Kurze Wartelisten, Lernräume mit freier Platzauswahl, leere Zimmer: Vor Monaten wäre das ein Traum für jeden verzweifelten Studenten auf der Suche nach einem Platz im Studentenwohnheim gewesen. Doch im Hans-Dickmann-Kolleg (Hadiko) sieht so längst die Realität aus. Aufgrund der Corona-Krise gehen die Bewerbungen für das Wohnheim stark zurück.
Videokonferenz statt Plausch auf der Dachterrasse
Aktuell stehen 21 Zimmer leer. „So etwas hat es in der Geschichte des Hadikos noch nicht gegeben“, sagt der Vorsitzende des Hadiko-Vereins, Joshua Bachmeier. Er arbeitet unter anderem mit Matthias Langen aus dem erweiterten Vorstand zusammen. Im selbstverwalteten Studentenwohnheim ist jüngst eine Sauna fertig geworden. Das Heißluftbaden liegt aber derzeit wegen der Pandemie auf Eis, erklärt Langen. Und die Einweihung der renovierten Bar im Keller muss warten.
Das studentische Leben hat sich komplett verändert. Statt des gemütlichen Beisammenseins auf der Dachterrasse verabreden sich die Studenten ab und an zu einer Videokonferenz. „Das ist schon etwas skurril. Wir sitzen ja teilweise im selben Gebäude“, erklärt Bachmeier. Zu Beginn der Krise seien viele direkt abgereist – etwa ein Drittel der Bewohner. Nun kämen sie aber nach und nach wieder zurück.
Studenten von Förderprogrammen fehlen
Auch das Studierendenwerk spürt die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Trotzdem sind die insgesamt 2.300 Zimmer laut Pressesprecher René Stephan belegt. Man zehre hauptsächlich von der ursprünglich langen Warteliste, die aber immer kürzer werde – also nicht mehr dreistellig sei. Zuletzt blieben viele ausländische Studenten von Förderprogrammen aufgrund der Grenzschließungen aus.
Wir haben gerade einen riesigen bürokratischen Aufwand, den wir so nicht kennen.René Stephan, Pressesprecher des Karlsruher Studierendenwerks
Dafür waren laut Stephan über 200 Plätze in den Wohnheimen vorgesehen. Es sei mit viel Mühe verbunden gewesen, einen kurzfristigen Ersatz zu finden. „Wir haben gerade einen riesigen bürokratischen Aufwand, den wir so nicht kennen.“ Die Studenten haben mehr Fragen als sonst, es gibt häufiger finanzielle Engpässe.
Bewohner können sich in Notsituationen beim Personal des Studierendenwerks melden. Dann entscheide man individuell, inwiefern dem Betroffenen geholfen werden kann. Stephan verweist auch darauf, dass eine vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag möglich ist. Statt einer drei- gilt dann eine zweimonatige Kündigungsfrist. Bedingung ist, dass das Studierendenwerk bereits einen Nachmieter gefunden hat.
Studierendenwerk setzt bei Corona-Regeln auf Eigenverantwortung
Um das zu gewährleisten, sind die Richtlinien für einen festen Anteil an ausländischen Bewohnern etwas gelockert worden. Die geltenden Corona-Regeln – Party-Verbot oder Mindestabstand – sollen die Studenten in Eigenverantwortung umsetzen. Spezielle Kontrollen gebe es keine, so Stephan. Dem Pressesprecher fällt vor allem auf, dass es in den Wohnheimen ruhiger geworden ist. Er schätzt, dass momentan nur ungefähr 30 Prozent der Mieter anwesend sind. Sollte die alljährliche, große Welle an Anfragen für das Wintersemester ausfallen, sei das ein großes Problem, sagt Stephan.
Ein paar Monate kann der Verein das finanziell schon verkraftenMatthias Langen, Mitglied im erweiterten Hadiko-Vorstand
Im Hadiko hoffen die Verantwortlichen ebenfalls auf bessere Umstände. „Ein paar Monate kann der Verein das finanziell schon verkraften“, erläutert Matthias Langen. Auf Dauer sei das aber schwierig. Die Situation im Wohnheim verändert sich dynamisch. Im Juni werden andere Zahlen erwartet als im Mai. Für den kommenden Monat haben sich bis jetzt nur elf deutsche Bewerber auf 34 freie Zimmer beworben.
Etwa 40 Prozent der insgesamt 999 Zimmer sind für ausländische Studenten vorgesehen. Es gibt acht freie Zimmer und 24 Interessenten aus verschiedenen Nationen. Joshua Bachmeier rechnet aber damit, dass der ein oder andere kurzfristig noch abspringen könnte oder nicht erreichbar ist. Immerhin: Das Food-Sharing im Hadiko sei gefragter denn je.