Zu der häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere nach wie vor am meisten unterschätzten Erkrankung gehört die Depression, für die es vielfältige Ursachen gibt. Mit Blick darauf rückt der Landkreis gemeinsam mit der Stadt Karlsruhe anlässlich des Welttags der seelischen Gesundheit am 10. Oktober den Fokus auf die Diagnose Depression.
In der Festhalle Stutensee fand dazu am Mittwochabend unter dem Titel „Diagnose Depression – in der Abseitsfalle“ eine Diskussionsrunde statt.
Dabei beleuchteten die Gesprächspartner die Rolle des Sports aus unterschiedlichen Blickwinkeln, darunter die Schwimmerin und ehemalige Olympia-Teilnehmerin Petra Dallmann und der KSC-Torwarttrainer Markus Miller, der vor zehn Jahren selbst an mentaler Erschöpfung erkrankte. Durch den Abend führte Markus Brock.
Depressionen haben oft ihren Ursprung in der Kindheit
Jutta Stallbommer, die Organisatorin der Veranstaltung, informiert im Vorfeld, dass die Depression die dritthäufigste Ursache für Arbeitsausfälle ist und ein Drittel der Fehltage auf diese Krankheit zurückzuführen sind. Die Depression sei zur Volkskrankheit geworden.
Die Wirkung bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich mit Versatz.Jutta Stallbommer, Organisatorin
„Was mich aber erschreckt hat, ist die Erkenntnis, dass Depressionen oft ihren Ursprung in der Kindheit haben“, so Stallbommer. Dabei spielten Bildung und soziale Gefüge eine Rolle, aber auch Fehlernährung und Bewegungslosigkeit. Sie ergänzt: „On top Corona mit sozialer Isolation.“ Die Folgen würden spürbar: „Im Moment ist alles noch eine Dunkelziffer, die Wirkung bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich mit Versatz. Oft erst in der Pubertät.“
Bei Diagnose Depression: Bedeutung von Bewegung für Kinder ist enorm
Sabine Kubesch vom Institut Bildung plus in Heidelberg berichtet von Studien, die sagen, Ausdauer-Sport wirke wie Antidepressiva. Die Bedeutung von Bewegung in sensiblen Phasen der Prägung sei enorm, denn der Grundstein für eine Depression würde oft in der Kindheit gelegt, so Kubesch.
Aufgrund der neuronalen Verknüpfung beim Lernen gerade bei Kindern rät sie deshalb: „Früh anfangen!“ Wenig Verständnis bringt Kubesch Schulleitungen entgegen, die Fächer wie Kunst, Musik und Sport aus dem Lehrplan gekappt und die Kinder vor den Bildschirm geholt haben. „Ich finde, es ist ein Verbrechen an Kindern“, sagt sie.
In ihrer Arbeit mit depressiven Kindern bindet Kubesch Bewegung und Sport immer ein und schildert die Erfahrung so: „Die erleben sich als leistungsstark. Sie können besser stillsitzen, leichter zuhören und halten sich an die Regeln.“ Wird die Selbstwirksamkeit wieder spürbar, schwindet die Niedergeschlagenheit.
Sportgruppen erfahren seit Corona massive Mitglieder-Einbrüche
Auch unbequeme Erfahrungen wie Anstrengung oder Frieren und trotzdem durchhalten, seien Schlüsselmomente für die Entwicklung von Resilienz, der besten Vorbeugung vor Depressionen, berichtet Kubesch. Wichtig sei auch, zur Sportgruppe zu gehen, obwohl man mal keine Lust hat.
Doch die Sportgruppe schrumpft, wie Michael Titze, Geschäftsführer des Badischen Sportbundes, weiß. „Es gibt seit Corona massive Mitgliedereinbrüche in den Vereinen. Die größten Einbußen verzeichnen wir bei den Null- bis Sechsjährigen. Da fehlen fast 15 Prozent.“
Bis zum 21. Oktober bieten der Landkreis und die Stadt Karlsruhe weitere Veranstaltungen zum Welttag der seelischen Gesundheit an, so findet zum Beispiel am 9. Oktober im Karlsruher Stadtteil Rüppurr Waldbaden statt.
Service
Das komplette Programm gibt es unter www.landkreis-karlsruhe.de/wsg.