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Bilanz

Wegen Corona wurden einige Verfahren beim Amtsgericht Ettlingen verschoben

Eine kleine Bugwelle hat Corona dem Amtsgericht Ettlingen beschert: Einige Fälle, bei denen keine große Eile bestand, wurden auf das Jahr 2022 vertagt.

Amtsgerichtdirektor Schlachter
Zieht Bilanz: Amtsgerichtsdirektor Jörg Schlachter Foto: Werner Bentz

Das Coronavirus hat im Amtsgericht Ettlingen den Betriebsalltag verändert: Wie andernorts, wo Behörden einigermaßen den Regelbetrieb aufrechterhalten mussten, gibt es ein aufwendiges Hygienekonzept.

In der juristischen Arbeit jedoch schlug sich 2020 nicht als Ausnahmejahr nieder.

„Die Fallzahlen weichen in den meisten Bereichen nur unwesentlich von denen des Jahres 2019 ab“, erläuterte Amtsgerichtsdirektor Jörg Schlachter bei der Vorlage der Jahreszahlen 2020.

Land besorgte Trennwände

Positiv im Corona-Jahr 2020 sei die Unterstützung des baden-württembergischen Justizministeriums mit Sachmitteln gewesen. Desinfektionsmittel, Trennwände und andere zur Einhaltung der Covid-19-Regeln erforderlichen Artikel seien zeitnah im Amtsgericht vorhanden gewesen.

„Da gibt es nichts zu meckern. Das hat gut geklappt“, meint der leitende Ettlinger Richter. Überhaupt ist er voll des Lobes über die Arbeit des jetzt aus der grün-schwarzen Koalition verabschiedeten Justizministers Guido Wolf (CDU). Der habe einiges Gutes für eine bessere Personalausstattung der Justiz getan.

Ebenfalls nicht mit Lob geizt Schlachter für die Arbeit seines etwas über 30 Köpfe zählenden Teams. Die Zahl der abgearbeiteten Fälle sei auch im Homeoffice nicht geringer geworden. „Flexibilität und Engagement der Mitarbeiter waren ausgezeichnet“, so Schlachter.

Homeoffice werde sicherlich bei schriftlich abzuarbeitenden Fällen auch nach dem Ende der Pandemie eine wichtige Rolle im Alltagsbetrieb spielen. Durch einen Schichtbetrieb im Gericht habe man das Prinzip „ein Mitarbeiter für ein Büro“ umsetzen können. So sei es gelungen, die AHA-Regeln einzuhalten.

Priorisierung der Fälle

Bei der Abarbeitung der Fälle gab es im Corona-Jahr eine Priorisierung. In richterlicher Unabhängigkeit sei der wichtigste Maßstab die „Eilbedürftigkeit“ gewesen.

Besonders schnell abgearbeitet worden seien Familiensachen, bei denen es um Kindeswohl-Gefährdung gegangen ist, oder Betreuungssachen, bei denen sich die fünf Ettlinger Richter ein persönliches Bild von dem Betroffenen machen und ihn anhören müssen. Gerade in Zeiten der ersten Corona-Wellen sei dies für die Richter nicht leicht gewesen. Da habe man einige Male aus Gesundheitsschutzgründen „in Vollschutz und mit Handschuhen“ in Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen gehen müssen.

561 Strafsachen

Die Zahl der Strafsachen gegen Erwachsene lag im Jahr 2020 bei 561 Fällen. 304 erledigte das Amtsgericht mit Strafbefehl und 257 nach Einspruch oder Anklage mit einer Hauptverhandlung. 2019 waren es in diesem Bereich 540 Fälle gewesen, von denen 242 im Gerichtssaal verhandelt wurden.

Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen Corona-Verordnungen spielten kaum eine Rolle. Bei den Strafsachen vor dem Jugendrichter sank die Zahl der Fälle von 155 im Jahre 2019 auf 97 im Jahr 2020 deutlich. Dies dürfte laut Jörg Schlachter wesentlich mit den vielen im Corona-Jahr ausgefallenen Veranstaltungen und Events sowie angeordneten Ausgangssperren zu tun haben.

Die Zahl der Familienverfahren (unter anderem Sorgerecht und Unterhaltsverpflichtungen von Kindern) stieg leicht von 511 auf 530 Fälle. Die Zahl der Zivilsachen, gerichtliches Verfahren zur Feststellung und Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche, sank von 724 auf 654.

Bei der Zahl rechtlicher Betreuungen - meist pflegebedürftige ältere Menschen - sind die Auswirkungen von Covid-19 spürbar. Wurden im Jahr 2019 noch 228 Fälle beendet, waren dies 2020 in Ettlingen 307. In den meisten Fällen endet die Betreuung mit dem Tod. Dazu passt auch der Bestand der zu Betreuenden zum jeweiligen Stichtag 31. Dezember: 2019 waren es 916 und 2020 sank die Zahl auf 854.

Noch präzisiert wird dieser Aspekt durch eine weitere Zahl: Die neu anhängig gewordenen Betreuungsfälle beliefen sich in der Bilanz des Amtsgerichts für beide Jahre in etwa gleich. 2019 waren es 242 und 2020 dann 245 neue Betreuungen.

Knapp 2.000 Testamentsverfahren

Viel Arbeit gab es für das Amtsgericht Ettlingen in seiner nach der Schließung des staatlichen Ettlinger Notariats zugegangen Aufgabe als Nachlassgericht. Knapp 2.000 Testaments- und sonstige Nachlassverfahren beschäftigten 2020 die Behörde.

Wegen der Pandemie wurde das ein oder andere Verfahren, bei dem eine Eilbedürftigkeit nicht erkennbar war, auf das Jahr 2022 verschoben. Man schiebe deshalb eine kleine Bugwelle vor sich her, die aber spätestens 2022/2023 wieder abgearbeitet sei. Jörg Schlachter abschließend: „Die Funktionsfähigkeit der Ettlinger Justiz war zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt.“ I

m Lauf des Jahres 2022 wird es in Ettlinger Amtsgericht noch eine wesentliche Neuerung geben. Dann wird die elektronische Akte in den Bereichen Zivilsachen, Familienverfahren und Betreuungen eingeführt. Bei Strafsachen kommt sie später.

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