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Rätselhaft und kleinkariert

Dirk Langenfeldt ist der Mann hinter dem täglichen Kreuzworträtsel in den BNN

Dirk Langenfeldt ist professioneller Kreuzworträtselmacher. Er sammelt Begriffe, um sie in die Schwedengitter einzustreuen, die seit Beginn der Corona-Krise täglich in den BNN erscheinen. Ein Werkstattbesuch.

Kreuzworträtsel wird ausgefüllt.
Rätselhaft beliebt: Kreuzworträtsel und Sudokus sind die beliebtesten Rätsel der Deutschen. Auch in Zeiten von Online-Spielen werden sie noch auf Papier gelöst. Foto: Rake HORA Rake HORA

Kleinkarierter Mensch mit 13 Buchstaben? Rätselprofi Dirk Langenfeldt müsste bei dieser Frage nicht lange grübeln. Mit Karos, Kästchen und Konsorten kennt der Hamburger sich aus. Fast sein gesamtes Berufsleben besteht aus Quadraten. Manchmal sind sie klein, gern auch mal größer. Manche wollen mit Buchstaben und andere möchten mit Zahlen befüllt werden.

Dirk Langenfeldt ist von Beruf Rätselmacher. Das schreibt man genau genommen zwar mit zwölf Buchstaben, aber bekanntermaßen sind Umlaute in Kreuzwort-Kreisen ungefähr so beliebt wie Weihwasserbecken in der Unterwelt mit den sechs Buchstaben (Umlaut – natürlich – ausgeschrieben).

Umlaute sind nicht beliebt

Woran liegt das eigentlich, dass Buchstaben mit Punkten drauf beim Kreuzworträtseln immer noch schwer diskriminiert werden? „Es schränkt die Möglichkeiten einfach zu sehr ein“, erklärt Dirk Langenfeldt schlicht. Wer einmal „Scrabble“ gespielt hat, weiß das aus eigener leidvoller Erfahrung. Äs, Ös oder Üs kommen beim Aufbau sinnvoller Wortkreuze wirklich äußerst ungelegen. Kein Wunder also, dass sie im professionellen Gitterbau so gut wie keine Rolle spielen.

Auch in der Hamburger Firma „Rätselmanufaktur“, die der Wortliebhaber Dirk Langenfeldt gemeinsam mit dem IT-Profi Christoph Holz betreibt, ist das so. Aus ihrer Werkstatt stammen die Rätsel, die seit Beginn der Corona-Krise, täglich eine ganze Seite in den Badischen Neuesten Nachrichten füllen. Wortknobeleien oder Zahlengitter wie Sudokus – „Wir haben alles im Angebot“, sagt Langenfeldt.

Kreuzworträtsel gibt es seit 107 Jahren

Kreuzwortgitter sind seit ihrer Erfindung vor 107 Jahren ein äußerst beliebter Zeitvertreib. 1913 erschien in der amerikanischen Zeitung „New York World“ das erste Rätsel seiner Art. Seitdem gibt es sie in allen möglichen Formen und Varianten. Täglich verlassen bis zu 100 neue Knobeleien die Hamburger Werkstatt.

Sudokus, die japanischen Zahlengitter mit den neun mal neun Feldern, sind die mit Abstand beliebtesten Kopfnüsse. Dicht gefolgt von den sogenannten Schwedenrätseln. So nennt man jene Wortknobeleien, die von Fragekästchen durchsetzt sind. Zu deren Erfindung haben die Schweden selbst übrigens nicht viel beigetragen. Sie waren lediglich die erste Rätselnation, die ab 1954 dazu überging, die Frage zur gesuchten Antwort direkt ins Kästchen zu quetschen.

Das Erstellen eines komplexen und anspruchsvollen Buchstabengitters ist für den Laien mindestens so rätselhaft wie das Ausfüllen selbst. Ohne Kopfzerbrechen geht es auch am vorderen Ende des Rätsels nicht, denn es gibt sehr viele Regeln zu beachten. Mehr als zwei Kästchen mit Antwortbuchstaben neben- oder untereinander müssen beispielsweise durch eine Frage definiert sein. Alles andere wäre sehr unelegant. Auch kurze, aber eben praktische Verbindungswörter wie die berühmte Papageienart „ARA“ oder das scheue Waldtier „REH“ sollten nach Möglichkeit nicht allzu häufig durch das Rätsel geistern.

Ich will den Menschen ein Erfolgserlebnis verschaffen
Dirk Langenfeldt, Rätselmacher

Dirk Langenfeldts rechte Hand auf der täglichen Wortbaustelle ist der Computer. Der erhält beispielsweise den Befehl, zwanzig verschiedene Rätselmasken für das BNN-Rätsel zu erstellen. Je nach gewünschter Größe und Schwierigkeitsgrad, spuckt das digitale Hirn alsbald ein lückenlos gefülltes Buchstabengitter aus.

Doch nicht immer ist das Ergebnis so, wie das organische Pendant am Monitor sich das wünscht. Dann zum Beispiel, wenn der Computer mal wieder ein Wort wie „EGEDE“ dazwischen gerechnet hat. Den „Missionar der Grönländer“ kennen hierzulande aber nicht sehr viele Menschen. Um Frustrationen am Frühstückstisch zu vermeiden, sucht Langenfeldt dann lieber nach einer Alternative.

Computer erstellt Rätselmasken

Über die Fragestellung kann der Rätselmacher ebenfalls am Schwierigkeitsgrad des Rätsels schrauben. „HASE“ kann die Antwort auf einen einfachen Frageklassiker wie „Meister Lampe“ sein, auch das „Tier, das die Ostereier bringt“ ist für Rätselfüchse leichte Beute. Aber wie sieht es bei „Schrittmacher bei Wettläufen“ oder dem „Niederwild“ aus? „Je nach dem, was ich auswähle, kann ich das Rätsel leichter oder schwerer machen und Varianz ins Spiel bringen“, sagt Langenfeldt.

Das Checken von Frage- und Antwortkombinationen macht einen Großteil seiner Arbeit aus. Aber fast noch wichtiger ist das Sammeln von Wörtern. Eine Rätselsoftware kann immer nur auf den Wortschatz zurückgreifen, der ihr zuvor gefüttert wurde. Je größer der Wortschatz, desto spannender die Rätsel. Um diese Wortsammlung ständig zu vergrößern und auf dem Laufenden zu halten, ist der Rätselmacher permanent auf der Jagd nach neuen Wörtern.

Die Inspiration kommt oft ganz unverhofft. „Heute Morgen zum Beispiel fiel mir auf, dass das Wort ‚Lebensferne‘ im Computer fehlt“, sagt Langenfeldt. Beim Nachdenken über mögliche Definitionen, gesellten sich dem Wörterrepertoire der Rätselmanufaktur dann gleich noch Kleinode wie „wirklichkeitsfremd“ oder „realitätsfern“ dazu. Wann und ob diese Begriffe je im BNN-Rätsel auftauchen werden, ist allerdings fraglich. „Manche verschwinden im Computer und tauchen manchmal zehn Jahre lang nicht mehr auf“, weiß der Rätselbauer.

Nicht alle Wörter stehen im Duden

Würde es denn nicht reichen, einfach den kompletten Duden im Computer einzuspeisen? Dirk Langenfeldt meint: Nein. „Nicht alle Wörter in der Datenbank unserer Rätselmanufaktur stehen auch im Duden.“ Immer wieder stößt der Wortschnüffler auf Begriffe, die es gibt und doch nicht gibt.

Das „Große Strandtuch“ kann man zwar als „BADELAKEN“ im Internet kaufen, im Duden sucht man es jedoch vergeblich. „Trotzdem finde ich, dass das ein gutes deutsches Wort ist.“ So gut und deutsch wie jene „Dessertzutat“, die für Langenfeldt in die Liste der schönen Rätselworte einreihen würde. PUDDINGPULVER – das klingt doch schon lecker. Nicht ganz so lecker, aber trotzdem schön: das Babyutensil „WEGWERFWINDEL“, die Kulturgrenze Deutschlands „WEISSWURSTAEQUATOR“, der sehr hagere Mensch „HUNGERHAKEN“ oder das provinzielle Musiklokal, die „DORFDISKOTHEK“.

Zeitungsrätsel darf nie zu schwer sein

Bleibt die Frage zu klären, warum so viele Menschen so gerne Rätsel lösen? Langenfeldt vermutet, dass es an dem schönen, warmen Gefühl des Erfolgs liegt, das ein ausgefülltes Buchstaben- oder Zahlengitter vermitteln kann. „Man hat sich angenehm angestrengt und kann stolz auf das Erreichte sein“, beschreibt er es. Dieses Wohlbefinden zu vermitteln, ist sein Ansporn. „Ich will den Menschen ein Erfolgserlebnis verschaffen.“ Deshalb darf ein normales Zeitungsrätsel auch niemals zu schwer sein. Der Tag soll ja schon nicht mit einem Scheitern beginnen.











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