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Was sich geändert hat

Immer mehr Ältere suchen Rat in der Ettlinger Suchtberatung

Viele Jahre hat Elmar Hurle die Suchtberatungsstelle in Ettlingen geleitet, jetzt geht er in den Ruhestand. Zum Abschluss zieht er eine Bilanz und erklärt, warum Suchtkrankheiten heute anders behandelt werden.

Er geht: Elmar Hurle leitete zwölf Jahre lang die die AGJ-Suchtberatungsstelle in Ettlingen. Jetzt übergibt er die Leitung an eine junge Kollegin.
Er geht: Elmar Hurle leitete zwölf Jahre lang die die AGJ-Suchtberatungsstelle in Ettlingen. Jetzt übergibt er die Leitung an eine junge Kollegin. Foto: Julia Trauden

Nach 35 Jahren im Job, zwölf davon in Ettlingen, zieht Elmar Hurle einen Schlussstrich: Diese Woche hat der 63-Jährige seinen Schreibtisch in der Suchtberatungsstelle im Rohrackerweg geräumt.

Seit 2011 hat er dort Gespräche mit Suchtkranken und Angehörigen von Suchtkranken geführt und versucht, ihnen „ein besseres Leben“ zu ermöglichen, wie er es nennt.

Vollständige Abstinenz sei für dieses bessere Leben keine Voraussetzung, sagt Hurle, der eigentlich gelernter Maschinenschlosser ist, sich dann aber für ein Studium der sozialen Arbeit entschied.

Vielmehr geht es darum, der Sucht nicht mehr so viel Raum zu lassen im Leben. Etwa, indem die konsumierte Drogenmenge verringert wird: „Wenn einer zwölf Flaschen Bier am Tag getrunken hat und nach einer Beratung nur noch vier Flaschen täglich trinkt, dann hat er ein besseres Leben“, nennt Hurle ein einfaches Beispiel.

Alkohol ist das häufigste Suchtmittel

Der Blick auf Suchterkrankungen habe sich gewandelt, seit er 1988 einen Job in der Rehaklinik für Drogenabhängige in Freiolsheim angetreten hat. „Früher hat man gedacht, man macht einmal eine richtige Therapie und dann ist der Betroffene geheilt.“

Heute gehe es darum, „die Abstinenzzeiten auszuweiten und Konsumzeiten zu verringern“. Das sei eher realistisch, „obwohl es auch Leute gibt, die jahrzehntelang nicht trinken.“ Wichtig sei, die Menschen aus ihren gewohnten Strukturen zu holen, ihnen neue Freizeitmöglichkeiten und Joboptionen aufzuzeigen.

Wenn Hurle von Sucht spricht, dann denkt er meist an Alkohol. Denn dieser immer noch das häufigste Suchtmittel, gefolgt von Cannabis.

Wobei sich das Verhältnis verändert hat: „Früher kamen drei Viertel mit Alkoholproblematik in die Beratung“, heute nur noch etwas mehr als die Hälfte. Gleichzeitig sei der Anteil derjenigen mit einem Cannabisproblem auf 26 Prozent gestiegen.

Vor allem Männer betroffen – auch bei Glücksspiel- und Mediensucht:

Den Rest machten harte Drogen wie Kokain aus sowie Glücksspiel- und Mediensucht. Drei bis vier Menschen pro Jahr würden im Schnitt wegen pathologischen Glücksspiels in eine stationäre Therapie vermittelt, ein bis zwei Menschen wegen Mediensucht. In der Regel handele es sich bei letzteren um Männer, deren Alltag zum Beispiel von Computerspielen bestimmt wird.

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Männer machten etwa zwei Drittel der rund 600 Klienten aus, die die Suchtberatungsstelle Ettlingen laut Hurle jährlich betreut. Die Gesamtzahl der Beratungen sei zuletzt gestiegen.

Auffällig sei der Anstieg der Über-60-Jährigen, die in die Beratung kommen. Von 2015 bis 2021 hat er sich verdoppelt auf mehr als zehn Prozent. Deshalb hat die Beratungsstelle, die vom AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg getragen wird, das Projekt „Sucht im Alter“ ins Leben gerufen.

Auch Minderjährige kommen in die Suchtberatung

Die meisten Menschen, die in der Suchtberatungsstelle Hilfe suchen, sind jedoch zwischen 18 und 29 Jahren alt. Der Anteil der Minderjährigen in der Beratung lag 2021 bei 64. Acht Mitarbeiter – Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Psychologen – sind für die Klienten da.

Zum Angebot der Suchtberatungsstelle gehört auch das Betreute Wohnen für suchtgefährdete Mütter und ihre Kinder, das Elmar Hurle initiiert hat. „Für diese Frauen ist es ganz wichtig, dass sie aus ihrem gewohnten Umfeld rauskommen.“

Elmar Hurle weiß die Suchtberatungsstelle unter der neuen Leitung von Nina Gerich in guten Händen. Die 35-Jährige ist seit 2019 Teil des Teams und wird ihn an diesem Donnerstag ablösen, wenn er in die passive Phase der Altersteilzeit eintritt.

Was er im Ruhestand vorhat? „Ich werde erst mal etwas ausruhen und gucken, was für Impulse kommen“, sagt Hurle und fügt lachend hinzu: „Ich habe keine Befürchtungen, dass mir langweilig wird.“

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