Die Baugemeinschaft Ettlingen sieht schwierige Zeiten auf sich und die Branche überhaupt zukommen. Das wurde bei der Vertreterversammlung am Montagabend in den Reden von Aufsichtsratsvorsitzendem Axel Münch und Vorstand Thomas Müller deutlich.
Vor 33 Vertretern im Tagungsraum der Buhlschen Mühle betonte Münch eingangs, die Baugemeinschaft werde trotz aller Probleme wie steigenden Preisen, Materialmangel, aber auch Neubelastungen der Arbeit durch den Gesetzgeber weiter daran festhalten, bezahlbaren Wohnraum für eine breite Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, auch wenn derzeit im Neubau die Herstellungskosten für einen Quadratmeter auf rund 5.000 Euro steigen.
Das wirke sich auch auf die Mieten aus, was manche Mieter in Zahlungsschwierigkeiten bringe. Zudem sei durch den Mangel an Handwerkern „so manche Wohnung, die eigentlich dringend gebraucht wird“, nicht gebaut worden. Sein Appell ging an die Städte und Gemeinden, Bauland zu akzeptablen Preisen bereitzustellen. Zudem gelte es, den Klimawandel ernstzunehmen und vor allem ressourcenschonend zu agieren.
Es geht auch um den sozialen Frieden.Axel Münch, Aufsrichtsratsvorsitzender
„Wir haben genug Dächer für Photovoltaik, aber zu wenig Flächen für Weizenanbau“, sagte Münch und kritisierte damit die Nutzung von Ackerflächen für Photovoltaik. Die Inflation im Baugewerbe sei enorm, die Baukosten seien um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Münch sieht „die Politik mit in der Verantwortung, Lösungen zu finden, denn es geht auch um den sozialen Frieden“.
Vorstand Thomas Müller sagte in seinem Bericht zum Geschäftsjahr 2021, dass es coronabedingt „nicht immer einfach war, den gewohnten Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten“. Deshalb müsse auch die Digitalisierung vorangetrieben werden. Es sei das Ziel der Baugemeinschaft, durch energetische Sanierungen bis 2040 klimaneutral zu sein. Dafür müssten rund 25 Millionen Euro aufgewendet werden.
Durch den Ukraine-Krieg habe sich das Tagesgeschäft verändert durch enorm gestiegene Kosten für Grundstücke, Energie, Material und Dienstleistungen. Eine Kaltmiete von 15 Euro reiche dann nicht mehr aus und „zu allem Übel hat die Bundesregierung auch noch die Förderprogramme der KfW verschärft“. Die Förderquote habe sich halbiert. Die Baugemeinschaft, so Müller, werde sich aus all diesen Gründen von der Neubautätigkeit verabschieden, nur ihren Wohnungsbestand im Interesse der Mieter modernisieren und in gutem Zustand erhalten.
Mieter müssen sich auf Mieterhöhungen einstellen
Noch stehe die Baugemeinschaft gut da, die Durchschnittskaltmiete liege bei sehr niedrigen 7,08 Euro pro Quadratmeter, gegenüber 2020 mit 6,96 Euro geringfügig erhöht. Aber wegen der Gegebenheiten müssten sich die Mieter auf Mieterhöhungen einstellen, was kommuniziert worden sei. Einige hätten deshalb schon ihre Vorauszahlungen erhöht.
Größtes Investitionsprojekt der Baugemeinschaft sei derzeit der Neubau an der Ecke Durlacher Straße und Steigenhohlstraße, mit 52 Wohnungen und einer Gewerbeeinheit, die alle bereits vermietet sind. Das Projekt soll Ende August komplett fertig sein. In Grötzingen wurde der Bau von drei Reihenhäusern in der Gustav-Hoffmann-Straße wegen enorm gestiegener Baukosten zurückgestellt und auch der Neubau in der Eugen-Kleiber-Straße mit 22 Mietwohnungen und einem Kindergarten werde nicht realisierbar sein, eine abgespeckte Lösung werde gerade untersucht, so Müller.
2021 wurden in Modernisierung und Instandsetzung des Altbestandes 1,85 Millionen Euro investiert, unter anderem in Ettlingen-West in der Hohewiesenstraße und im Odertalweg. Der Wohnungsbestand blieb 2021 unverändert bei 983 Wohnungen, hinzu kommen 2022 die 52 Wohnungen an der Durlacher Straße. Die Betriebskosten sind von 2,11 auf 2,36 Euro gestiegen, hier rechnet Müller aber wegen der steigenden Gaspreise von 400 bis 800 Prozent „mit einem enormen Preisanstieg“.
Jahresergebnis schließt mit einem Gewinn ab
Die Zahl der Mitglieder ist um 189 auf 3.850 gestiegen. Zu den Finanzen: Das Geschäftsguthaben liegt bei 5,7 Millionen Euro, das Anlagevermögen hat sich um 4,25 Millionen auf 73,77 Millionen erhöht, die Bilanzsumme beträgt 77,3 Millionen und die Verbindlichkeiten betragen 57,74 Millionen Euro.
Das Eigenkapital ist gegenüber 2020 leicht um 180.000 Euro auf 18,08 Millionen Euro gesunken. Das Jahresergebnis 2021 schließt mit einem Gewinn von 47.227 Euro ab, „ein positives Ergebnis, weil die Investitionen von rund einer Million in Ettlingen-West berücksichtigt werden müssen“, so Müller. Ihren Mitglieder zahlt die Baugemeinschaft eine Dividende von vier Prozent.
Von der Vertreterversammlung wurden die Berichte und der geprüfte Jahresabschluss einstimmig gebilligt, ebenso Vorstand und Aufsichtsrat entlastet. Einstimmig wurden Anja Wurm und Jürgen Schuhmacher aus Grötzingen für eine weitere Legislaturperiode im Aufsichtsrat bestätigt.