Wann das Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss wieder öffnen darf, steht in den Sternen der Corona-Inzidenzzahlen. Sicher ist aber: Wenn es wieder öffnen darf, dann ist ein opulentes Entrée zu erwarten. Denn das restaurierte Thronensemble der badischen Großherzöge wird unter dem Titel „Schloss und Hof“ im ersten Raum der Dauerausstellung gezeigt.
Diese Präsentation, zu der auch die badischen Kroninsignien aus Krone, Zepter und Schwert gehören, bilde „künftig den pompösen Auftakt des Museumsbesuchs“, heißt es in der Jahresvorschau des Museums, die nun vorgestellt wurde. Neben dieser Rückschau will sich das Landesmuseum 2021 auch sehr gegenwärtig und zukunftsorientiert zeigen.
Zum einen wird derzeit eine „Corona-Sammlung“ erstellt, deren Objekte die Entwicklung und die Auswirkungen der Pandemie widerspiegeln. Zum anderen werden die digitalen Projekte des Museums vorangetrieben.
Zwei Jahre Arbeit an Thronsaal
„Die Restaurierung des Thronsaals ist nicht als Monument für die Aristokratie gemeint“, erklärt Direktor Eckart Köhne im BNN-Gespräch. „Mit der Erinnerung an die Großherzöge erinnern wir an den Ursprung unserer Sammlung.“ Investiert worden seien rund zwei Jahre Restaurierungsarbeit an Möbeln und Textilien des Ensembles.
Dieses soll nun – anders als bei der früheren, aus Platzgründen eingeschränkten Präsentation im Marmorsaal – erstmals eine vollständige Rekonstruktion des einstigen Thronsaals zeigen, wie er von Großherzog Friedrich I. (1826 bis 1907) einst im Erdgeschoss des Ostflügels eingerichtet worden war.
Herausforderung für Architekten
Der nun gewählte Ort der Präsentation direkt neben Foyer hat nicht nur den Vorteil, den Museumsrundgang zu eröffnen. Er wurde auch aus praktischen Gründen gewählt, als einer der wenigen Räume mit der Höhe, die notwendig ist, um den 70 Kilogramm schweren und 3,5 Meter über dem Thron angebrachten Baldachin in seiner ursprünglichen Form zu präsentieren.
Die Installation sei eine große Herausforderung für den Architekten, die Restaurierung und den Technischen Dienst, erklärt Köhne. „Zum einen muss die Raumarchitektur stabil, sicher und mit Rücksicht auf die empfindlichen Objekte konstruiert werden, zum anderen gilt es die authentische Gesamtwirkung des Ensembles aus Thron, Hockern, Säulen mit Kandelabern und Baldachin nicht aus den Augen zu verlieren.“
Die Einrichtung nach dem historischen Vorbild orientiert sich an Bildern des Karlsruher Fotografen Wilhelm Klatt. Zur neuen Dauerausstellung gehören auch eine Porträtgalerie, ein Modell der barocken Planstadt Karlsruhe sowie die Kroninsignien: eine Krone mit Farbedelsteinen und Diamanten an einem Gerüst aus Pappe und Samt, ein mit Juwelen verziertes Schwert und ein mit Diamanten besetztes Zepter.
Backware in Corona-Sammlung
Die derzeit entstehende „Corona-Sammlung“ umfasst bereits rund 250 Objekte, von Masken und Desinfektionsmitteln über einen Pandemie-Abi-Pulli bis hin zu saisonalen Leckereien, die auf die Ausnahmesituation reagieren. So gehört auch eine als „Amerikaner“ bekannte Backware mit einer „Alltagsmaske“ aus Schokolade zur Sammlung.
„Als das Virus aufkam, änderten Alltagsobjekte plötzlich ihre Funktion und Bedeutung“, erklärt Oberkonsveratorin Brigitte Heck das Interesse des Museums an solchen Dingen für die Sammlung zur Gegenwartskultur.
Perspektive der Besucher ist gefragt
Als „gegenwärtig“ stuft Direktor Köhne auch die digitalen Projekte des Museums ein: „Für uns ist das keine Zukunftsmusik mehr“, kommentiert er die aktuellen Entwicklungen. Die Abteilung „Archäologie in Baden“, die den realen Museumsbesuch mit einem vielfältigen digitalen Angebot ergänzt, habe innerhalb der ersten sechs Monate zu 900 digitalen Nutzerausweisen geführt. Kurz vor dem Start stehen die Apps „Mein Geschenk“ und „Mein Objekt“, mit denen die Museumserfahrung personalisiert werden soll.
„Im Zentrum der Museumsarbeit steht das Exponat“, betont Köhne. „Wichtig ist aber auch die Hinführung über Kommunikation. Die Erweiterung unserer wissenschaftlichen Perspektive um die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger wird für Museen grundsätzlich notwendig sein.“ Das Landesmuseum hat bereits vor drei Jahren einen Bürgerbeirat gegründet.
Wir stehen an der Spitze der digitalen Entwicklungen.Eckart Köhne, Badisches Landesmuseum
Auch hinsichtlich der großen Zukunftsaufgabe, die sich in der Digitalisierung zeigt, sieht Köhne das Haus gut aufgestellt. Mittlerweile hat das Landesmuseum zwei feste Planstellen für die digitale Transformation. „Wir stehen an der Spitze dieser Entwicklungen, da wir von der Landesregierung auf diesem Weg, stark unterstützt werden“, erklärt der seit 2014 amtierende Museumsleiter. Als jüngstes Projekt entwickelt das Landesmuseum nun in Zusammenarbeit mit dem Allard Pierson Museum Amsterdam eine KI-Anwendung namens „iCurator“, die dazu beitragen soll, dass Museumsbesucher selbst kuratorisch tätig werden.
Große Sonderausstellung zum Jugendstil
Doch für 2021 ist auch im klassischen Museumsbetrieb eine Zusammenarbeit mit dem archäologischen Museum in Amsterdam angekündigt, die noch mehr optische Opulenz verspricht als die eingangs erwähnte Thronsaal-Restaurierung: Am 18. Dezember soll die Große Sonderausstellung „Göttinen des Jugendstils“ eröffnet werden, für die das BLM mit dem Allad Pierson und dem Braunschweigischen Landesmuseum kooperiert.
Im Zentrum steht hierbei Vielfalt weiblicher Abbildungen in der Kunst jener Ära und die Rolle der Frau um 1900 in Kunst und Gesellschaft. Angekündigt sind herausragende und bedeutende Werke, darunter eine lange in Karlsruhe nicht mehr gezeigte Büste des Künstlers Alfons Mucha, aber auch Leihgaben aus internationalen Sammlungen.
Corona schlägt auf Bilanz durch
Zuvor werden bis zum 6. Juni noch die aktuell aufgebaute Familienausstellung „Der Räuber Hotzenplotz“ sowie die Studioausstellung „Humanimal – Das Tier und wir“ gezeigt. Vor allem die Familienausstellung war wegen des Lockdowns bislang nur kurz geöffnet. Die Auswirkungen der Coronakrise zeigen sich in der Besucherbilanz, die Köhne gemeinsam mit der kaufmännischen Direktorin Susanne Schulenburg zieht: Hatte man 2019 im Landesmuseum mit seinen Außenstellen und Zweigmuseen 257.166 Besucherinnen und Besuchern verzeichnet, waren es 2020 nur 116.843.
„Finanzielle Einbußen wirken sich im Museumsbetrieb direkt auf den künstlerischen Bereich aus, weil an den Kosten für die Infrastruktur nichts einzusparen ist“, zeigt sich Köhne im BNN-Gespräch besorgt über Auswirkungen des Lockdowns. Als Präsident des Deutschen Museumsbundes spricht er hier nicht nur für das Karlsruher Haus und betont auch die Bedeutung von Museen als „Orte der Kommunikation, des Austausches und der Identität.“