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Trockenheit und Corona-Auflagen

Enttäuschende Ernte: Im Landkreis Karlsruhe wird das Heu knapp

Hitze verbrennt den Mais, Heu geht wegen Trockenheit ein und der Lockdown verhagelt auch noch die Gerste: Landwirte sprechen von einem unterdurchschnittlichen Jahr. Doch nicht alles war schlecht.

Ein Mähdrescher fährt über ein Feld und holt die Ernte ein.
Saubere Sache: Der Mähdrescher holt die Ernte ein. Währenddessen sitzt der Landwirt entspannt und staubfrei in seiner Kabine. Foto: Catrin Dederichs

Früher musste die ganze Familie zur Ernte anrücken. Heute schafft ein Bauer die Arbeit alleine. Er sitzt im vollklimatisierten Traktor und dreht seine Runden. Nur: Wo nichts wächst, da holt auch die beste Maschine nichts aus den Feldern.

„Die Maisernte war so enttäuschend wie nie“, sagt Landwirt Alexander Kunz aus Ettlingen. Viel Sonnenschein und wenig Regen macht er für den hohen Ausfall verantwortlich. „Im Juli hat der Mais die Hitze noch gut weggesteckt, aber bei den brutal hohen Temperaturen im August ist er regelrecht verbrannt“, sagt er.

Der Ertrag bei Mais, Kartoffeln, Soja und Zuckerrüben war durch die Bank weg geringer als sonst.
Werner Kunz / Vorsitzender des Kreisbauernverbandes

Ernteausfälle betreffen noch weitere Früchte, wie Werner Kunz, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, berichtet. „Der Ertrag bei Mais, Kartoffeln, Soja und Zuckerrüben war durch die Bank weg geringer als sonst“, sagt er.

Neben der Trockenheit machen die Corona-Auflagen den Landwirten das Leben zweifach schwer. Problem Nummer eins sind die Erntehelfer, die Anfang des Jahres nicht einfliegen durften. Werner Kunz spricht von dadurch bedingten Ausfällen beim Spargel von rund 20 Prozent. „Wir hätten zwischen 100.000 und 120.000 Helfer gebraucht, gekommen sind zwischen 80.000 und 90.000“, sagt er.

Nachfrage nach Spargel ist um 20 Prozent gesunken

Gereicht hat das Gemüse aber trotzdem. Grund dafür ist das zweite Problem: Durch die monatelange Schließung der Gaststätten ist nach seinen Worten auch die Nachfrage nach Spargel um rund 20 Prozent gesunken. „Somit war es recht harmonisch und viele Anbauer waren letztendlich zufrieden.“

Ebenfalls durch den Lockdown ist das Interesse an Weintrauben und Gerste zurückgegangen. Gerste bezeichnet Werner Kunz gleich als „doppelten Verlierer“. „Zum einen hat ihr die Trockenheit zugesetzt, zum anderen ist der Bierabsatz durch den Lockdown enorm eingebrochen.“

Landwirt Alexander Kern aus Bretten kündigt an, deshalb im kommenden Jahr keine Braugerste mehr anzubauen. Mit weiteren Maßnahmen will der Landwirt größeren Verlusten vorbeugen. So bedecke er beispielsweise seine Äcker mit Mulch und wähle „trocken-tolerante Kulturen“.

Die Wiesen sind total fertig. In guten Jahren machen wir vier Schnitte, jetzt war nach dem ersten praktisch Schluss.
Alexander Kern / Landwirt in Bretten

Kern macht vor allem eine geringere Heuernte zu schaffen. „Die Wiesen sind total fertig“, sagt er. „In guten Jahren machen wir vier Schnitte, jetzt war nach dem ersten praktisch Schluss.“ Seine Kühe und Ziegen will er mit Reserven aus dem Vorjahr über den Winter bringen. „Wir schaffen das, aber wir können kein Heu mehr verkaufen.“

Ein Landwirt fährt mit seinem Traktor übers Feld. Vorne am Buldog hängt ein Frontpacker, hinten eine Sämaschine.
Doppelt bepackt: In einem Arbeitsgang befestigt Landwirt Alexander Kern mit seinem Frontpacker den Unterboden und sät zeitgleich die Zwischenfrucht aus. Foto: Tobias Hege

Dies zum Leidwesen mancher Tierbesitzer, wie Fritz Gruber vom Storchenhof in Dettenheim sagt. „Gerade im Pferdesport spitzt es sich zu. Die Leute müssen das Heu kaufen und stöhnen unter den Preisen.“ Bodo Breitenfeld, Inhaber der Reitanlage Rosenhof in Karlsruhe, bleibt davon verschont. „Ich habe meine alten Lieferanten, die mich beliefern. Die Preise bei ihnen sind dieselben wie im vergangenen Jahr.“

Langfristige Verträge geben dem Tierpark Sicherheit

Von der Sicherheit langfristiger Verträge profitiert auch der Tierpark in Bretten. „Wenn es eng wird, kauft unser Lieferant in Polen oder Ungarn zu, um seinen Verpflichtungen nachzukommen“, sagt Geschäftsführerin Annika Willig. Mehr zahlen muss sie wegen der schmalen Ernte aber durchaus. „Seit ungefähr zehn Jahren wird das Heu kontinuierlich teurer.“

Die finanziellen Verluste durch weniger Ernte tragen die Landwirte laut Werner Kunz weitgehend alleine. Für die Verbraucher werde sich nichts ändern. „Ich rechne mit keinen großen Preissprüngen und auch Engpässe wird es nirgends geben.“

Raps als Gewinner des Jahres

Im Übrigen war nicht alles schlecht in 2020. Die Ernte von Getreide und Winterbraugerste bezeichnen die Landwirte als durchschnittlich. Tatsächlich gibt es sogar einen „Gewinner“ in diesem Jahr: den Raps, wie Werner Kunz sagt. „Der konnte tief wurzeln, dank der Trockenheit hatte er keine Pilzkrankheiten und hat sich prächtig entwickelt.“

Hinweis der Redaktion

In einer früheren Version dieses Artikels war eine falsche Prozentzahl angegeben. Der Ausfall bei der Spargelernte durch fehlende Helfer beträgt nicht 80, sondern lediglich 20 Prozent. Die Summe der Erntehelfer bezieht sich hierbei auf das gesamte Bundesgebiet. Wir haben den Artikel entsprechend korrigiert.

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