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Neues aus dem Elternleben

Das To-toi und die Sprache

Wenn Kinder die ersten Wörter sagen, dann kommen oft abenteuerliche Eigenkreationen dabei heraus, die in erster Linie ganz schön niedlich sind. Manche Eltern finden Sie gar so niedlich, dass sie sich kaum davon trennen können, wenn das Kind sich in seiner Sprache weiterentwickelt hat.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Wissen Sie, was ein To-toi ist? Nein? Das können Sie auch nicht, aber ich sags Ihnen: To-toi ist das Wort, das der Vierjährige, als er noch halb so alt war, für „Krokodil“ verwendete. Über ein Jahr lang zeigte er auf die Krokodile in seinen Bilderbüchern und rief „To-toi!“ Ich fand das so entzückend, dass ich Schwierigkeiten hatte, loszulassen, als aus dem To-toi irgendwann ein „Todil“ wurde, dann ein „Grokodil“ und schließlich ein stinknormales Krokodil. „Schau, ein To-toi“, sagte ich immer wieder zu dem Kind, wenn irgendwo eines der Tiere abgebildet war – in der egoistischen Hoffnung, es würde noch einmal zu seiner Wortschöpfung zurückkehren.

Deutsch - Kind, Kind - Deutsch

Nicht nur beim To-toi fiel es mir schwer, mich zu lösen: Ich trauerte, als der Kaugummi nicht mehr „Kaubimmi“ hieß, ich fand es schade, als das Kind anstatt des amüsant martialischen „bekriegen“ richtigerweise „kriegen“ sagte. Und untröstlich war ich, als er aufhörte, anstatt des Wortes „Wirklichkeit“ das Wort „Schwierigkeit“ zu benutzen – eine fast poetische Interpretation, finde ich, und eigentlich ein ganz passendes Wort für die harte Realität.

Mit meinem Problem bin ich dankenswerterweise nicht alleine: So trauert eine Freundin den Wörtern „lupide“ (für Antilope), „loxablong“ (für Luftballon) und ganz besonders „Sau“ (für Frau!) hinterher. Eine andere dem Wort „Memmingo“ für Flamingo. Wieder eine andere demselben Tier unter dem Namen „Flappingo“.

Kindliche Grammatik

Das Kind einer weiteren Freundin erfand sogar seine eigene Grammatik-Regel: Aus jedem „spa-“ und darauffolgendem Konsonanten am Wortbeginn wurde ein „gaschp-“, also zum Beispiel „spazieren“ zu „gaschpieren“ und „Spaghetti“ zu „Gaschpetti“. Auch ich fand es schade, als es diese Regel abschaffte.

Um den Gaschpat zurück zum Anfang dieser Kolumne zu schaffen, möchte noch erzählen, wie es dazu kam, dass ich nicht mehr versuche, „To-toi“ durchzusetzen: Der Kindsvater erwischte mich. „Sieh mal, ein To-toi!“ hatte ich meinem Sohn zugerufen, als wir eines Tages im Zoo vorm Krokodil-Becken standen. „Sag mal, gehts noch?“, schimpfte mein Mann, den ich noch bei den Schildkröten vermutet hatte, plötzlich hinter mir, „du kannst ihm doch nicht das Wort falsch beibringen“. „Aber es war so süß, als er das noch so gesagt hat“, verteidigte ich mich. Mitleidig sah er mich an und sagte: „Du bist Journalistin.“ Und dann schämte ich mich ein bisschen. Aber soll ich Ihnen was sagen? Im Kopf heißt ein Krokodil für mich für immer: To-toi.

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