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Programmkino in der Südstadt

Die Schauburg: 90 Jahre Karlsruher Kino-Geschichte

Die Schauburg blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. So manche gesellschaftliche und politische Entwicklung spiegelt sich in den Geschehnissen rund um das Karlsruher Programmkino. Und nicht nur einmal schien das Ende nah zu sein.

Die Schauburg solle ein Filmkunsttheater sein, in dem nicht nur Filme laufen, die eine volle Kasse versprechen, erklärte der langjährige Betreiber Georg Fricker schon in den 1970er-Jahren. Dieser Anspruch gilt auch über vierzig Jahre später noch.
Die Schauburg solle ein Filmkunsttheater sein, in dem nicht nur Filme laufen, die eine volle Kasse versprechen, erklärte der langjährige Betreiber Georg Fricker schon in den 1970er-Jahren. Dieser Anspruch gilt auch über vierzig Jahre später noch. Foto: jodo

Die Schauburg blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Seit 90 Jahren gibt es das  Programmkino in der Karlsruher Südstadt – mit einer längeren, kriegsbedingten Unterbrechung. Die Wurzeln des Filmtheaters reichen sogar 103 Jahre zurück. So manche gesellschaftliche Entwicklung lässt sich hier im Kleinen nachvollziehen, und nicht nur einmal schien das Ende nah zu sein.

Während der Regierungszeit von Kaiser Wilhelm II. wurde gewissermaßen der Kinobetrieb aus der Taufe gehoben – noch unter anderem Namen. In der Ausgabe der Karlsruher Zeitung vom 1. September 1906 findet sich eine Anzeige des damaligen Apollo-Varieté-Theaters. In dieser wird, neben zahlreichen anderen Programmpunkten, „Starkers, Amerikan. Bio-Tableau, Lebende Photographie“ für Sonntag, den 2. September, angekündigt. Es sollte der Beginn der Kinogeschichte in der Marienstraße sein.

Das Apollo-Theater schließt und die Schauburg öffnet

Da das Medium Film mit den Jahren eine immer prominentere Rolle einnahm, schloss 1929 das Apollo-Theater und eröffnete als Lichtspielhaus Schauburg wieder – als modernes Großraum-Filmtheater mit 600 Plätzen. Dort wurde 1930 der erste Tonfilm in Karlsruhe vorgeführt – „The Singing Fool“ mit Entertainer Al Jolson.

Zäsur: NS-Diktatur und Zweiter Weltkrieg

Die Nationalsozialisten und der Zweite Weltkrieg waren eine Zäsur. Zunächst emigrierte Eigentümer Willy Mansbacher unter dem Druck der Judenverfolgung in die USA, und bei einem Luftangriff wurde 1944 das Kino in der Südstadt schließlich vollständig zerstört. Doch was das Ende der Geschichte hätte sein können, war nur eine etwa fünfjährige Pause. „Die neue Schauburg. Eines der modernsten Filmtheater Süddeutschlands eröffnet“ titelten die Badischen Neuesten Nachrichten am 24. März 1949 und bezeichneten den Neubau als „bautechnisches Wunderwerk“.

Kinokrise der 60er Jahre trifft die Schauburg

Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen machten auch vor der Schauburg nicht halt. Mit dem Wirtschaftswunder stiegen die Einkommen, die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung wuchsen – ins Kino zu gehen war nur noch eine von vielen –, und die Besucherzahlen sanken. Willy Mansbacher, der die Schauburg nach seiner Rückkehr aus dem Exil wieder übernommen hatte, beschloss, sein Kino für 20 Jahre an die Cinerama-Gruppe zu verpachten.

Wiedereröffnung mit Stanley Kubrick

Es wurde umfassend renoviert und 1968 mit Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ wiedereröffnet. Mit dabei: technische Neuerungen, die die Schauburg bis heute besonders machen. Darunter sind die Möglichkeit der Filmprojektion im 70mm-TODD-AO-Format – eine Technik, die die Schauburg bis heute erhalten hat und der sie seit 2005 alljährlich ein eigenes Festival widmet – sowie die dafür nötige um 120 Grad gekrümmte Cinerama-Leinwand.

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Im Jahr 1968 wurde groß umgebaut, nachdem die Cinerama-Gruppe die Schauburg gepachtet hatte. Doch die Pacht endete nur zwei Jahre später. Foto: Stadtarchiv Karlsruhe, Bildarchiv Schlesiger

Georg Fricker will Räume mieten - und übernimmt das ganze Kino

Die Zeit unter Regie der Cinerama-Gruppe dauerte hingegen nur etwa zwei Jahre. Der Vertrag endete wegen Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens. Stattdessen übernahm Georg Fricker. Eigentlich war er nur zu einer Reparatur gerufen worden, sah einige leere Räume, und auf seine Frage, ob er sie anmieten könne, wurde ihm das ganze Haus zum Kauf angeboten.

Schauburg soll Filmkunsttheater sein

In einem Interview mit den BNN formulierte er 1979 sein Anliegen, das bis heute gilt: „Ich verstehe die Schauburg eben als Filmkunsttheater, in dem nicht nur Filme laufen, die eine volle Kasse versprechen, sondern auch solche, die qualitativ gut oder aus anderen Gründen wichtig sind.“

Unter Fricker wurde die Schauburg unzählige Male mit Bundes- und Landespreisen für ein kulturell herausragendes Filmprogramm ausgezeichnet. Und unter seiner Ägide wurden auch die alljährlichen Open-Air-Kinonächte am Schloss Gottesaue etabliert. Ein weiteres Standbein wurden unter ihm auch Erstaufführungen, nicht selten in Anwesenheit von Regie- oder Schauspielprominenz wie beispielsweise Maria Schell.

Nach 34 Jahren übernimmt Herbert Born

Zwar endete 2005 nach 34 Jahren die Ära Fricker in der Cineasten-Burg, aber mit der Übernahme der Leitung durch Herbert Born war der Stabwechsel eher ein leiser. Noch im gleichen Jahr feierte die Schauburg zum 50. Geburtstag des TODD-AO-Formats erstmalig das 70-mm-Filmfestival.

Auch unter Born kommt regelmäßig Regie- und Schauspielprominenz nach Karlsruhe in die Schauburg – etwa Anna Maria Mühe 2008 mit „Novemberkind“ oder zuletzt Corinna Harfouch mit „Lara“ –, das Open-Air-Kino ist weiter eine feste Größe im Sommerkalender vieler Karlsruher, und zahlreiche Filme in Originalton sind eine der Besonderheiten des Kinos mitten in der Südstadt. Es scheint ganz so, als wäre mit dem 90. Geburtstag die Geschichte noch lange nicht zu Ende.

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