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Neues aus dem Elternalltag

Die schönnste Mamma der Weld

Wie bitte? So willst Du rausgehen? Geht gar nicht, Mama - die Schuhe passen null zum Kleid! Niemand tut seine Meinung so offen (und ungebeten) kund, wie ein Tochter im Teenager-Alter, die ihre Schönheitskompetenz aus You-Tube-Videos bezieht. Kann ich bitte meinen Spiegel zurückhaben?

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Boah, Mama! Hast Du heute einen Bad-Hair-Day, oder was?“ – Wer eine Tochter im Teen-Alter hat, braucht keinen Spiegel mehr. Nirgendwo! Nicht im Haus und auch keinen für unterwegs. Denn es gibt keinen härteren Kritiker des mütterlichen Aussehens als die direkte weibliche Nachkommenschaft. In ihrer Betrachtung ist sie unbestechlich und bei der Bewertung unerbittlich.

Einerseits ist das ganz gut. Wer Mutter wird ist nämlich gezwungen, seine Eitelkeitsstandards von heute auf morgen neu zu definieren. Erste Abstriche ans eigene Aussehen werden schon in der Schwangerschaft nötig und spätestens beim ersten aktiven Aufenthalt in einem Kreißsaal, lernt frau dem Thema „Schönheitsideale“ künftig etwas – sagen wir – offener gegenüber zu treten. Nach der Geburt des Zweit- oder Drittkindes erscheint der Kampf um straffes Bindegewebe, faltenfreie Haut und sonstige Beautyideale dann gänzlich sinnlos. Vielleicht würde man sich ohne You-Tube-Beauty-Video-erfahrene Tochter ja völlig gehen lassen.

Trotzdem gehören die unerbetenen Schönheitstipps der Teenprinzessin mit der (noch) reinen Gesichtshaut und den (noch) unbehaarten Beinen zu den ärgerlichsten Erscheinungen des Mütteralltags. Der Badezimmerspiegel lässt sich wenigstens ab und zu noch dazu überreden, die kleine, dunkle Stelle oberhalb der Augenbraue als Pigmentstörung zu deklarieren. „Oh mein Gott, Mama, Du kriegst Altersflecken“, nennt es die Tochter. Punktuelle Rötungen sind „Riesenpickel“, eine minderschwere Delle im Oberschenkel „krasse Cellulitis“ und ein einzelnes, feines, graues Haar macht im Drogeriemarkt einen ausgiebigen Abstecher zum Regal für Haartönungen erforderlich.

Manchmal fällt der Blick mit Wehmut auf die alte Zeichnung, die seit Kindergartenzeiten noch an der Kühlschranktüre klebt. Ein fettes Mondgesicht ist darauf zu sehen, mit dickem Wachsmalerstrich krude aufs Papier gedrückt. Wie krumm gebogene Drähte sprießen Haarsträhnen in den Himmel und darunter steht in ungelenker Kinderkrakelschrift: Führ di schönnste Mamma der Weld.“

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