Thomas Furrer ist frustriert. Der Grund: Das mitunter rücksichtslose Verhalten der Hundehalter – er nennt sie „Hundler“. Diesem Ärger macht der Landwirt in Ettlingen-Spessart an einem Sommertag bei einer holprigen Fahrt in seinem VW Iltis hinab ins Albtal Luft.
Denn der 56-Jährige erlebt es öfter, dass Hundehalter auf den Wegen an seinen Feldern unterwegs sind und die Tiere Haufen hinterlassen. Dann passiert es mitunter, dass der Kot liegengelassen wird – oder die Halter haben einen entsprechenden Beutel dabei, packen den Haufen ein und werfen anschließend alles zusammen in die Natur.
Im Albtal und in Spessart bewirtschaftet Furrer Wiesen und verdient sein Geld damit, Heu als Futter zu verkaufen. Außerdem betreibt der 56-Jährige eine Pferdespedition sowie ein Pferdehotel. Bei der Fahrt durch das Albtal zeigt er eine Wiese, die regelmäßig von Hunden und ihren Besitzern zertrampelt werde.
Auch das ist problematisch, da es dort, im Naturschutzgebiet, Blumen gibt, die wichtig für Insekten sind. Da Furrer Subventionen von der Europäischen Union erhält, um für Artenvielfalt zu sorgen, kann ein Rückgang der Insekten-Population dazu führen, dass er weniger Geld bekommt.
„Die ,Hundler’ sind so unwissend und lassen ihre Tiere sogar auf die Heuwiesen. Das Futter, das ich aus meinem Heu mache, ist aber ungenießbar, wenn da nur ein Hundehaufen drin ist. Wenn ich mit dem Traktor da reinfahre, habe ich den Haufen auch schnell auf 50 Meter verteilt“, erklärt Furrer nach der Rückkehr auf seinem Hof in Spessart. „Dann ist die Kacke nicht nur in einem, sondern in mehreren Heuballen. Und es gibt ganz Clevere, die den Haufen eintüten und anschließend auf die Wiese schmeißen. Dann wird auch noch die zerfetzte Tüte ins Heu gemischt.“
Landwirt Furrer beklagt Doppelmoral
Besonderer Feldschutz zwischen März und Oktober
Erschwerend kommt hinzu, dass Felder in den acht Monaten von Anfang März bis Ende Oktober besonders geschützt sind. Denn in der sogenannten Nutzzeit wird etwa gesät und geerntet. Deswegen ist das Betreten von landwirtschaftlich genutzten Flächen laut Landesnaturschutzgesetz verboten . Das gilt auch für Hunde.
Für Furrer und seine Kollegen kann die Verschmutzung sehr ernste Folgen haben: „Ein Kunde, der einmal Fetzen einer roten Hundekot-Tüte im Heu gefunden hat, kauft nie wieder bei dem Landwirt Heu.“ Wenn sein eigenes Futter verschmutzt wird, drohen dem 56-Jährigen wegen seines Pferdehotels noch gravierendere Konsequenzen. „Wenn ein Sportpferd, das 100.000 Euro wert sein kann, vom Heu eine Kolik kriegt, in die Klinik muss und eventuell stirbt, ist der Landwirt dafür haftbar“, führt Furrer, der selbst Hunde hat, aus.
Ich würde auch nicht einen halben Kilometer mit einer Hundekack-Tüte rumlaufen
Furrer zeigt zwar den Mülleimer für Hundekot inklusive Beutelspender am Rand des Weges, der zu seinem Hof und weiter zum Wald führt. Aber er sieht Verbesserungspotenzial: „Es müsste ein Kot-Mülleimer am Anfang des Weges stehen und einer am Wald. Ich würde auch nicht einen halben Kilometer mit einer Hundekack-Tüte rumlaufen.“
Stadt Ettlingen: Feldschützer kann nicht überall sein
Von offizieller Seite fühlt sich der 56-Jährige im Stich gelassen. „Ettlingens Motto ist: Der Bürger steht im Vordergrund, und die Landschaft soll Naherholungsgebiet sein“, verdeutlicht Furrer. Das kollidiere allerdings mit dem Landschaftsschutz und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU . „Nur niemand kontrolliert es, und wir Landwirte sind halt wenige“, gibt sich Furrer resigniert.
Die Stadt Ettlingen teilt hingegen mit, dass sie sich des Problems durchaus bewusst sei. Der Feldschützer sei in der gesamten Gemeinde unterwegs. „Er kann jedoch nicht überall sein“, heißt es weiter. Im Stadtgebiet seien zudem zahlreiche Kombibehälter – Mülleimer plus Beutelspender – aufgestellt. „Rücksicht wäre das Gebot der Stunde“, ergänzt die Stadt im Hinblick auf die Hundehalter.
Hundekot ist Dauerthema bei Verbänden
Auch bei den Interessensvereinigungen in Baden-Württemberg drehen sich viele Gespräche um Hundekot. „Das Thema ist ein Dauerbrenner bei uns“, sagt Ariane Amstutz, Pressesprecherin des Landesbauernverbandes (LBV). Ein Merkblatt, wie Hundehalter sich auf Feldwegen verhalten sollten, werde sehr häufig angefragt. Zwar gebe es Gegenden, wo mittlerweile weniger Haufen auf den landwirtschaftlichen Flächen lägen, etwa das Handschuhsheimer Feld in Heidelberg. Aber sehr optimistisch klingt Amstutz nicht, als sie erklärt: „Die Situation hat sich insgesamt nicht verbessert.“
Etwas anders bewertet Ulrich Reidenbach die Entwicklung. „Ich persönlich finde es furchtbar, dass Hundehalter ihre Tiere einfach in die Gegend machen lassen“, erklärt der 1. Vorsitzende des Landesverbandes für Hundewesen. „Wir stellen aber fest, dass die Entsorgung an den Orten, wo es genügend Beutelspender und Mülleimer gibt, recht gut funktioniert – und zwar in relativ kurzer Zeit.“
Reidenbach sieht hier auch die Gemeinden vor Ort in der Pflicht: „Wenn die Kommune nur Beutelspender aufstellt, aber der Mülleimer fehlt, tragen die Leute den Kot eine Zeit lang mit sich rum und irgendwann entsorgen sie ihn dann in der Natur.“
Sehr uneins sind die Verbände, was die Folgen von Hundekot in der Landwirtschaft angeht. Während der LBV auf einem Merkblatt schreibt, dass die Haufen dazu führen können, dass Rinder Fehlgeburten erleiden, sagt Reidenbach im Gespräch, dass das wissenschaftlich widerlegt sei.
Doktorarbeit über Hundekot
Tatsächlich gibt es eine Doktorarbeit aus dem Jahr 2014 über die Belastung von landwirtschaftlichen Flächen mit Hundekot , vorgelegt an der Universität Hohenheim. Darin schreibt die Verfasserin Stefanie Schnaufer, dass die „Wahrscheinlichkeit einer durch Hundekot assoziierten Infektion anderer Tiere oder des Menschen eher gering“ sei im Vergleich mit anderen Faktoren wie der Düngung mit Mist.
In ihrer Arbeit hat sie zudem untersucht, wie sehr landwirtschaftliche Flächen im Landkreis Böblingen, die nahe an Siedlungen und für Spaziergänger attraktiven Strecken liegen, mit Hunde-Fäkalien belastet sind. Schnaufer kommt auf einen Mittelwert von 346 Gramm pro 100 Quadratmeter.
Landwirt Thomas Furrer möchte Hundehalter sensibilisieren und wünscht sich in Zukunft in puncto Haufen und Spaziergänge mehr Rücksicht: „In Spessart gibt es nur zwei offizielle Feldwege. Ich habe nichts dagegen, wenn die Leute über die Graswege laufen, aber kreuz und quer – das muss nicht sein.“