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Neues aus dem Erziehungsalltag

Digital Nativer nervt digital Naive

Seit Weihnachten kann unser Wohnzimmer sprechen. Das war natürlich die Idee der digital nativen Kinder, die ihren digital naiven Alten mal eine richtige Freude machen wollten. Doch außer das aktuelle Wetter jenseits der großen Fensterscheiben zu beschreiben, können die Smartspeaker nicht viel. Sagen die Alten.

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Endlich sind die Feiertage vorbei. Ich will ja nicht kleinlich wirken, aber angesichts der Geschenkberge für die Kinder, die auch in diesem Jahr wieder so hoch waren, dass sie besser unter eine Palme als unter einen Tannenbaum gepasst hätten, fiel die Päckchenbilanz der Mutter mal wieder mehr als dürftig aus. Immerhin – es gab: Eine Handcreme (Probiergröße), ein Päckchen Kaugummi („Deine Lieblingssorte!“) und ein seltsam amorph aussehendes Ding.

Was soll das sein?

Eigentlich dachte ich, dass mit drei Kindern im Teenie-Alter, die Zeiten der seltsam amorph aussehenden Dinge vorbei sei. Denn spätestens wenn der Nachwuchs in weiterführende Bildungseinrichtungen kommt, in denen sich das Erziehungspersonal nicht mehr für die elterliche Bescherung zuständig fühlt, ist Schluss mit selbst gebastelten „Was-auch-immer-das-sein-soll“-Dingen für Mama und Papa.

Ein Geschenk, ein Geschenk!

Wie auch immer! Zurück also zum seltsam amorph aussehenden Ding, das am 24. unterm Baum lag. Fragende Blicke auf der einen, triumphierendes Lächeln auf der anderen Seite. Der Älteste, dem die Installation eines mit dem Internet kommunizierenden Lautsprechersystems von Seiten seiner Vermieter und Ernährer mehrmals ausdrücklich untersagt („Nein!“) und dem das Verbot zuvor auch ausführlichst erklärt worden war („So einen Quatsch brauchen wir nicht!“), hatte sich selbst und seinen Geschwistern das größte Präsent gemacht, und seinen Eltern ein „Google Home Mini“ geschenkt.

Was soll ich damit?

Was genau wir Alten damit anfangen sollen, ist nicht klar. Die Jugend sagt, es gäbe jede Menge sinnvoller Verwendungen. Zum Beweis wird Google beim Abendessen nun ständig ins Gespräch mit einbezogen. Die Computerpräsenz wird etwa gefragt, wie das Wetter draußen ist (wenn man genauso gut aus dem Fenster schauen könnte). Ferner lässt man Frau Google Witze erzählen, für deren Qualität ich – hätte ich sie erzählt – mich formal hätte entschuldigen müssen. Seitdem das Wohnzimmer sprechen kann, ist eigentlich nur eines sicher: Die Kluft zwischen den digital nativen Kindern und ihren digital naiven Eltern wächst minütlich. Aber das ist auch irgendwie okay...Google.

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