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Whiteboard statt Tafel

Digitalisierung erobert die Klassenzimmer im Landkreis Karlsruhe

Den Bleistift haben einige Schüler an der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen gegen einen elektronischen Stift getauscht. Die Standards dort sollen künftig für alle Landkreis-Schulen gelten. Digitale Möglichkeiten werden für den Unterricht ausgenutzt.

Auf dem Tablet notieren Schüler einer iPad-Klasse an der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen Wichtiges aus dem Unterricht. Der Lehrer bedient den Computer vom Pult aus, ohne dabei den Schülern den Rücken zudrehen zu müssen.
Auf dem Tablet notieren Schüler einer iPad-Klasse an der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen Wichtiges aus dem Unterricht. Der Lehrer bedient den Computer vom Pult aus, ohne dabei den Schülern den Rücken zudrehen zu müssen. Foto: Keller

Den Bleistift haben einige Schüler an der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen gegen einen elektronischen Stift getauscht. Anstatt Papier liegt ein iPad auf dem Tisch. Zwar ist die Tablet-Klasse anderen Mitschülern technologisch noch einen Schritt voraus, grüne Tafeln gehören an den Schulen des Landkreises Karlsruhe aber der Vergangenheit an.

Auf ein interaktives Whiteboard werden Notizen geschrieben, Videos geschaut und Hausaufgaben verglichen. Glasfaser und WLAN sind Standard, sagt Ragnar Watteroth, Finanzdezernent im Landkreis Karlsruhe. Der Lehrer steuert die Technik, vom Soundsystem bis zum Beamer, zentral vom Pult. Arbeitsblätter verteilt er online an die Klasse. „Digitale Schule ist mehr als lediglich der Einsatz von iPads“, so Watteroth.

14 Schulen, davon acht berufliche und sechs sonderpädagogische, trägt der Landkreis Karlsruhe. Zahlreiche weitere, allgemeinbildende weiterführende Schulen unterstehen der Verantwortung der Kommunen. Finanziell gefördert werden sie auf ihrem Weg zur Digitalisierung seit 2019 durch den Digitalpakt von Bund und Ländern. Der Landkreis investiert rund eine Millionen Euro pro Jahr in die Aufrüstung seiner Schulen, erklärt Watteroth.

Schüler nutzen iPads statt Hefte

Der Neubau der Wilhelm-Röpke-Schule in Ettlingen sei zukunftsweisend. „Hier grüne Tafeln einzubauen, wäre fatal gewesen.“ Diese sind Whiteboards gewichen. Schüler und Lehrer kommen teilweise mit iPads in den Unterricht. Die Geräte gibt es über geförderte Klassensätze vom Land, über das Medienzentrum oder aus privatem Besitz. „Ein Vorteil ist etwa, dass die Schule eine Lizenz für Bücher kauft und diese dann auf den Tablets für alle zugänglich machen kann“, sagt der Finanzdezernent.

Von Digitalisierung hängt auch Teilhabe ab.
Ragnar Watteroth, Finanzdezernent im Landkreis Karlsruhe

„Doch das iPad alleine löst die Anforderungen an ein digitales Klassenzimmer nicht.“ Die Infrastruktur muss ausreichen, damit Daten auch ankommen. Lehrer nutzen ein geschlossenes Verwaltungsnetz, das pädagogische Netz ist für alle offen. „Wir wollen, dass die Schüler den Umgang mit digitalen Angeboten lernen, den der Berufsalltag anschließend fordert“, so Watteroth. „Doch von Digitalisierung hängt auch Teilhabe ab“, sagt er mit Blick auf die Sonderpädagogischen Schulen, an denen körperlich und geistig eingeschränkte Menschen lernen. Sogenannte Talker etwa von Schülern, die sich nur über Sprachcomputer mitteilen können, bräuchten Internet-Zugang.

Lernfabrik 4.0 in Bretten und Ettlingen

Vorreiter für digitalen Unterricht ist die Lernfabrik 4.0, die im Beruflichen Bildungszentrum Bretten und bald auch in Ettlingen angesiedelt ist. Sie schaffe Rahmenbedingungen, die den realen in Unternehmen gleichen, erklärt Watteroth. Standordübergreifend entwickeln Schüler dort Produkte und geben sie an andere Klassen weiter.

Neben dem technischen Know-how habe die Sensibilisierung der Schüler bezüglich des Umgangs mit Daten einen weiteren Schwerpunkt. „Es geht um notwendige digitale Kompetenzen“, so der Dezernent. Denn später hantieren sie etwa mit Patientendaten oder Unternehmensgeheimnissen, die ideellen und monetären Wert haben. An der Schulen hätten die Jugendlichen noch die Möglichkeit, Fehler zu machen, ohne dass es weh tue.

Allgemeinbildende Gymnasien ziehen nach

Eine Infrastruktur wie an den Landkreis-Schulen gibt es an den allgemeinbildenden Gymnasien in Trägerschaft der jeweiligen Kommunen hingegen nicht. „Da muss noch einiges passieren, damit auch mehrere Klassen parallel im Internet arbeiten können“, sagt Silvia Anzt, Schulleiterin des Thomas-Mann-Gymnasiums Stutensee. Die meisten Lehrer dort arbeiten zwar mit Tablets, welche sie direkt mit dem Beamer verknüpfen und zur Unterrichtsvorbereitung mit nach Hause nehmen können.

Eingeschaltete Handys sind nach Schulordnung noch immer verboten.
Silvia Anzt, Schulleiterin des Thomas-Mann-Gymnasiums Stutensee

Den Schülern wolle man nicht alle Informationen rund um die Uhr mit einem Klick zur Verfügung stellen. „Das stärkt die Eigenverantwortung, sich selbst kümmern zu müssen“, sagt Anzt. „Zudem sind eingeschaltete Handys nach Schulordnung noch immer verboten.“ Auf die klassische Tafel möchte sie hingegen an der Schule nicht verzichten.

Wolfgang Mees, Schulleiter der Schillerschule Bretten, ist derselben Meinung: „Es gibt grüne Tafeln und die wird es auch weiterhin geben.“ Eine standardisierte Infrastruktur, um Medien nutzen zu können, solle aber an allen Brettener Schulen geschaffen werden.

WLAN für alle gibt es in Rheinstetten nicht

Im Schulzentrum Rheinstetten wurden im Rahmen der Sanierung alle Klassenzimmer und Fachräume gleich ausgestattet – mit Computern mit Internet-Zugang am Lehrerpult sowie einer Dokumentenkamera zur Projektion auf eine Whiteboardtafel mit interaktivem Beamer. Daneben kommen in einzelnen Fachbereichen Notebooks und Tablets zum Einsatz, erklärt Helmut Endlich, Schulleiter des Walahfrid-Strabo-Gymnasiums. „Was wir nicht haben ist ein WLAN-Schulnetz.“

Digitalisierung macht Unterricht nicht besser oder schlechter.
Georg Leber, Leiter des Schönborn-Gymnasiums Bruchsal

Der Weg zur Digitalisierung sollte sich nicht am Stand der Technik, sondern an den Bedürfnissen der Schüler und Lehrenden orientieren, sagt Georg Leber, Leiter des Schönborn-Gymnasiums Bruchsal: „Welchen Beitrag können digitale Medien leisten?“ Praktische Anwendungen wie Apps zur Einsicht von Stunden- und Vertretungsplänen nutzt die Schule. Ein digitales Klassenbuch soll folgen. „Digitalisierung macht Unterricht nicht besser oder schlechter“, sagt Leber. „Die Qualität hängt vom Lehrer ab.“

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