Da taten sich verschiedene Fraktionen mit einem „Ja“ schon schwer: Die Grünen beantragten dem Bündnis „Sichere Häfen“ beizutreten. Ziel dabei ist, dass in Deutschland mehr Bootsflüchtlinge aus Lagern wie Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufgenommen werden.
Wenn schon Europa und die Große Koalition in Berlin kein Herz für die gestrandeten Menschen zeigen, könnten dies die Menschen guten Willens in den Kommunen Deutschlands tun und deutlich mehr Menschen aufnehmen. „Wegschauen ist keine Lösung, da ist internationale Solidarität gefragt“, begründete Babette Schulz (Grüne) ihren Antrag.
Bereits 175 deutsche Städte, darunter 27 Kommunen aus Baden-Württemberg seien dem Seebrücke-Bündnis „Sichere Häfen“ beigetreten, Und Schulz ist nicht nur der Überzeugung, dass in Rheinstetten genügend Platz zur Unterbringung der zusätzlichen Menschen vorhanden sei, sondern dass dies auch ohne Ausweisung neuer Wohnflächen möglich ist.
Kritische Nachfragen seitens der Stadtverwaltung
Rheinstetten sei auch deshalb geeignet dem Bündnis beizutreten, weil es schon in der Vergangenheit öffentlich solidarisch gezeigt habe und ihre Aufnahme mit Unterbringung und Versorgung trotz mancher Herausforderung gut bewältigt habe.
Während die Vertreter der ULR, vertreten durch Michael Ganzmann, diese humanitäre Geste für richtig hielt, gab es aus anderen Fraktionen von CDU, SPD bis FDP sowie seitens der Stadtverwaltung kritisches Nachfragen zum Antrag der Grünen-Fraktion. Oberbürgermeister Sebastian Schrempp teilte zunächst einmal nicht mit, wie er in der Sache entscheiden will.
Vielmehr warf er einige Punkte auf, die den Antrag zum Problem machen könnten. Zunächst stelle sich die Frage, ob der Gemeinderat für dieses Thema zuständig sei. Wenn man dies bejahe, stelle sich die Frage nach den praktischen Auswirkungen. Vermutlich habe eine Bereitschaft der Stadt mehr Flüchtlinge aufzunehmen, gar keine Auswirkungen.
Weil die Verteilung von Flüchtlingen grundsätzlich nur über Bund und Land nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel laufe, was darauf hinauslaufe, die Kommunen hätten keinerlei Einfluss darauf, wer und ob jemand zusätzlich komme.
Fitterer von der SPD hatte keine grundsätzlichen Einwände
Ein solcher Antrag sei auch deshalb widersprüchlich, weil Rheinstetten bei der aktuell aufzunehmenden Zahl von Flüchtlingen noch nicht einmal sein Pflichtkontingent bei der Anschlussunterbringung im Landkreis erfülle. Schließlich gebe es bei dem Bündnis „Sicherer Hafen“ und dessen Forderungen, bei Gemeinderäte auch einige Bauchschmerzen hätten.
Ingrid Fitterer (SPD) hatte keine grundsätzlichen Einwände gegen einen Beitritt zu dem Seebrücke-Bündnis, gab aber zu bedenken, es gebe auch andere gesellschaftliche Gruppen, die dringend Wohnraum benötigten.
So nannte sie beispielsweise obdachlose Familien. Heinz Wöstmann (CDU) konzedierte, „In Deutschland besteht im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein flüchtlingsfreundliches Klima.“ Wöstmann sah aber noch weiteren Gesprächsbedarf bei dem Antrag der Grünen.
Im Gemeinderatsausschuss soll das Thema detaillierter besprochen werden
Er befürchtete sogar, dass der Antrag das Ziel einer gemeinsamen EU-Flüchtlingspolitik untergraben könne. Er merkte dabei noch an, dass bei den Bootsflüchtlingen die Zahl der Asylberechtigten nicht höher sei als bei jenen, die über den Landweg kämen. Urban (FDP) reklamierte für Rheinstetten eine „gelebte Willkommenskultur“.
Gleichzeitig müsse aber die Frage gestellt werden, ob ein Beitritt zu dem Bündnis wirklich mehr als ein Lippenbekenntnis sei und in der Sache sich nicht viel verändere. Nach ausführliche Diskussion einigten sich die Gemeinderäte schließlich darauf, sich mit dem Antrag der Grünen im zuständigen Gemeinderatsausschuss detaillierter zu befassen, bevor darüber abgestimmt wird.