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Mindestabstand

Droht der Windkraft auf dem Karlsruher Energieberg das Aus?

Sollte die von Wirtschaftsminister Peter Altmaier vorgeschlagene Regel zum Mindestabstand kommen, bedeutet das langfristig auch das Aus für die Anlage auf dem Energieberg. Für den Karlsruher Windkraft-Pionier Müllerschön ein Skandal.

Die neueste Anlage (rechts) auf dem Energieberg ist Ende 2018 in Betrieb gegangen. Das zweite Windrad läuft mittlerweile seit 2002 – eine Erneuerung hängt von der Entwicklung der Rahmenbedingungen ab.
Die neueste Anlage (rechts) auf dem Energieberg ist Ende 2018 in Betrieb gegangen. Das zweite Windrad läuft mittlerweile seit 2002 – eine Erneuerung hängt von der Entwicklung der Rahmenbedingungen ab. Foto: Sandbiller

Beim Blick auf die Stadtkarte dürfte sich Windkraft-Pionier Thomas Müllerschön seit einigen Tagen die Saarlandstraße, die Maxauer Straße und die Rheinbrückenstraße besonders genau anschauen. Alle drei liegen im Knielinger Wohngebiet – und alle im Umkreis von 1000 Metern um die Windräder auf dem Energieberg.

Für Müllerschön war das bislang kein Problem. Wird die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im November vorgeschlagene Regel zum Mindestabstand von Windrädern zur Wohnbebauung allerdings zum Gesetz, wird sich das ändern. Zwar wäre der Bestand geschützt – ausgediente Anlagen in der Sperrzone ließen sich aber nicht mehr ersetzen.

Rahmenbedingungen für Windkraft haben sich verschlechtert

„Solche verschärften Regeln können wir uns in der aktuellen Klimaschutzdebatte einfach nicht leisten“, klagt Müllerschön. Dabei sei der Abstandsplan nur ein Stolperstein von vielen, die den Ausbau der Windenergie bremsen.

Als Müllerschön im September 1997 seinen ersten Bauantrag gestellt hatte, waren die Rahmenbedingungen für Windenergie noch deutlich besser, sagt er. Die Genehmigung hatte er kein halbes Jahr später in der Hand.

Im Januar 1999 nahm die erste Windkraftanlage ihren Betrieb auf. Nochmal ein halbes Jahr später folgte eine zweite. Beide Anlagen hat der Windmüller 2018 zurückgebaut. An ihrer Stelle steht nun ein 2-Megawatt-Windrad, das die Stadtwerke betreiben. So schnell wie Ende der 90er ging es dabei nicht mehr.

Ganze vier Jahre dauerte die Planungs- und Genehmigungszeit – wohlgemerkt für den Austausch, nicht für einen Neubau. „Es war eine Katastrophe“, sagt Müllerschön rückblickend.

Austausch der alten Anlage erst in ein paar Jahren

Neben der neuen Anlage steht auf dem Energieberg noch eine zweite, die mittlerweile 17 Jahre auf dem Buckel hat. Ein Austausch ist aktuell noch nicht vorgesehen. Müllerschön hofft, dass das Windrad mindestens zehn weitere Jahre Strom liefert.

Wenn es an seine Grenzen stößt, möchte der Windmüller auf jeden Fall an gleicher Stelle eine weitere Anlage errichten – sofern das die Gesetzeslage dann zulässt. Die sorgt bei ihm unabhängig von allen Abstandsfragen schon heute für Einschränkungen. So waren Pläne für ein weiteres Windrad auf dem Energieberg an Vorgaben zum Vogelschutz gescheitert.

"Gegner sind aggressiver geworden"

In den vergangenen Jahren hätten die verschärften Rahmenbedingungen den Ausbau der Windkraft schwierig gemacht, berichtet Müllerschön. Schuld seien beispielsweise Änderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Dazu kommt, dass derzeit kaum noch ein Windkraft-Projekt ohne Proteste aus der Bevölkerung über die Bühne geht. „Gegner gab es schon immer. Aber der Widerstand ist deutlich aggressiver geworden“, sagt der Windmüller. „Das versteht man eigentlich gar nicht. Wir schützen das Klima schließlich für alle.“

Negativ-Trend seit zwei Jahren belegbar

Zahlen des Windenergieverbandes belegen, dass der Ausbau schwer ins Stocken geraten ist. 2017 waren mehr als 120 neue Windräder in Baden-Württemberg ans Netz gegangen, ein Jahr später nur noch 26. In diesem Jahr setzt sich der Negativ-Trend fort . Bis Anfang Dezember sind nach Daten der Bundesnetzagentur landesweit gerade einmal drei dazu gekommen .

„In dem Tempo können wir das Klima sicher nicht retten“, sagt Thomas Müllerschön. Warum jetzt auch noch über eine Ausdehnung des Mindestabstands auf 1 000 Meter diskutiert wird, kann er überhaupt nicht nachvollziehen.

Lärm wichtiger als der Abstand

Wichtiger als der Abstand sei schließlich die Lärmbelastung – und für die müssen Anlagenbetreiber schon heute ein Gutachten vorlegen. In der Nacht darf der Geräuschpegel im Abstand von 700 Metern 35 Dezibel nicht überschreiten. Zum Vergleich: Der Grenzwert für Straßenlärm in Wohngebieten liegt nachts bei 49 Dezibel. „Da ist die Verhältnismäßigkeit einfach nicht mehr gegeben“, meint Müllerschön.

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