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Schlechtestes Ergebnis des Finanzamts seit 2012

Corona lässt in Ettlingen Steuereinnahmen auf breiter Front wegbrechen

Jahrelang Rekord um Rekord, 2020 der Absturz: Die Steuereinnahmen im Finanzamt Ettlingen sind um 125 Millionen Euro zurückgegangen. Der Schuldige ist klar: die Corona-Pandemie.

Früher Kirche, inzwischen Finanzamt: Die ehemalige St. Erhard Kirche wird heute vom Finanzamt Ettlingen genutzt. Die Fassade wird saniert, Fenster sind schon  ausgetauscht.
Früher Kirche, inzwischen Finanzamt: Die ehemalige St. Erhard Kirche wird heute vom Finanzamt Ettlingen genutzt. Die Fassade wird saniert, Fenster sind schon ausgetauscht. Foto: Heidi Schulte-Walter

Corona hinterlässt Spuren - auch im Ettlinger Finanzamt. Dessen wechselnde Chefs vermeldeten über Jahre hinweg ein Rekordergebnis nach dem anderen und stetig kräftiger sprudelnde Steuereinnahmen.

Damit ist es zunächst mal vorbei. 2020 brachen die Steuereinnahmen in Ettlingen und im südlichen Landkreis Karlsruhe deutlich erkennbar ein. Sie fielen von gut 968 Millionen Euro auf rund 843 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Das ist ein Rückgang von fast 13 Prozent.

Der Einbruch geht klar auf Corona zurück.
Jürgen Zimmermann, Finanzamtschef

Damit liegt das Steueraufkommen auf dem Niveau von 2012, als die Finanzverwaltung von 843,4 Millionen Euro berichtete. „Der Einbruch geht ganz klar auf Corona zurück“, sagt Jürgen Zimmermann, der im Sommer 2020 die Leitung der Behörde in der Pforzheimer Straße übernommen hat. Ein Blick auf die wichtigsten Steuerarten zeigt, dass die Einnahmen praktisch überall rückläufig waren.

Jeweils zehn Millionen Euro weniger Lohn- und Einkommensteuer

Bei der Lohnsteuer etwa wurden gut neun Millionen Euro weniger verbucht als 2019, bei der Einkommensteuer waren es sogar mehr als zehn Millionen Euro weniger. Das Ettlinger Finanzamt dürfte mit dieser Entwicklung nicht alleine stehen: Erst dieser Tage vermeldete das Statistische Bundesamt, dass die Arbeitnehmer in Deutschland erstmals seit 2007 bedingt durch die Pandemie weniger verdient haben. Konkret: Die Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen sanken um durchschnittlich um 0,6 Prozent.

Mehr Menschen als in den Jahren vor Corona waren von Kurzarbeit betroffen. Sie müssen Zimmermann zufolge jetzt eine Steuererklärung machen, weil es sich um eine Lohnersatzleistung handelt. Die wird zwar grundsätzlich nicht besteuert, genauso wenig wie die Zuzahlungen des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld bis zu einer gewissen Grenze.

Nachträglich werde sie aber zum regulären Arbeitslohn hinzugerechnet. Zimmermann: „Das bedeutet, dass der persönliche Steuersatz ansteigt und damit eine Steuernachzahlung erforderlich werden kann.“

Größter Einbruch bei der Mehrwertsteuer

Abwärts ging’s im Finanzamt Ettlingen auch bei der Körperschaftsteuer, die von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, kurz GmbH, bezahlt wird. Hier betrug der Rückgang 18 Millionen Euro. Am meisten ins Kontor schlug aber das Minus bei der Umsatzsteuer, landläufig eher als Mehrwertsteuer bekannt: Hier schrumpften die Einnahmen um sage und schreibe 83 Millionen Euro.

Für Zimmermann „keine wirkliche Überraschung“. Zum einen wirke sich die vom Gesetzgeber beschlossene mehrmonatige Senkung der Mehrwertsteuersätze aus, zum anderen sehe man hier, dass coronabedingt weniger konsumiert wurde. Keine Ausgaben im Restaurant und im Einzelhandel wegen der Lockdowns, weniger Bereitschaft zu Anschaffungen.

Geld fließt weiter in „Betongold“

Als eine der ganz wenigen Steuern stieg 2020 die Grunderwerbssteuer, und zwar um rund eine halbe Million Euro von 21,9 auf 22,5 Millionen Euro. „Betongold ist für die Menschen auch in Corona-Zeiten eine wichtige Form der Geldanlage“ kommentiert der Behördenchef.

Wenngleich im Ettlinger Finanzamt dazu keine spezifische Statistik geführt werde, könne er doch sagen, dass „wir viele Anpassungen bei den Steuervorauszahlungen hatten“. Das gelte sowohl für die Einkommensteuer als auch für die Gewerbesteuer. Von letztgenannter profitiert direkt die Kommune, in der der jeweilige Betrieb sitzt.

Ettlingens Kämmerer Uwe Metzen bestätigt das: 2020 seien nur 24,5 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen an die Stadt geflossen statt der kalkulierten 39 Millionen Euro. „Wir waren daher fürs Haushaltsjahr 2021 vorsichtiger und haben mal 34 Millionen Euro Gewerbesteuer angesetzt“, so Metzen.

Durchschnittliche Bearbeitungszeit von 41 Tagen

Derzeit werden im Ettlinger Finanzamt, das im Jahr etwa 43.000 Steuerveranlagungen macht, noch keine Erklärungen für 2020 bearbeitet, weil die erforderlichen EDV-Programme noch nicht freigeschaltet sind. Zimmermann berichtet, dass sein Amt mit einer Bearbeitungszeit von 41 Tagen (2018: 49 Tage) besser dastehe als der Durchschnitt der Finanzämter im Einzugsgebiet der Oberfinanzdirektion Karlsruhe.

Gut 73 Prozent der Einkommensteuererklärungen gehen inzwischen elektronisch ein, bei den Arbeitnehmerveranlagungen sind es 65 Prozent- Tendenz weiter steigend. Im Finanzamt Ettlingen sind derzeit 114 Männer und Frauen beschäftigt, viele nutzen seit Corona das Homeoffice. 26 junge Leute sind Azubi für den mittleren und den gehobenen Dienst.

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