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Klage gegen Brückenbeschluss

Erster Schritt zur zweiten Rheinquerung

Das Regierungspräsidium Karlsruhe legt den Planfeststellungsbeschluss für die zweite Rheinbrücke vor, am selben Tag entscheidet sich der Karlsruher Gemeinderat dafür, gegen diesen zu klagen: Die Brücke ist das größte Infrastrukturprojekt in der Region, aber umstritten.

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Um eine zweite Rheinbrücke bei Karlsruhe wird nun auch juristisch gestritten Foto: BNN-Archiv

Die Nordtangente ist beerdigt. Die zweite Rheinbrücke kann kommen. Zumindest gibt es dafür jetzt eine rechtliche Möglichkeit. Über 20 Jahre Diskussion sind verstrichen, seitdem eine Ergänzung der 1966 eröffneten Straßenbrücke in der Region zum Thema wurde. Was gab damals den Anlass? Es waren die täglichen Staus und der – zuweilen umstrittene – Reparaturbedarf des Bauwerks. An beiden Sachverhalten hat sich nichts geändert. Mit dem nun auf baden-württembergischer Seite ergangenen Planfeststellungsbeschluss soll – sofern Rheinland-Pfalz seinerseits einen erlässt und beide Bestandskraft erlangen – Folgendes erreicht werden: Entzerrung der Verkehrsströme über den Rhein sowie die Möglichkeit einer längeren Sperrung der vorhandenen Brücke für deren Generalsanierung.

Schwere Lkw setzen dem Bauwerk zu

Die vorhandene Rheinbrücke ist mit nun 50 Jahren Lebensdauer ein Veteran, dessen Bedarf nach einer Verjüngungskur Ergebnis seiner Überbeanspruchung ist. Die Konstruktion war in den frühen 60er Jahren auf einen Tagesdurchsatz von etwa 35 000 Fahrzeugen ausgelegt, der seit langem weit über das Doppelte überschritten wird – vor allem sind es auch die vielen schweren Lkw, die dem Bauwerk zusetzen. Wie sehr, das sieht man aktuell an der Vorlandbrücke bei Wörth, die durch neue Stahlträger unterstützt wird.

Als vor gut 20 Jahren die Überlegungen aufkamen, eine zweite Brücke zu bauen, war man im Karlsruher Rathaus Feuer und Flamme – der damalige Oberbürgermeister Gerhard Seiler gab in der Sache so viel Gas, dass der Regionalverbandsvorsitzende Landrat Bernhard Ditteney sich übergangen fühlte und der Germersheimer Landrat Gottfried Nisslmüller die badische Seite wissen ließ, in der Südpfalz brauche man die zusätzliche Brücke nicht.

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INF_Rheinbruecke Foto: None

Fast ein Treppenwitz, denn heute ist alles andersherum. Die Stadt Karlsruhe, genauer gesagt, die zur Zeit im Gemeinderat regierende politische Mehrheit aus SPD, Grünen sowie kleineren Gruppierungen um Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD, Foto: jodo) steht in klarer Gegnerschaft, weiß dabei auch die Umweltverbände hinter sich, die weiteren Verkehr und Flächenverbrauch beklagen. Die CDU in Karlsruhe, die FDP sowie die lokale Wirtschaft fordern dagegen mit Nachdruck die Brücke. Ungeahnte Unterstützung bekamen jene vor Monaten vom grünen Verkehrsminister Winfried Hermann, der sich zur Notwendigkeit einer zweiten Brücke bekannte. Nun will Karlsruhe gegen den Beschluss klagen, wenn auch vorerst nur, um die juristischen Fristen zu wahren. In den nächsten Wochen soll der Planfeststellungsbeschluss dann gründlich geprüft und über eine endgültige Klage entschieden werden. Doch daran ist kaum zu zweifeln angesichts der ungebrochenen inhaltlichen Kritik am Projekt.

Der Planfeststellungsbeschluss ist ein Meilenstein für das wohl wichtigste Infrastrukturprojekt der Region beiderseits des Rheins.

Die Region drängt unterdessen auf den Bau des auf 107 Millionen Euro geschätzten Projekts. In der Südpfalz herrscht ein sehr weit verbreitetes Interesse an der zusätzlichen Flussquerung. Landrat Christoph Schnaudigel, Vorsitzender des Regionalverbandes Mittlerer Oberrhein, sagt: „Der Planfeststellungsbeschluss ist ein Meilenstein für das wohl wichtigste Infrastrukturprojekt der Region beiderseits des Rheins. Dass der Weg nun auf baden-württembergischer Seite frei ist, freut mich sehr. Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass der Planfeststellungsbeschluss auch schnell in die Realität umgesetzt wird. Dazu gehört auch, dass der Anschluss an die B 36 weiter betrieben wird.“ Verbandsdirektor Gerd Hager schreibt in seiner Stellungnahme: „Ab jetzt heißt es bauen statt stauen“ und macht deutlich, dass nun noch der Planfeststellungsbereich für den Abschnitt von der B 9 südlich Jockgrim bis auf die Rheinmitte fehle. Seitens des Verkehrsministeriums in Mainz hieß es dazu: „Ziel ist es, für das laufende Planfeststellungsverfahren noch 2017 den Planfeststellungsbeschluss auf rheinland-pfälzischer Seite zu erlassen.“ Darauf setzt auch Bürgermeister Dennis Nitsche (Wörth, SPD), der schon jetzt schon für einen Radschnellweg auf der neuen Brücke wirbt.

Planfeststellungsverfahren starteten 2011

In seiner Pressemitteilung schreibt das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP), dass für das länderübergreifende Projekt die Planfeststellungsverfahren in beiden Bundesländern gleichzeitig im Jahr 2011 gestartet wurden. Schon kurz darauf fand in Karlsruhe der von der seinerzeitigen Verkehrs-Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne, Karlsruhe) einberufene „Fakten-Check“ statt. Der Abschnitt auf baden-württembergischer Seite von der Rheinmitte bis zur B-10-Anschlussstelle westlich von Knielingen ist 1 735 Meter lang. Die neue Rheinbrücke ist rund 1,4 Kilometer nördlich der bestehenden Brücke geplant – frühere Varianten einer „Parallelbrücke“ direkt bei der bestehenden wurden nicht weiterverfolgt. Gleiches gilt für die „Brücke zwischen den Brücken“, für die man sich lange in Karlsruhe verkämpfte – und auf die die Ratsmehrheit weiter setzt.

Umweltschutz als Hürde

Die Frage, die sich mit der Zeit stellte, war die nach der Überlastung der Südtangente. Wenn eine neue Brücke für zusätzlich erwarteten Verkehr gebaut werden würde und dieser komplett auf die Südtangente flösse – das Chaos wäre perfekt gewesen. So entwickelte sich nicht nur der Gedanke der Nordbrücke, die zwar auch auf die Südtangente führt, es kam aber zudem bei den politischen Akteuren in Karlsruhe der Wunsch nach einer Verknüpfung mit der B 36 etwa auf Höhe des Klärwerks Neureut auf. Das gilt für den Fall des Brückenbaus allgemein als erforderlich. Hierzu werde man noch weiterführende Gespräche mit der Stadt Karlsruhe führen, so Regierungspräsidentin Nicolette Kressl. Aber auch diese Anbindung kollidiert mit dem Umweltschutz.

Der Ausfall der Rheintalbahn bei der Rastatter Tunnelbaustelle zeigt uns, dass wir bei bedeutenden Verkehrsverbindungen auch deren möglichen Ausfall im Blick haben müssen.

Auf der Strecke zwischen dem Wörther Kreuz und der Anschlussstelle Karlsruhe-Knielingen liegt eine Reihe von Bauwerken, bei denen die Gefahr eines Ausfalls besteht. Regierungspräsidentin Nicolette Kressl sagt deshalb sehr deutlich: „Der unvorbereitete Ausfall der Rheintalbahn bei der Rastatter Tunnelbaustelle zeigt uns, dass wir bei bedeutenden Verkehrsverbindungen auch deren möglichen Ausfall im Blick haben müssen.“

Die als „B 293 neu“ bezeichnete Strecke zwischen Jockgrim und dem „Ölkreuz“ ist rund 5,5 Kilometer lang und folgt laut RP fast durchgehend den Trassen bereits vorhandener Straßen und wird vierstreifig ausgebaut werden.

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