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Ausstellung „Supernova“

Humorvolle Schau im Kunstverein Wilhelmshöhe in Ettlingen

Nikolausstiefel oder Hakenkreuz, neckische Dessous oder Maske: Eine Ettlinger Kunstausstellung wagt den Grenzgang.

Kunstausstellung
Die Schau ist eröffnet: Diese Kunstfreunde schauen sich beim Kunstverein Wilhelmshöhe die Werke von Jürgen Zimmermann an. Foto: Jürgen Hotz

„Ich lese ein Buch, Sprichwort oder Zitat und überlege: Wie kann ich das bildlich umsetzen?“, so charakterisiert Jürgen Zimmermann bei der Vernissage am Freitagabend seinen künstlerischen Antrieb.

Seine abwechslungsreiche und durch überraschenden Witz gekennzeichnete Werkschau der vergangenen vier Jahrzehnte präsentiert der Kunstverein Wilhelmshöhe unter dem Titel „Supernova“.

1953 in Büchenau geboren, lässt sich der gelernte Bildhauer auf keine Kunstrichtung und keine Technik festlegen. Zu groß ist sein Drang, Ideen aufzugreifen und sofort – gern schwarzhumorig und ohne Hemmung – als Pointe zu verfeuern. Nur um sich gleich darauf des nächsten Themas und der nächsten Technik anzunehmen.

Kostproben gefällig? Kleine Nikolausstiefel aus Plastik, die Kinder am Vorabend vor die Tür stellen, halbiert er und gießt sie 1994 mit Gips aus und ordnet die Güsse im winkligen Geviert an, Titel „Beim besten Willen kann ich hier kein Hakenkreuz erkennen“. Bei „Liesel trifft Man“ aus den Jahren 2000 bis 2012 baut er unzählige, mit Wolle bunt umhäkelte, Kleiderbügel – „eine Hinterlassenschaft meiner Mutter“ – zu einem Mobile zusammen, das baldachinartig unter der Zimmerdecke schwebt.

„Beim Tun entwickelt sich plötzlich was anderes“, erklärt Zimmermann. Eine ganze Wand nimmt das vielteilige „2020“ ein, bei dem von Weitem betrachtet delikate Dessous in glänzend-pastelligen Farben wie erotische Trophäen verstreut scheinen. Erst der zweite Blick offenbart, dass grobe Zimmermannsnägel nur unterschiedliche Corona-Masken aus Bronze, Aluminium oder Keramik halten.

Ein Grenzgänger

„Jürgen Zimmermann nutzt den Zufall als schöpferische Kraft, er ist ein Transformer und Grenzgänger“, bescheinigt ihm Klemens Neumann, der Vorsitzende des Kunstvereins, in seiner Laudatio.

Seine Kunstwerke bestünden aus Fundobjekten und ungewöhnlichen Materialien – stets mit einen Schuss Ironie verfeinert. „Kunst kann man – wie das Leben – nicht erklären, es besteht aus Zufällen“, stellt der Künstler fest.

Die Locke als Welle

„Es gibt keine Werkgruppen oder Serien bei Zimmermann, sondern das was im Moment an die Gestade seiner Insel gespült wurde“, nimmt Kunsthistorikerin Margrit Brehm auch Bezug zur Assemblage „Odysee (Die Dauerwelle)“ von 2021, wo abgeschnittene Haarlocken die Wellen des Meeres symbolisieren, aber eben auch „die Wellen der letzten Monate“. Dass Zimmermann wie die Supernova – „nach kurzem hellem Aufleuchten verglüht“ – wolle sie nicht hoffen.

Besucherin Renata Bäckel findet die Werke „politisch, aber der Materialakzent bringt mich zum Schmunzeln“. Ihr Begleiter Friedrich Waltz erkennt „Vielfältigkeit, keine Masche“. Helmut Wetter, ebenfalls Künstler und Studienkollege, ist „beeindruckt, wie er mit Hintersinn und viel Ironie ernste Ideen rüberbringt“, seiner Frau Marianne gefällt die „Ideenfülle“.

Service

Bis 6. März jeweils Mittwoch bis Samstag von 15 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr im Kunstverein Wilhelmshöhe, Schöllbronner Straße 86, www.kunstverein-wilhelmshoehe.de.

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