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Corona-Krise trifft Partyvolk

Karlsruher Clubs stehen in der Corona-Krise vor dem finanziellen Abgrund

Unternehmer des Karlsruher Nachtlebens trifft die Corona-Krise hart: Kurzarbeit ist in den meisten Fällen keine Option, auch die staatliche Soforthilfe ist für viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn niemand weiß im Moment, wie lange die Clubs geschlossen bleiben müssen.

Leerer Partykeller: Wie hier im Krokokeller fehlen derzeit allen Karlsruher Nachtklubs die zahlenden Gäste. Die Fixkosten laufen trotzdem weiter.
Leerer Partykeller: Wie hier im Krokokeller fehlen derzeit allen Karlsruher Nachtklubs die zahlenden Gäste. Die Fixkosten laufen trotzdem weiter. Foto: pr

Unternehmer des Karlsruher Nachtlebens trifft die Corona-Krise hart: Kurzarbeit ist in den meisten Fällen keine Option, auch die staatliche Soforthilfe ist für viele nur ein Tropfen auf den heißen Stein . Denn niemand weiß im Moment, wie lange die Clubs geschlossen bleiben müssen.

Die frisch gewischte Tanzfläche bleibt leer, die gerade neu bestückte Getränketheke dagegen voll. Um 16 Uhr am Freitag, 13. März, erhält Jan Steinle den Anruf vom Gewerbeamt: Wegen des Coronavirus müssen ab sofort die Musikclubs der Stadt geschlossen bleiben. „Wir hätten uns da schon etwas mehr Vorlauf gewünscht“, sagt Steinle, dem der Krokokeller gehört.

Die Getränke mit Mindesthaltbarkeitsdatum im Juli hat er ans Städtische Klinikum gespendet. „Vielleicht können wir damit zeigen, dass wir im Gegenzug auch andere nicht hängen lassen und gemeinsam diese Krise irgendwie durchstehen wollen“, sagt Steinle.

Zur Überbrückung will man demnächst DJ-Livestreams und Cocktail-Mixkurse für zu Hause erarbeiten. „Wir versuchen erst mal die nächsten Monate zu überstehen, ohne zum Äußersten greifen zu müssen.“

Da kommt ein immer größer werdender Eisberg auf uns zu
Jan Steinle, Inhaber des Krokokellers

Er habe zwar Glück gehabt, dass der Krokokeller mit Soforthilfen schnell unterstützt wurde. Andererseits würden Mieten und Pachten ja nur gestundet und müssten irgendwann nachbezahlt werden. „Da kommt ein immer größer werdender Eisberg auf uns zu“, sagt Steinle.

Wenn der Corona-Shutdown länger dauert, sind viele Karlsruher Clubs am Ende

Er meint nicht nur den Krokokeller, denn im Prinzip seien alle Karlsruher Clubs in der gleichen Lage. „Wenn der Shutdown länger als ein Quartal lang dauert, dann wird ein nicht unerheblicher Teil der Karlsruher Clubs bald nicht mehr existieren.“

Der Club Die Stadtmitte hat mit Crowdfunding einen Versuch gestartet, sich wirtschaftlich über mehr als einen Monat retten zu können – denn länger reicht auch das Geld vom Staat nicht, um die Fixkosten zu bezahlen, während gleichzeitig keinerlei Umsatz mehr erwirtschaftet werden kann.

„Ich muss ausdrücklich sagen, dass ich die Maßnahmen gegen das Coronavirus für sinnvoll halte“, sagt Alex Füchsel, Betriebsleiter der Stadtmitte. „Wenn man nach Italien oder New York blickt – hat die deutsche Politik vergleichsweise gut reagiert.“

Alle Informationen gibt es auf bnn.de/coronavirus

Die "Stadtmitte" kämpft mit einer Crowdfunding-Aktion um ihre Existenz

Dennoch kämpft die Stadtmitte jetzt akut um ihre Existenz. Spendenziel ihrer Crowdfunding-Aktion : 38.000 Euro. Das sei die Summe, die zur Deckung der laufenden Kosten bei einer zweimonatigen Schließung nötig ist.

Soforthilfe sei zwar beantragt, so Füchsel, doch es sei unklar, was die bringe. „Wir haben von einem Tag auf den anderen Null Einnahmen. Die Miete muss weiter bezahlt werden.“ Auch bei Verträgen mit Agenturen, die Bands für Konzerte in der Stadtmitte vermitteln, müssten bestimmte Fixsummen trotzdem bezahlt werden.

Vier Mitarbeiter aus dem Kernteam der Stadtmitte befinden sich bereits in Kurzarbeit, 24 Minijobber sind jetzt ganz ohne Arbeit. Ebenso wie mehr als 48 freischaffende DJs und externe Organisatoren von Events wie Floh- und Designmärkten, Filmvorführungen und anderen Veranstaltungen, denen die Stadtmitte ihre Räumlichkeiten überlässt.

Die Stadtmitte ist nur ein Beispiel von vielen im Karlsruher Nachtleben. „Wegen Corona geschlossen“ oder „Zwangspause“ ist auf den Webseiten und Facebook-Auftritten der Clubs zu lesen. Viele sind nicht erreichbar. Ein Clubbetreiber äußert sich nur anonym: Die Zuschüsse reichten maximal für einen Monat. „Wir können uns noch zwei Monate über Wasser halten“, sagt Volker Hasch, Besitzer des Topsy Turvy in Karlsruhe . Pacht, Versicherungen, Nebenkosten liefen ja weiter.

Auch hier: die wenigen Angestellten in Kurzarbeit, der Großteil der Mitarbeiter steht als Minijobber jetzt vor dem Nichts . „Die Ungewissheit ist lähmend“, sagt Hasch. Vor der Corona-Krise habe man zumindest Dinge planen können und gewusst, welche Maßnahmen sich wie auswirken würden. Jetzt ist alles anders. „Man sieht gar kein Land, weil man nicht weiß, wie es weitergeht.“

„Man kann gar keine Maßnahmen treffen“, sagt auch Tobias Ruppert, der den Qubes Club betreibt. „Die Soforthilfen sind ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Einige Clubs könnten für immer aus dem Karlsruher Nachtleben verschwinden

Thomas Geiger, Beirat der City-Initiative Karlsruhe und selbst Unternehmer, prophezeit das Verschwinden einiger Clubs in Karlsruhe infolge der Corona-Krise. „Da wird sich wohl die Spreu vom Weizen trennen“, meint er.

Zunächst seien alle Clubs betroffen, doch nur wenige seien wohl wirtschaftlich gut genug aufgestellt, um über längere Zeit ohne Einnahmen bestehen zu können. „Die Clubszene in Karlsruhe hat es sowieso schwer“, sagt Geiger. Denn die Stadt biete noch zahlreiche andere Freizeit- und Feiermöglichkeiten, besonders im Sommer.

Zudem seien wohl die wenigsten Clubbetreiber für einen Krisenfall wie diesen versichert, könnten also auch hier nicht auf Finanzspritzen hoffen. „Nur wenn im Vertrag das goldene Wort ,Pandemie‘ drinsteht, hat man eine Chance“, sagt er. Und nicht nur im Nachtleben, auch in der Gastronomie arbeiteten zumeist Minijobber, die jetzt nicht einmal Kurzarbeit beantragen könnten. „Es trifft uns alle.“

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