Scholz, Laschet oder Baerbock: Der Wahlkampf um die Kanzlerschaft geht auf die Zielgeraden. In diesen Tagen sind gerade die Spitzenkandidaten omnipräsent – von Fernsehshows über Zeitungsinterviews bis in die sozialen Medien.
Über den neuen deutschen Bundeskanzler entscheiden die Wähler in der Region mit ihrer Zweistimme, vorausgesetzt, der Gewinner kann eine Mehrheit im Parlament hinter sich vereinen.
Mit der Erststimme wählen sie den Direktkandidaten aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land. Unser Redaktionsmitglied Dominic Körner stellen deshalb die Bewerber der im Bundestag vertretenen Parteien und ihre Positionen zu wichtigen politischen Fragen vor.
Nicolas Zippelius (CDU)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Deutschland ist gut durch die Krise gekommen. Die Hilfsprogramme für die Wirtschaft haben funktioniert und die medizinische Versorgung war stets gewährleistet. Jetzt gilt es, gut durch den Herbst und Winter zu kommen.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Bis 2045 soll unser Land klimaneutral sein. Dazu braucht es neben neuen Technologien einen Emissionshandel auf europäischer Ebene. Die daraus resultierenden Einnahmen sollen in vollem Umfang an die Menschen und an Unternehmen zurückgegeben werden. Zum Beispiel durch Abschaffung der EEG-Umlage. Besserer Klimaschutz muss auch die sozialen und wirtschaftlichen Folgen bedenken.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Wir müssen neuen Wohnraum schaffen, den sozialen Wohnungsbau stärken und ländliche Gebiete besser an die Ballungszentren anschließen. Darüber hinaus setze ich mich dafür ein, dass für die erste selbstgenutzte Immobilie, ob Hausbau oder Wohnungskauf, die Grunderwerbsteuer entfällt.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Zuwanderung darf allerdings nicht ungeordnet und ohne Regeln geschehen. Ich plädiere für ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild, denn unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft brauchen Fachkräfte aus anderen Ländern. Damit Zuwanderung gelingt, muss Integration gefördert und gefordert werden.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Demokratien und autoritäre Staaten ringen um den globalen Gestaltungsanspruch im 21. Jahrhundert. Es geht um den Fortbestand unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Ich möchte, dass Deutschland im Rahmen der EU und der Nato aktiv zur internationalen Krisenbewältigung beiträgt.
Patrick Diebold (SPD)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Unser Ziel muss eine hohe Impfquote sein, damit auch Kinder und Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können, geschützt sind. Eine Impfpflicht darf es nicht geben. Für Geimpfte, Genesene und Getestete sind die Einschränkungen vollständig aufzuheben, auch die Maskenpflicht.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Unser Land muss bis 2045 klimaneutral sein. Dazu muss der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion beschleunigt werden. Stromnetze müssen digitalisiert, neue Speichertechnologien gefördert werden. Mit mehr E-Autos und einer Mobilitätsgarantie schaffen wir die Verkehrswende.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Wir brauchen jährlich 400.000 neue Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Dies geht nur mit weiteren finanziellen Mitteln des Bundes für den sozialen Wohnungsbau und eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit. Hinzukommen muss eine am Gemeinwohl orientierte Bodenpolitik von Bund, Ländern und Kommunen, um Spekulationen mit Grund und Boden einzudämmen.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist ohne ausreichende Sprachkenntnisse und Bildung kaum möglich. Integrationspolitik. Arbeitsmarktintegration und Sprachförderung müssen zusammengedacht werden. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist eines der zentralen Themen. Bestehende Hürden bei Einbürgerungen wollen wir abschaffen.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Neben dem Aufbau eines Teams von deutschen Friedensemissären, das sich weltweit in Friedensverhandlungen engagiert, halten wir auch an der Forderung nach einem europäischen zivilen Friedenskorps fest, um auf multilateraler Ebene Maßnahmen der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung weiterzuentwickeln.
Sebastian Grässer (Grüne)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Vor allem einen einheitlichen. Dass wir nach eineinhalb Jahren immer noch mit demselben Flickenteppich an Einzelmaßnahmen kämpfen, wie in der ersten Welle, ist politisches Versagen und untergräbt das Vertrauen der Menschen. Das merken wir auch bei der Impfbereitschaft. Ich selbst sehe die Impfung als Weg aus der Pandemie, bin aber gegen kostenpflichtige Tests – es ist zwar ungerecht, dass wir damit die Ideologie der Impfgegner finanzieren, aber wenn die Testcenter erst einmal verschwunden sind, riskieren wir, dass in einer neuen Welle auch für Geimpfte keine Tests verfügbar sind.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Indem wir endlich klimaschädliche Subventionen beenden und dieses Geld stattdessen in den Ausbau von Infrastruktur stecken, um den Menschen ein klimaneutrales Leben zu ermöglichen. Wir haben längst alle Technologien, die wir dafür brauchen, aber es fehlt am politischen Willen in der Bundesregierung – wie das Bundesverfassungsgericht im April bestätigt hat.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Durch die Stärkung von kommunalen und landeseigenen Wohnungsgesellschaften, die in den letzten Jahrzehnten vielerorts aufgelöst wurden. Das war ein Fehler. Außerdem braucht es Nachverdichtung – Bauland ist sehr kostbar im Landkreis Karlsruhe, da müssen wir effizient sein.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Integration ist vernachlässigt worden – die Menschen, die aus Krisenregionen hierherkommen, sind froh, wenn sie von ihrer Arbeit leben können, ohne dass ihr Leben in Gefahr ist. Stattdessen bekommen sie jahrelang keine Arbeitserlaubnis oder werden trotz erfolgreicher Integration abgeschoben.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Eine Vermittlerrolle – doch dafür müssen wir unsere Abhängigkeit von Öldiktaturen beenden.
Hans-Günther Lohr (FDP)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Es ist wichtig, dass es nicht zu neuen pauschalen Freiheitseinschränkungen kommt. Einen neuen Lockdown im Herbst müssen wir verhindern. Der Charakter der Pandemie hat sich verändert, also muss sich auch der Charakter der Pandemie-Politik ändern. Eine indirekte Impfpflicht lehnen wir ab.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Ich setze auf Forschung, Wissenschaft, Innovationen und kluge Ideen. Wir müssen den Emissionshandel auf alle Emissionen ausweiten, weltweit brauchen wir mehr Wald für Klimaschutz und im Verkehrsbereich müssen wir auf alternative Kraftstoffe setzen. Der Aufruf zu Verzicht und Askese wird nicht weiterführen. Auf diesem Weg wird uns in der Welt niemand folgen. Denken wir nicht darüber nach, was wir zum Schutz des Klimas alles nicht mehr dürfen. Denken wir daran, was wir alles machen können.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Mehr Flächen mobilisieren und mehr bauen, dazu den Wohnungsbau um Vorschriften und Regulierungen erleichtern. Wir müssen Genehmigungsverfahren beschleunigen und die Menschen beim Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum entlasten, etwa durch einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro bei der Grunderwerbsteuer. Auch die Mietpreisbremse muss weg und ein bundesweiter Mietendeckel verhindert werden.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Flucht und Einwanderung müssen wir voneinander unterscheiden. Für uns ist das Grundrecht auf Asyl unantastbar. Integration wollen wir durch Vermittlung unserer Grundwerte und Sprache gezielt fördern.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Gemeinsam mit unseren Partnern müssen wir uns für die Bewahrung der freiheitlichen Lebensweise in Europa und den Schutz von Frieden und Menschenrechten international einsetzen.
René Rotzinger (AfD)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Wir müssen dringend einen anderen Kurs einschlagen, die Panikmache der Regierung muss beendet werden. Außerdem dürfen wir Ungeimpfte nicht vom gesellschaftlichen Leben auszuschließen. Wir müssen prüfen, welche Maßnahmen wirklich funktionieren und diese dann umsetzen.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Ideologische und unrealistische Ziele helfen uns nicht weiter. Die Regierung hat sich unnötigerweise selbst Klima-Strafen auferlegt, was uns Hunderte Millionen Euro kostet. Die Klimaschutz-Maßnahmen sollten in einem vernünftigen Nutzen-Kosten-Verhältnis stehen. Wir müssen offen für alle Energieträger sein und uns nicht auf einen festlegen.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Bund, Länder und Kommunen haben es in der Vergangenheit versäumt, ausreichend Wohnraum für einkommensschwache Mieter zu schaffen oder zu fördern. Auch der Wohnungsneubau muss einfacher werden, zum Beispiel mit einem einheitlichen Baurecht und weniger Vorgaben, um günstiger bauen zu können.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Die Zuwanderung muss deutlich reduziert und stärker kontrolliert werden. Damit Integration gelingt, müssen Zuwanderer stärker in die Pflicht genommen werden. Dazu gehört zwingend das Erlernen der Sprache und unserer Regeln sowie die Akzeptanz unserer gesellschaftlichen Werte. Es ist wichtig, ihnen Arbeit und gesellschaftliche Anerkennung zu geben.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Wir wollen die Souveränität Deutschlands wieder stärken, wir stehen für mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Außerdem bedarf es einer ausgewogenen Zusammenarbeit mit Russland und den USA sowie mit Großbritannien. Wir lehnen Blockaden und Sanktionen ab, diese haben schon in der Vergangenheit keinen Erfolg gezeigt.
Jörg Rupp (Linke)
Welchen Kurs wünschen Sie sich in der Corona-Politik?
Wir müssen die Infektionsketten unterbrechen. Das heißt eine Zero-Covid-Politik. Das fängt damit an, dass in Schulen in allen Klassenzimmern Luftreiniger stehen müssen und dass überall weiterhin getestet wird – Impfdurchbrüche sind Realität. Ich plädiere zudem für eine Impfpflicht von Menschen, die an anderen Menschen arbeiten, zum Beispiel in der Pflege.
Wie wollen Sie einen besseren Klimaschutz erreichen?
Wir brauchen weniger Autos und können die Verbrenner nicht mit E-Autos zu 100 Prozent ersetzen. Photovoltaik muss auf alle geeigneten Dachflächen, dazu gehört auch die geförderte Produktion europäischer Solarmodule, um den Bedarf zu decken. Für ärmere Menschen muss es Ausgleichszahlungen geben.
Wie wollen Sie sicherstellen, dass es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt?
Wir wollen soziale, kommunale und landeseigene Wohnungsbaugesellschaften, die in sozialen Wohnungsbau investieren und nicht nur in Luxussegmente. Mieten müssen gedeckelt werden, nicht jede Sanierung darf zur Mehrbelastung der Mieter führen, sondern Profite müssen reinvestiert werden.
Wie können Zuwanderung und Integration gelingen?
Indem das Willkommen ehrlich gemeint, gepflegt und umgesetzt wird. Menschen brauchen eine Perspektive und wer hierherkommt, sollte nicht unter Generalverdacht gestellt werden oder misstrauisch beäugt werden. Wir wissen, dass die Kriminalität unter Zuwanderern deutlich sinkt und nicht höher ist als die der aufnehmenden Bevölkerung – sobald ihr Aufenthalt hier rechtlich abgesichert ist.
Welche Rolle sollte Deutschland außenpolitisch in der Welt wahrnehmen?
Die eines Landes, das als Friedensmacht auftritt. Antimilitaristische Hilfseinsätze müssen die Regel werden. Anstatt Milliarden in Militär zu investieren, sollten diese in Hilfen zum Aufbau ziviler Projekte gezielt eingesetzt werden.