Tobias Hinze kennt den Ettlinger „Erbprinz“ schon aus Kindertagen, war er doch mit seinen Großeltern aus Karlsruhe dort immer mal wieder zu besonderen Anlässen essen. Längst ist er erwachsen, die Freude an gutem Essen aber ist geblieben. Und nicht nur das: Hinze hat nach einem kurzen Ausflug ins Studentenleben beschlossen, das Kochen zum Beruf zu machen. Im zweiten Lehrjahr steht er im „Erbprinz“ am Herd, zum zweiten Mal in diesem Jahr trifft ihn wie die anderen rund 30 Auszubildenden in Ettlingens einzigem Fünf-Sterne-Hotel der Corona-Lockdown.
Ich dachte nur oh je, nicht schon wieder.Tobias Hinze, Koch-Azubi im „Erbprinz“.
Die Restaurants im Haus mussten erneut schließen. Nur ein paar Business-Gäste, die geschäftlich in Ettlingen oder Karlsruhe zu tun haben, sind einquartiert. „Ich dachte nur, oh je, nicht schon wieder“, erinnert sich Tobias Hinze an seine ersten Gedanken, als die Führungsriege des „Erbprinz“ über die neuerliche Schließung informierte.
Gerichte für die Roomservice-Karte
Jetzt kümmert sich der 24-Jährige um die Gerichte, die man auf der Roomservice-Karte auswählen kann. Er kocht außerdem für die Azubis im Haus unter der Woche das Mittagsessen und arbeitet am Wochenende in der Patisserie mit. Denn da hat das Café für den Außer-Haus-Verkauf von Süßem geöffnet. Ansonsten läuft wenig. Den Koch in spe treibt die Sorge um, wie es weitergeht. Für den Lockdown hat er wenig Verständnis, ja er findet ihn frustrierend : „Warum hat der Friseur auf und wir müssen dichtmachen?“ Das könne ihm niemand erklären.
Fast leeres Hotel ist ein komisches Gefühl
Seine Kollegin Elisabeth Ohlhäuser, die Restaurantfachfrau werden will, sieht das ganz ähnlich: „Es ist nicht in Ordnung, dass wieder unsere Branche leiden muss.“ Den ersten Lockdown hat sie unter anderem damit verbracht, in einem fast leeren Hotel („ein komisches Gefühl“) Zimmer zu reinigen und Vorräte aufzufüllen, und das „beschäftigt mich auch jetzt wieder“. Ohlhäuser hat nach der Fachhochschulreife zunächst ein halbes Jahr in einem kleineren Hotel in Chile gearbeitet und festgestellt: „Das ist, was ich gerne machen möchte“. Beim „Erbprinz“ strebt die Pforzheimerin noch die Zusatzqualifikation Hotelmanagerin an. Sie hofft, dass Corona die Ausbildung nicht „weiter ausbremst“ , womöglich sogar Prüfungen auf dem Spiel stehen.
Wir übernehmen gerne tüchtige junge Leute.Carolin Dörner, Direktorin im „Erbprinz“
Carolin Dörner, Direktorin des „Erbprinz“ und damit rechte Hand von Patron Bernhard Zepf, ist zwar für den Nachwuchs im Haus grundsätzlich optimistisch. „Wir übernehmen gerne tüchtige junge Leute, weil es in unserer Branche eine hohe Fluktuation bei den Arbeitskräften gibt.“ Sie lässt aber zugleich keinen Zweifel daran, dass „ständiges Öffnen und dann wieder Schließen“ auf Dauer nicht verkraftbar sei.
Nach einem „erfolgreichen Terrassengeschäft im Sommer hatten wir auch wieder viele Buchungen für die Vorweihnachtszeit“. Die seien jetzt hinfällig. Firmen- und Familienfeiern seien abgesagt, und für Weihnachten wie Silvester „sind wir sehr skeptisch“. Der „Erbprinz“ habe normalerweise über die Feiertage mindestens 80 Prozent seiner 120 Zimmer belegt, die Restaurants seien komplett voll. 2020 ist das anders: Die mehr als 100 Beschäftigten machen – mit Ausnahme der Azubis – wieder Kurzarbeit. Wann sich das ändert, weiß derzeit keiner.
Prüfungsvorbereitung während des Lockdowns
Noch die Prüfung zur Restaurantfachfrau hinter sich bringen muss Carol Besler aus Grünwettersbach. Sie nutzt den Lockdown unter anderem dafür, zu büffeln, und hofft, wie vorgesehen im Frühjahr ihren Abschluss machen zu können. Feste Pläne für die Zeit danach hat sie schon: „Ich gehe neun Monate nach Südkorea, will dort als Barrista arbeiten und die Sprache lernen.“ Keine so konkreten Pläne für die Zeit „danach“ hat dagegen Stefanie Ijspeert , die an der Dualen Hochschule BWL, Hotellerie und Tourismus studiert, abwechselnd dort und im „Erbprinz“ präsent ist.
Das Studium geht derzeit nur digital. Während des erneuten Lockdowns ist sie im Hotel mit dem Housekeeping beschäftigt, macht Pläne für die Zimmermädchen und steht auch mal an der Rezeption. Sie sei bislang ganz gut mental durch die Corona-Krise gekommen, auch „weil unser Team hier passt und die Atmosphäre familiär ist“. Sorgen hat sie dennoch. Die gebürtige Holländerin fürchtet, dass nach der Pandemie „viele Arbeitskräfte auf dem Markt, aber viele Gastrobetriebe nicht mehr am Start sind“.