Hans Bretz hat die Nase voll. Der Ettlinger ärgert sich seit vielen Monaten über den Müll in der Einfahrt des Hauses Baptist-Göring-Straße 4. Dort wohnt der stadtbekannte Flaschen-Sammler Gerhard Strobel, schichtet Dosen, Einweg- und Pfandflaschen in unzähligen Tüten auf. Dazu liegt Papier,allerhand Plastik und das eine oder andere Fahrrad rum.
Die ganze Einfahrt ist voll, ein Durchkommen zur Haustür fast unmöglich. Das Problem für Bretz: Er bebaut das Grundstück Baptist-Göring Straße 6, der Rohbau ist so gut wie fertig.
Als der 80-Jährige vorige Woche bei einem Baustellentermin feststellen musste, dass Strobels Sammelleidenschaft auf sein Erdgeschoss übergegriffen hatte, sich dort Tüten mit Flaschen und Dosen, zwei Regenschirme und ein altes Fahrrad stapelten, riss ihm der Geduldsfaden: Kurzerhand zog er den Blaumann an, setzte eine Maske auf, trug die Hinterlassenschaft seines Nachbarn nach draußen und deponierte sie vor dessen Hofeinfahrt.
Ich lasse mir das nicht länger gefallen.Hans Bretz, Bauherr
„Für mich ist die Grenze des Erträglichen jetzt überschritten, ich lasse mir das nicht länger gefallen”, sagt Bretz zu den BNN. . Über viele Monate hinweg habe er Strobel immer wieder - „schriftlich und höflich” - gebeten, seine „Müllansammlungen in einem Wohngebiet” zu beseitigen. Geschehen sei gar nichts. Schon in der Zeit, als noch das alte Haus auf dem Grundstück Nummer sechs stand, habe der Nachbar die Situation genutzt und dort seine „Deponie” vergrößert. „Dass ich jetzt aber auch in meinem Neubau Unrat vorfinde, das geht zu weit.”
Anwalt kündigt Strafanzeige an
Bretz hat zum einen den in Ettlingen beheimateten Rechtsanwalt Winfried Rehm eingeschaltet, zum anderen die Stadt informiert, auf dass sie „hier einschreitet”. Um sein Anwesen hat er einen Bauzaun gestellt, der jetzt abends abgeschlossen wird. Rehm kündigt an, es werde eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch geben, sollte man ein weiteres Mal volle Tüten und mehr im oder am Haus entdecken.
Es sei zwar schön, dass der Nachbar Wertstoffe für gute Zwecke sammele, aber erstens könne er sie zeitnah aus seinem Hof wegschaffen und zweitens „bitte nicht auf dem Grundstück meines Mandanten lagern”.
An der Sammelwut scheiden sich die Geister
An Gerhard Strobels Sammelwut scheiden sich die Geister in Ettlingen seit langem. Während die einen es gut finden, dass sich einer in unserer Wegwerfgesellschaft ums Recycling kümmert und den Erlös aus Flaschen- und Dosenabgabe spendet, sprechen andere schlicht davon, dass da ein „Messi” wohne, der das Straßenbild verschandele.
Der 68-Jährige vormalige Lehrer ist fast jeden Abend mit seinem Rad im Stadtgebiet unterwegs und sammelt Leergut ein. Den Ärger seines Nachbarn Bretz versteht er nicht. Als ihn die BNN dazu befragen, sagt er nur, er habe halt zusätzlichen Platz gebraucht und im Rohbau „nur mal was kurz zwischengelagert”.
Bürgerwehr half voriges Jahr bei Entsorgung
Eigentlich sei im Frühjahr eine weitere Aktion der Ettlinger Bürgerwehr in der Baptist-Göring-Straße 4 geplant gewesen. Die Ehrenamtlichen halfen Strobel im April 2019 schon einmal publikumswirksam dabei, seinen Hof freizuräumen. Sie schafften das Leergut in einem Zwölftonner nach Busenbach zu einem Getränkehändler, der sich um Entsorgung und Pfandabwicklung kümmerte.
„Wegen Corona hat sich das dieses Jahr verschoben”, so Strobel. Seinen Worten zufolge fließt der Pfanderlös stets an unterschiedliche Organisationen und Einrichtungen - mal an die Kriegsgräberfürsorge, mal an ein Pflegeheim, mal an ein Kinderhospiz.
Wir können als Verwaltung wenig machen.Moritz Heidecker, Bürgermeister in Ettlingen
Ettlingens Bürgermeister Moritz Heidecker, der für Sicherheit und Ordnung in der Stadt zuständig ist, kennt die Problematik in der Straße nahe dem Ettlinger Horbachpark. Er sagt aber, solange von Strobels Ansammlung keine gesundheitliche Gefahr ausgeht, „können wir als Verwaltung wenig machen und nicht einmal das für Müllentsorgung zuständige Landratsamt beauftragen”. Natürlich sei die Situation optisch unschön. Er verstehe den Ärger darüber.
Es handele sich aber um einen nachbarschaftlichen Streit, den die Beteiligten juristisch miteinander austragen müssten. Die Stadt sei hier nicht zuständig, sie schicke jetzt nur regelmäßig den Kommunalen Ordnungsdienst vorbei. Rattenfallen habe man bereits aufgestellt, nachdem Bauherr Bretz über Ratten auf der privaten Mülldeponie geklagt hatte.
In einer E-Mail an Bretz mutmaßt Heidecker überdies, das Pfandgut im Neubau stamme von den „dort tätigen Bauarbeitern” und nicht vom Nachbarn. „Ganz sicher nicht”, hält Generalunternehmer Ulrich Schäfer dagegen und sagt kopfschüttelnd: „So etwas wie hier habe ich noch auf keiner Baustelle erlebt.”