„See you next week“, sagt Dozentin Annette Brendel in die Runde. „I hope so“, kommt es von einem Pult zurück. Gerade ist die erste Englischstunde für Fortgeschrittene im neuen Semester der Ettlinger Volkshochschule um. Die Teilnehmerinnen – Männer sind an dem Vormittag Fehlanzeige – hoffen in der Tat, dass ihr Unterricht in den nächsten Wochen nicht wieder unterbrochen wird, sondern sie bis Weihnachten ihren „ Jour fixe“ im Gebäude Pforzheimer Straße haben.
Im März war der VHS-Betrieb coronabedingt komplett zum Erliegen gekommen. Wie in anderen Bildungsstätten ging dort bis zum Sommer nichts mehr.
Ich habe mich nach so langer Pause richtig auf den Unterricht gefreut.Eine Englischkurs-Teilnehmerin aus Ettlingen
„Ich habe mich richtig auf den Unterricht nach so langer Pause gefreut“, erzählt eine Teilnehmerin aus Ettlingen. Seit 2016 lerne sie regelmäßig Englisch, die meisten „Mitstudentinnen“ seien inzwischen „gute Bekannte“. Von Straubenhardt hergezogen ist eine andere Frau, die ebenfalls Englisch für Fortgeschrittene belegt. Sie findet es „ganz wichtig, dass wieder Unterricht in kleinen Gruppen stattfinden kann“ und hofft, „dass das auch so bleibt“.
Die Zwangspause war auch für Dozenten hart
Lehrerin Annette Brendel, die an den Volkshochschulen Karlsruhe und Ettlingen Verpflichtungen hat, spricht von „harten Monaten“, die hinter ihr liegen. Sie hat ihre Schülerinnen und Schüler vermisst und finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. „Keine Kurse, keine Honorar“, bringt sie es auf einen knappen Nenner. Damit sei sie nicht allein. Eine Annonce für Privatunterricht in den Sommerferien habe nicht den gewünschten Erfolg gebracht, so dass sie den Neustart der Volkshochschulen wirklich herbeigesehnt habe.
Die Teetasse beim Yoga muss jeder selbst mitbringen
Ein paar Klassenzimmer entfernt bereitet Yogalehrerin Dorothea Schmidt ihre erste Stunde vor. In der Mitte des Raumes stehen eine Kerze und Blumen, die Atmosphäre ist entspannt. Tee hat Schmidt für die Kursteilnehmerinnen in Thermoskannen dabei. „Jede muss ihre eigene Tasse mitbringen“, erzählt sie, währen die ersten Frauen mit Matten und Decken unterm Arm eintrudeln.
Eine von ihnen ist aus Malsch hergefahren und sagt: „Gemeinsames Yoga macht hat viel mehr Spaß, als wenn man zu Hause alleine vor sich hin übt.“ Die Corona-Zwangspause habe sie zwar auf diese Weise überbrückt, sei dann aber, als die Bäder wieder aufhatten, „lieber zum Schwimmen“ gegangen. Und jetzt eben wieder Yoga bei Dorothea Schmidt.
Unsere Gruppen sind kleiner und die Abstände größer.Attila Horvat, VHS-Leiter
Attila Horvat, seit Frühjahr Chef der Ettlinger Volkshochschule, und sein Team hatten im Vorfeld des neuen Semestern einiges an logistischer Arbeit zu bewältigen. Das fing beim Belegungsplan fürs Gebäude Pforzheimer Straße mit seinen 16 Unterrichtsräumen an und hörte beim Hygienekonzept auf. Insgesamt seien 280 Kurse im Angebot und damit zehn Prozent weniger als in der Zeit vor Corona. „Unsere Gruppen sind kleiner und die Abstände größer, es gibt Lüftungspausen und Desinfektionsmittel.“ 80 Prozent derjenigen, deren Kurs ab März entfiel, hätten sich für den Herbst/Winter eingeschrieben.
Kein Backen, Kochen, Schwimmen
Während beispielsweise bei den Sprachen und im Bereich Kreatives kaum Abstriche gemacht werden mussten, entfallen Back- und Kochkurse oder auch Tanzen und Schwimmen. Da die Kurse im zweiten Semester 2020 etwas kleiner und damit intensiver sind, hat die VHS Horvat zufolge die Gebühren um 15 Prozent erhöht.
„Kritik daran gab es praktisch keine“, berichtet Alice Reichert vom Sekretariat, wo die Anmeldungen liefen. Überwogen hätten „positive Rückmeldungen, dass wir wieder am Start sind“. Auch Horvat ist darüber froh, denn der Lockdown im Frühjahr hat seinem Haus ein Defizit von zusätzlich 60.000 bis 80.000 Euro beschert. Insgesamt liegt der VHS-Etat bei 800.000 Euro im Jahr, je 350.000 kommen über Kursgebühren herein und durch Zuschüsse der Stadt Ettlingen. 100.000 Euro fließen vom Land Baden-Württemberg.
Nachhaltigkeit als Thema 2021
Obwohl 2021 noch ein bisschen entfernt ist, laufen schon die ersten Vorbereitungen. Horvat will dann „auf jeden Fall“ sein Lieblingsthema Nachhaltigkeit angehen. Workshops und Vorträge zu: Wie wollen wir leben? Wie wollen wir reisen? Wie wollen wir uns künftig ernähren? seien geplant – immer vorausgesetzt, Corona macht nicht neuerlich einen Strich durch die Rechnung.