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Schule zu Hause

Corona ohne Laptop: Schüler im digitalen Abseits

Kinder aus Hartz-IV-Familien haben es in normalen Zeiten schon schwer. Mit Corona könnten nun einige den Anschluss völlig verlieren. Viele haben keinen eigenen Computer. Schule von zu Hause aus ist so nicht zu schaffen. Doch das Kultusministerium hat eine Idee.

Wohl dem, der einen Computer hat: Doch Schülern in Hartz-IV-Familien fehlt mehr als nur die digitale Infrastruktur. Es fehlt an Ruhe, Platz und Unterstützung. Das Kultusministerium hat jetzt eine Idee zur individuellen Förderung an der Schule. Foto: dpa
Wohl dem, der einen Computer hat: Doch Schülern in Hartz-IV-Familien fehlt mehr als nur die digitale Infrastruktur. Es fehlt an Ruhe, Platz und Unterstützung. Das Kultusministerium hat jetzt eine Idee zur individuellen Förderung an der Schule. Foto: dpa

Wie soll man zu Hause lernen, wenn man keinen Computer und keinen Drucker hat, kein eigenes Zimmer, keinen Schreibtisch oder gar keinen Internetanschluss?

Mit diesem Problem, das insbesondere Kinder in finanziell abgehängten Familien betrifft, beschäftigen sich derzeit vor allem Lehrer und Familienhelfer.

Eltern sollten Laptop beim Jobcenter beantragen
Harald Thomé, Fachreferent für Arbeitslosen- und Sozialrecht

Ein Hartz-IV-Berater rät den Familien, den Laptop beim Jobcenter zu beantragen, die Arbeitsagentur winkt ab. Die anhaltende Schließung der Schulen setzt Eltern und Kinder unter Stress.

Damit die Schüler nicht ins Hintertreffen geraten, bemühen sich Lehrer und Schulleiter um ein digitales Angebot.

Bund stellt Hardware-Zuschuss für bedürftige Familien in Aussicht

Wenn die technische Ausstattung in der Familie stimmt, halten sich die Probleme noch einigermaßen in Grenzen. Für viele Kinder ist der eigene Computer längst eine Selbstverständlichkeit.

Für viele aber auch nicht. In ihrem jüngsten Hilfspaket hat die Bundesregierung jetzt für bedürftige Familien einen Zuschuss in Höhe von 150 Euro für die Anschaffung der notwendigen Hardware in Aussicht gestellt.

Die Rechner werden auch dringend benötigt. „Manche unserer Familien haben keinen Computer und noch nicht mal Internet“, sagt Andrea Bauch-Heneka.

Oft fehlt es in der Corona-Krise auch am Drucker

Sie organisiert die sozialpädagogische Familienhilfe der Arbeiterwohlfahrt in Karlsruhe. Zu den Klienten der AWO-Familienhilfe gehören viele Hartz-IV-Haushalte, deren Kinder oftmals schlechtere Lern-Voraussetzungen haben, als Altersgenossen in finanziell besser gestellten Familien.

Selbst wenn Familien einen Computer haben, sei das bei mehreren Kindern, die derzeit am Rechner lernen sollen, nicht ausreichend. Und ist ein Computer da, fehlt es am Drucker oder am Geld für die nächste Tintenpatrone.

Abgehängte Schüler

„Einzelne Schüler sind derzeit überhaupt nicht zu erreichen“, sagt der Lehrer einer Werkrealschule. Er versucht Kontakt zu seinen Schülern zu halten.

Aber zu einigen kann er noch nicht einmal telefonisch durchdringen. Harald Thomé, Fachreferent für Arbeitslosen- und Sozialrecht, rät allen Eltern, die Sozialleistungen nach Hartz-IV beziehen, bei ihren zuständigen Jobcentern die Ausstattung mit internetfähigen Computern und Laptops zu beantragen.

„Mit jedem weiteren Tag, an dem die Schulen geschlossen haben, wachsen die Rückstände bei den Kindern, die am Online-Unterricht nicht teilnehmen können“, so Thomé.

Dem Ansinnen Thomés, die Ausstattung mit digitalen Geräten über das Jobcenter zu finanzieren, erteilt die Agentur für Arbeit aber eine schnelle Absage.

Jobcenter können allenfalls Darlehen gewähren
Ein Sprecher der Agentur für Arbeit

„Nach geltender Rechtslage dürfen die Jobcenter solche Ausgaben nicht finanzieren“, teilt die Pressestelle der Nürnberger Behörde mit. „Allenfalls Darlehen könnte man den betroffenen Familien in Aussicht stellen.“

Gleichzeitig verweist die Arbeitsagentur auf die 150-Euro-Initiative des Bundes. Diesen Zuschuss des Bundes begrüßt Thomé grundsätzlich.

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„Aber die Umsetzung ist sehr fragwürdig“, sagt er. Das Geld, so Thomé, stamme wohl aus dem Digitalpakt, der momentan ohnehin nicht gebraucht werde.

„Wenn ich das richtig verstanden habe, soll das Geld über die Schulen ausbezahlt werden. Die Schulen sind aber nicht der Lage, die Bedürftigkeit der Familien zu überprüfen. So wie das jetzt angegangen wird, kann es Monate dauern, bis das Geld fließt.“

Lehrer laden Schüler zum Förderunterricht

Schnellere Hilfe könnten die Lehrer bieten, denen das Kultusministerium jetzt nahelegt, einzelne Schüler zum Kleingruppenunterricht an die Schule zu bitten.

Wenn ab Montag einzelne Klassen in oder unmittelbar vor ihrem Prüfungsjahr wieder in die Schule gehen, soll es auch für digital nicht erreichbare Schüler ein Angebot geben.

„Wir wollen auch die Schüler im Blick behalten, die jetzt zunächst durchs Raster gefallen sind und für ihre Lehrer nicht erreichbar waren“, bestätigt eine Ministeriumssprecherin.

Angebote auch in den Sommerferien

„Für die wird es ab dem 4. Mai spezielle Lernangebote geben, um den Stoff zu wiederholen und zu vertiefen.“ Solche Angebote soll es dann auch in den Sommerferien geben.

Schüler, für die eine solche Förderung in Frage kommt, werden nach Auskunft des Ministeriums von den jeweiligen Lehrern angesprochen. „Denn die wissen ja am allerbesten, wo ihre Schüler stehen und wem diese Form der Förderung helfen kann, den Anschluss nicht zu verlieren.“

Auf Hilfe, gleich welcher Art, warten die Familienhelfer der Karlsruher Arbeiterwohlfahrt verzweifelt. „Die Kinder brauchen Arbeitsplätze zu Hause, an denen sie in Ruhe arbeiten können“, melden die Mitarbeiter der AWO.

Außerdem sei es notwendig, dass sich die Lehrer gezielter um diese Kinder kümmern. „Die Eltern“, so die Familienhelfer, „können das oft nicht leisten.“

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