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Verlängerung des Lockdowns in Aussicht

Ettlinger Dehoga-Vertreter zur Öffnung der Gastronomie: „Wir glauben, dass es frühestens Mitte März wird“

Dass Restaurants und Geschäfte am 11. Januar wieder öffnen dürfen, hält in Ettlingen eigentlich keiner der Branchenvertreter für realistisch. Kritik äußern Einzelhändler an unterschiedlichen Regelungen zu Abholung von Waren in den Bundesländern.

Wie leergefegt: Die Ettlinger Leopoldstraße am zweiten Samstag nach Weihnachten.
Wie leergefegt: Die Ettlinger Leopoldstraße am zweiten Samstag nach Weihnachten. Das Umtauschgeschäft wäre eigentlich in vollem Gange. Foto: Julia Trauden

Am zweiten Samstag nach Weihnachten wären die Ettlinger Einkaufsstraßen normalerweise ziemlich voll. Mit Menschen, die Geschenke umtauschen, Gutscheine einlösen oder ihr Weihnachtsgeld ausgeben wollen. Doch an diesem ersten Samstag im Januar sind die Gassen im Vergleich wie leergefegt. Die Läden sind zu, an einigen hängen noch die Werbeschilder für den Weihnachtsverkauf, an anderen weisen Zettel auf Bestellmöglichkeiten per Telefon oder im Internet hin.

Bis zu 70 Prozent Rabatt auf Winterware

Catharina Golder packt mit ihrer Schwester im Modegeschäft „Claris my goldie“ in der Marktpassage 40 Kartons mit Winterware, auf die sie Anfang der Woche Prozente von 50 bis 70 Prozent verhängt haben. Auf Instagram haben sie für die Rabattaktion geworben. Die Produkte müssen raus, denn die nächste Kollektion für Frühjahr und Sommer steht in den Startlöchern. Mit den Lieferanten haben die Geschäftsführerinnen vereinbart, dass die Ware erst losgeschickt wird, wenn die Läden wieder öffnen dürfen.

Wir wären überrascht.
Catherina Golder, Inhaberin „Claris my Goldie“ zum Lockdown-Ende am 11. Januar

Dass das am 11. Januar sein wird, bezweifelt Catharina Golder. „Wir wären überrascht“, sagt sie. Sie hofft, dass es Ende Januar klappt. Die Winterware wird sie dann zwar nicht mehr los, aber immerhin läuft das Geschäft wieder an. Mit dem Online-Shop machen Golder und ihre Schwester nur bis zu zehn Prozent des üblichen Umsatzes, „und das ist dann schon gut“.

Härter würde ein verlängerter Lockdown Rita Gertz und Sabine König von der Boutique „Bella Scarpa“ treffen. Einen Online-Shop haben sie erst gar nicht eröffnet, weil sie nicht glauben, dass ihre Kunden das Angebot nutzen würden. „Die wollen die Sachen anprobieren, sich beraten lassen“, weiß Gertz.

Mit vielen Kundinnen ist sie per Du, das Geschäft hat sie seit 18 Jahren. Man kennt sich. Die Stammkunden sind auch der Grund, warum Gertz und König nicht aufhören wollen - trotz der schwierigen Situation. „Jeder Tag, der zu ist, kostet uns Geld. Und ich weiß nicht, wann die Hilfen kommen“, sagt Gertz.

Kritik an unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer

Mit den November- und Dezemberhilfen gibt es bei ihr wie bei Kollegen Probleme. Gertz hat gehört, dass es sogar bis März dauern könnte, bis die Zahlungen ankommen. Auf absehbare Zeit bleiben die Einnahmen also auf Null. Denn auch die Abholung von bestellter Ware im Laden ist, anders als in Geschäften in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg nicht erlaubt. Begründung: Es könnte zu Ansammlungen von wartenden Menschen kommen. Wenn Gertz vor ihre Ladentür blickt, kann sie die Vorgabe nicht nachvollziehen. „Auf dem Markt stehen sie Schlange an den Ständen, und hier darf niemand kommen.“

Jeder Tag, der zu ist, kostet uns Geld. Und ich weiß nicht, wann die Hilfen kommen.
Rita Gertz, Inhaberin Bella Scarpa Ettlingen

Die Modebranche sei vom Lockdown besonders hart getroffen, sagt Christian Rissel, Vorsitzender der Ettlinger Werbegemeinschaft und Inhaber von zwei Schuhgeschäften. Was in diesem Winter Trend ist, verkauft sich im nächsten Winter nur noch schwer. Mehrere Tausend Paar Schuhe muss der Unternehmer einlagern. Auch wenn er, wie er hofft, Ende Januar wieder öffnen darf, wird er sie wohl nicht mehr los. „Im Januar oder Februar geht das Interesse an Herbst- und Winterware gegen Null.“ Auf Hilfen wartet auch Rissel bislang vergeblich.

Ein „komplettes Versagen der Politik“ sieht Nikola Kovacic bei den Entschädigungszahlungen für Unternehmer, die vom Lockdown betroffen sind. Kovacic ist Inhaber des Restaurants „La Cubanita“ und Vorsitzender des Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) Ettlingen. Erst habe man den Gastronomen Hoffnung gemacht und sie motiviert, in Vorkehrungen für den Infektionsschutz zu investieren. Und dann hieß es doch: Ihr müsst schließen.

Außer-Haus-Verkauf bringt nur Bruchteil des Umsatzes

Mit einer baldigen Wiederöffnung rechnet Kovacic angesichts der weiter hohen Infektionszahlen nicht: „Wir glauben, dass es frühestens Mitte März wird“, spricht er für sich und andere Gastronomen. Im Dehoga Ettlingen sind laut Kovacic rund 30 Gastwirte vernetzt. Er selbst kann in seinem Laden durch den Außer-Haus-Verkauf nur einen Bruchteil des üblichen Umsatzes erwirtschaften. Freitags, samstags und sonntags gibt es im „La Cubanita“ Essen zum Abholen, sein Sohn liefert auch aus. Maximal 50 Essensbestellungen zählt der Gastronom an einem guten Wochenende. Im Restaurant hätte er im gleichen Zeitraum 200 Gerichte serviert.

Öffnung nach Fastnacht?

Bei Claudio Colle vom Eiscafé Tiziano am Ettlinger Schloss läuft der Außer-Haus-Verkauf von Kaffee und Kuchen „eigentlich ganz gut“. Trotzdem sieht er die Situation als sehr schwierig an. Wenn die versprochenen Hilfen weiter ausbleiben und die Restaurants und Cafés erst, wie er glaubt, nach Fastnacht wieder öffnen dürfen, „dann wird’s für viele eng“, sagt er. Und auch der Wirt des „Portobello“ würde sich über eine baldige Rückkehr zum Vollbetrieb freuen. Das Abholgeschäft mit Pizza und Pasta sei im ersten Lockdown besser gelaufen als jetzt. Es kämen einfach weniger Leute in die Stadt.

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