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Geflohene unterrichtet Flüchtlinge

Deutsch lernen mit einer Ukrainerin in Bad Herrenalb

In ihrer ukrainischen Heimat arbeitet Julia Fitas als Deutschlehrerin. Gut zwei Monate lang war das alte Schulhaus in Herrenalb ihr Klassenzimmer. Wenn sie jetzt zurückkehrt in die Nähe der ukrainisch-ungarischen Grenze, fällt ihr der Abschied schwer.

Deutschkurs: In der alten Schule in Bad Herrenalb drücken Erwachsene zwischen 28 und 70 Jahren die Schulbank. Anita Müller-Friese (Mitte) erklärt den ukrainischen Schülern die neue Struktur der Unterrichtseinheiten, die sie gemeinsam mit Linda Vaas (rechts) abhalten wird. Lehrerin Julia Fitas (links) kehrt wieder zurück in ihre ukrainische Heimat.
Deutschkurs: In der alten Schule in Bad Herrenalb unterrichten Anita Müller-Friese (Mitte) und Linda Vaas (rechts) Erwachsene zwischen 28 und 70 Jahren. Lehrerin Julia Fitas (links) kehrt wieder zurück in ihre ukrainische Heimat. Foto: Sabine Zoller

Als Julia Fitas vor ihren Schülern steht und ankündigt, dass sie zurückkehrt in ihre ukrainische Heimat, wischt sie eine Träne aus dem Auge. Der Abschied fällt schwer. Mehr als zwei Monate lang hat die junge Mutter im alten Schulhaus von Herrenalb andere Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutsch unterrichtet.

In ihrer Heimat arbeitet sie als Deutschlehrerin an einer Schule. Jetzt sei es an der Zeit, wieder zurückzukehren ins knapp 1.300 Kilometer entfernte Mukatschewo in der Westukraine nahe der ungarischen Grenze. „Ich habe Heimweh und meine Kinder wollen endlich wieder ihren Vater sehen“, sagt Fitas.

Fitas habe man es zu verdanken, dass Anfang April der Deutschunterricht für Flüchtlinge aus der Ukraine faktisch „aus dem Boden gestampft“ wurde, sagt Anita Müller-Friese, die den Unterricht zusammen mit Fitas und einer weiteren Ehrenamtlichen organisiert.

Zweimal wöchentlich bieten sie kostenlose Unterrichtseinheiten für Anfänger und Fortgeschrittene an. Müller-Friese, Pfarrerin in Rente und promovierte Privatdozentin an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, betont das Engagement der Ukrainerin. Fitas hatte zu Beginn des Krieges mit ihren Kindern das Land verlassen und sich als ausgebildete Lehrerin in Herrenalb der Flüchtlinge angenommen. „Ihr Wissen als Deutschlehrerin hat uns enorm vorangebracht“, sagt die Privatdozentin und betont: „Sie hat das freiwillig gemacht und ohne einen Cent zu bekommen.“

Andrey Tarason stammt aus Kiew und sitzt nun als Rentner gemeinsam mit seiner Frau im Unterricht. Bei Fitas’ Abschiedsworten nickt er. Tarason sagt: „Auch wir wollen wieder zurück, sobald es die Situation in der Ukraine erlaubt.“

Auch 70-Jährige sitzen im Klassenzimmer

Doch zunächst heißt es für die Schüler im Alter zwischen 28 und 70 Jahren, Vokabeln und Grammatik lernen und sich in der neuen Heimat einzuleben.

Die Kontakte zu den wissbegierigen Schülern sind geknüpft.
Linda Vaas, Nachhilfelehrerin

„Wir hatten einen Superstart mit Julia“, sagt Linda Vaas, als Nachhilfelehrerin tätige Germanistin auf dem Dobel, wie Müller-Friese im Ehrenamt. Vaas spricht von einem eingespielten System. „Das alles haben wir Julia Fitas zu verdanken. Die Kontakte zu den wissbegierigen Schülern sind geknüpft, nun können wir alles weiterführen.“

Für Zhanna Burym und ihren Mann Serkii Koshanskyi aus Kiew ist Deutsch der Schlüssel zur Integration in Deutschland. Er und seine Frau wollen schnellstmöglich einen Job finden. Ihre beiden Kinder, elf und zwölf Jahre alt, lernen auch schon in einer Vorbereitungsklasse in Karlsruhe Deutsch. „Ohne Sprachkenntnisse können sie an einem normalen Unterricht ja überhaupt nicht teilnehmen“, erklärt Koshanskyi auf Englisch.

Auch ein Formular taugt als Lektion

Ein festes Lehrwerk gibt es nicht, berichtet Vaas. „Vieles ergibt sich direkt beim Unterricht.“ Zum Beispiel hat sie einem Schüler in den vergangenen Tagen beim Ausfüllen eines Formulars geholfen.

Nun ist der Blanko-Antrag spontan Inhalt der Nachhilfe. „Es hapert an den Deutschkenntnissen, also sind wir die einzelnen Positionen durchgegangen und haben die Begriffe erklärt.“

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