Mader am Donnerstag. Er betont noch einmal: „Mit der Klarstellung durch den Bund ist aus unserer Sicht der Weg frei für die Boosterung von Jugendlichen.“

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