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Expertin gibt Tipps

Diskriminierung am Arbeitsplatz: Was können Frauen tun?

Sexismus am Arbeitsplatz ist für viele Menschen - meistens sind es Frauen - bittere Realität. Frauen steigen seltener auf, verdienen im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen und müssen sich in Systemen durchsetzen, die oft von Männern dominiert werden. Was können Frauen selbst tun, um sich zu behaupten?

Patricia Montbrun, Beauftragte für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt, Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt
Patricia Montbrun, Beauftragte für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt, Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt Foto: Peter Sandbiller

Sexismus und die daraus folgende Diskriminierung am Arbeitsplatz ist für viele Menschen - meistens sind es Frauen - bittere Realität . Frauen steigen seltener auf, verdienen im Schnitt weniger als ihre männlichen Kollegen, müssen häufig gegen Geschlechterklischees ankämpfen und sich in Systemen durchsetzen, die oft von Männern dominiert werden. Mit der Opferrolle müssen sich Frauen dennoch nicht abfinden. Was Betroffene selbst tun können.

Patricia Montbrun ist die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt der Arbeitsagentur Karlsruhe Rastatt. Sie ist aber auch selbst als Coach aktiv. Junge Frauen im Berufsleben zu stärken, ist ihr nach eigener Aussage ein persönliches Anliegen. Daher kennt sie viele Möglichkeiten, wie sich Frauen in der Arbeitswelt behaupten können. Ihr Ansatz dabei: Man kann nicht alles verhindern. Aber Frauen können auch vieles selbst in die Hand nehmen.

Was sollten Frauen als erstes tun, wenn sie das Gefühl haben, diskriminiert zu werden?

Im Falle von gefühlter Diskriminierung am Arbeitsplatz ist der erste Schritt für Frauen, sich mit der Gleichstellungsbeauftragten oder einer in solchen Dingen erfahrenen Person auszutauschen, so Montbrun. Es sei ein schwerer Vorwurf, der gut begründet vorgetragen werden solle. "Auf jeden Fall soll die Frau das Thema anpacken und nicht ausweichen."

Wie können sich Frauen in "Männernetzwerken" innerhalb des Unternehmens behaupten?

Dass "alte graue Herren" es Frauen in der Arbeitswelt schwerer machen können, daran zweifelt Montbrun nicht. Dennoch sagt sie: "Ist das immer Diskriminierung? Manche Frau hat es an ihrem Platz halt schwer. Sie muss sich anders rüsten, sie braucht deutlich mehr Kraft, um gegen diese Türen zu drücken, die man ihr versucht zuzuhalten."

Das ist wie beim Sport: Wenn Fußball gespielt wird, kann ich nicht Volleyball spielen.
Patricia Montbrun

Wenn es um Karriere gehe, müssten Frauen oft sehr kämpfen, besonders dann, wenn sie in einem Unternehmen arbeiten, "in dem Männer ihr Spiel spielen." Wenn die Frau dort mitmachen wolle, müsse sie auch das Spiel mitspielen. "Das ist wie beim Sport: Wenn Fußball gespielt wird, kann ich nicht Volleyball spielen", sagt Montbrun. Dafür brauche man ein hartes Fell. "Man muss die Kommunikationsformen lernen und schnell lernen, sonst geht man unter." Das gelte aber wiederum für beide Geschlechter.

"Am Anfang kämpfen die Männer häufig ab, ob die Frau eine 'Zicke' ist, ob sie schreit, ob sie hysterisch ist", erklärt Montbrun. „Die Frage ist, ob die Frau dann selbst in die Mädchenrolle fällt oder ob sie sich etwa auf den kumpelhaft derben Humor einlässt.“

Sollten sich Frauen mit ihrem Verhalten also den Männern anpassen?

"Ich bin nicht der Auffassung, dass eine Frau unbedingt laut sein muss, wenn sie in einer Männerrunde auftritt. Sie muss sich nicht gebaren wie ein Mann", sagt Patricia Montbrun. Viele ruhigere Menschen - häufig Frauen - glaubten, sie könnten nicht selbstbewusst wirken. "Aber in der Ruhe liegt die Kraft", ist Montbrun überzeugt. "Man kann Dinge in ganz großer Ruhe und Klarheit erklären." All das könne man trainieren, auch mit Hilfe der richtigen Körpersprache. "Sich hinzusetzen, zu lächeln und mal auszuhalten, was man gesagt hat kann bereits große Wirkung haben."

Ich bin der Auffassung, dass eine Frau nicht unbedingt laut sein muss, wenn sie in einer Männerrunde auftritt.
Patricia Montbrun

Gibt es Fehler, die Frauen häufig machen?

"Nicht genau hingucken" ist laut Montbrun ein Fehler, den Frauen oft machen, bevor sie sich für eine Stelle entscheiden. Dabei sei bereits die Wahl des richtigen Unternehmens wichtig, wenn es darum geht, Diskriminierung am Arbeitsplatz zu umgehen. Auf vieles lasse sich auch schon vor dem Unterzeichnen des Arbeitsvertrags schließen. Wichtig dabei: "nicht zu wortgläubig sein", sagt Montbrun.

Informationen über die Firmenkultur im Unternehmen können Frauen auch vor dem Vorstellungsgespräch sammeln. Anonyme Bewertungsportale für Arbeitgeber sind beispielsweise eine erste Quelle. Eine andere Möglichkeit ist es, Menschen, die bereits in dem Unternehmen arbeiten, nach einer persönlichen und ehrlichen Einschätzung zu fragen.

Begebe ich mich in den richtigen Blumentopf?
Patricia Montbrun

Montbrun ist überzeugt, dass die Unternehmenskultur und das Betriebsklima ausschlaggebend dafür sein können, wie sich Frauen als Angestellte in einem Unternehmen entwickeln können. "Wenn ich jemanden ins falsche Unternehmen stecke, kann der dort verkümmern", weiß sie. Daher sei es wichtig, sich zu fragen: "Begebe ich mich in den richtigen Blumentopf?"

Wie etwa der Chef mit den Mitarbeitern umgehe, zeige häufig, welche Kultur im Unternehmen vorherrscht: Begegnet er den Mitarbeiterinnen auf Augenhöhe oder verhält er sich eher jovial?

Was können Frauen bei finanzieller Diskriminierung tun?

Finanzielle Diskriminierung findet bei Frauen immer wieder statt. Die "Gender Pay Gap", also die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, liegt offiziell bei 21 Prozent, der "bereinigte Wert" bei sechs Prozent. Dabei wurden sogenannte strukturelle Unterschiede bei der Berufswahl, bei der Beschäftigung in Voll- oder Teilzeit, der Berufserfahrung oder beim Bildungsstand herausgerechnet.

"Frauen sollten Verhandlungstechniken lernen", empfiehlt Montbrun. Vor allem aber sollten Frauen lernen, sich noch mehr zuzutrauen. „Wenn der Unternehmer weiß, er kann eine Frau billiger bekommen, weil sie schlecht verhandelt, dann wird dieses Spiel auch getrieben“, weiß die Expertin.

Eine Stelle mit tariflicher Bezahlung ist auch eine Möglichkeit, finanzielle Diskriminierung von vorneherein zu umschiffen. "Wo Tarif gezahlt wird, da haben Frauen und Männer oft auch gleiche Chancen", erklärt Montbrun.

Gute Aussichten trotz Gegenwind

Manchmal sind die Hindernisse, die Frauen am Arbeitsmarkt begegnen, schlicht Vorurteile und Klischees. Vor allem in sogenannten "Mint-Berufen" (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) erschweren sie Frauen noch immer den Einstieg in die Branche, wie Studien immer wieder belegen . "Eltern und Familie raten Frauen fünf mal mehr ab, eine solche Karriere einzuschlagen als in anderen Berufen", weiß Montbrun. Außerdem halte jeder Fünfte seine Kolleginnen Studien zufolge für weniger geeignet.

"Das ist der Gegenwind, gegen den sich Frauen durchsetzen müssen. Wenn sie etwas wollen, was noch nicht üblich ist", sagt die Expertin. Aussichtslos sei die Lage aber nicht. "Es gibt mittlerweile Frauen in Positionen, wo man in seine eigene Klischeefalle tappt, weil man zunächst eher an einen Mann denkt", sagt Montbrun etwa im Hinblick auf die erste Polizeipräsidentin in Karlsruhe .

Mehr denn je gelte heutzutage das Prinzip des lebenslangen Lernens. Frauen sieht die Expertin dabei im Vorteil. Sich an neue Gegebenheiten anpassen, das könnten Frauen häufig gut. Beim Blick in die Zukunft ist Montbrun daher zuversichtlich: "Ich denke durchaus, dass die Zukunft den Frauen mehr Chancen bietet, sich einzubringen, ohne sich zu verbiegen."

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