Tausende Anträge auf Kurzarbeit gehen aktuell wegen der Corona-Krise bei der Agentur für Arbeit Karlsruhe-Rastatt ein. „Das ist ein Tsunami“, sagt Agenturchef Ingo Zenkner. Kurzarbeit war in seiner Zuständigkeit bisher ein vereinzeltes Phänomen. Jetzt explodiert die Zahl quer durch alle Branchen.
„Ich weiß, dass viele Menschen richtig in Schwierigkeiten kommen. Existenzen geraten in Gefahr. Und Kurzarbeitergeld ist nicht wie ein voller Lohn“, so Zenkner.
Allerdings zeige sich, dass viele Arbeitgeber mit Hilfe dieses Instruments mit ihren Angestellten durch die schwierige Zeit gehen wollten und eben nicht auf Entlassungen setzten.
Agenturchef erwartet steigende Arbeitslosenquote
Zenkner fürchtet, dass dennoch auch Jobs verloren gehen. „Die Arbeitslosenquote wird voraussichtlich steigen.“ Noch lägen da jedoch keine Zahlen bei der Agentur vor. „Das kommt zeitversetzt, weil Kündigungsfristen gelten.“
Hubert Neukam, der bei den Arbeitsagenturen Karlsruhe-Rastatt sowie Nagold-Pforzheim für den Operativen Service zuständig ist, rechnet im Zuge der Krise zudem mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen. „Es werden wohl mehr werden als im vergangenen Jahr.“
Mehr als 200 der insgesamt 300 Mitarbeiter der Karlsruher Arbeitsagentur nehmen derzeit am Telefon Anfragen zur Kurzarbeit an. „Wir haben dafür unseren Betrieb innerhalb kürzester Zeit komplett umgebaut“, so Zenkner. „Wir tun, was wir können. Es geht alles seinen Gang.“
Wer bisher beispielsweise in der Berufsberatung tätig war, sitzt – nach hausinternen Schulungen – nun an der Hotline für die in Bedrängnis gekommenen Arbeitgeber.
Kurzarbeit geht in Corona-Zeiten auch abteilungsweise
Denen rät die Agentur, Kurzarbeit möglichst gleich für zwölf Monate zu beantragen. „Wenn wir nach kürzeren Anträgen Fristen verlängern müssen, macht das beiden Seiten viel Arbeit. Umgekehrt kann man aus der Kurzarbeit natürlich früher aussteigen.“
Insofern müsse keiner der betroffenen Mitarbeiter in den Betrieben fürchten, dass er sich definitiv auf ein Jahr Kurzarbeit einstellen muss, so Zenkner.
Die Agentur verlange zudem von keinem, Negativstunden auf dem Arbeitszeitkonto anzusammeln. Der Resturlaub für 2019 müsse jedoch abgebaut sein, bevor Kurzarbeit starten kann. Die müsse wiederum nicht für das komplette Unternehmen beantragt werden. „Das kann für einzelne Abteilungen erfolgen“, erklärt Neukam.
Er weiß von Unternehmen, in denen einige Bereiche regulär arbeiten, anderen jedoch das Material ausgeht, weil keine Fracht aus China ankommt.
Anträge für März müssen im März gestellt werden
Will ein Arbeitgeber für März Kurzarbeit beantragen, muss dies noch im März erfolgen, betont Neukam. Der Ablauf erfolgt nach einem fixen System: Per Mail oder – von Zenkner bevorzugt – Telefon werden die Anträge gestellt. Bis 20. April werde entschieden. Rund zehn Tage später fließe das Geld, sagt Neukam. Wenn ein Unternehmen nicht in Vorleistung für seine Mitarbeiter gehen könne, solle sich dieses notfallmäßig bei der Agentur melden.
„Ansonsten bitten wir aufgrund der Vielzahl von Anfragen auf Nachfragen im laufenden Verfahren zu verzichten“, so Zenkner. In seinem Haus läuft parallel zur Antragsflut bei der Kurzarbeit das Vermittlungsgeschäft – fokussiert auf systemrelevante Branchen. „Wir haben die Erntehelfer und Regalauffüller im Blick“, sagt der Agenturchef. Und wer in Kurzarbeit ist, darf da etwas dazuverdienen.
Service
Die Arbeitsagentur zahlt Kurzarbeitergeld als teilweisen Ersatz für Lohn, der durch einen vorübergehenden Arbeitsausfall entsteht. Beantragen können die Leistung Unternehmen mit mindestens einem Mitarbeiter, denen zehn bis 100 Prozent der Arbeit wegbricht.
Die betroffenen Angestellten erhalten in der Kurzarbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettogehalts, lebt mindestens ein Kind im Haushalt, sind es 67 Prozent.
Kontakt zur Agentur für Arbeit
Unternehmen erreichen die Arbeitsagentur über die Hotline (08 00) 4 55 55 20 oder online hier.
Privatpersonen, die sich arbeitslos melden müssen, können anrufen unter (07 21) 8 23 22 22 oder auf dieser Seite online melden.