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Liebe zum Standort und Nöte im Detail

Unternehmer aus dem Landkreis Karlsruhe beklagen starre Bürokratie und Neid

Was bewegt Mittelständler? Das sollte ein Unternehmertreffen in Karlsbad mit der Bundesvorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion zeigen. Tacheles geredet wurde etwa zu praxisfremden Gesetzen oder bürokratischen Hürden.

Ultraschallschweißen Demonstration
Elefantenschweißen: Geschäftsführer Thomas Herrmann (links) demonstriert Gitta Connemann (Mittelstands- und Wirtschaftsunion) und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Nicolas Zippelius, wie mit Ultraschalltechnik eine Plastikfigur zusammengefügt wird. Foto: Rainer Obert

Krisen, Krieg und Inflation waren unter anderem Thema eines Treffens mittelständischer Unternehmen, das Bundestagsabgeordneter Nicolas Zippelius (CDU) organisiert hat. Frei von der Leber weg sollten Firmenchefs aus dem Landkreis Karlsruhe im Gespräch mit der Bundesvorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), Gitta Connemann, über ihre Sorgen und Probleme reden können.

Und nahmen dabei kaum ein Blatt vor den Mund. Eher angenehm war vorab die Führung für Connemann bei Herrmann Ultraschalltechnik in Karlsbad, wo Firmenchef Thomas Herrmann als Gastgeber fungierte. „Es geht uns sehr gut“, betonte der direkt. Corona habe dem Maschinenbauspezialisten 2020/21 das erfolgreichste Geschäftsjahr überhaupt beschert.

Inzwischen sei man bei 120 Millionen Euro Umsatz angelangt. „90 Prozent aller Gesichtsmasken sind ultraschallgeschweißt“, klärte Herrmann auf. Auf 120 Millionen Euro wuchs der Umsatz.

Die CDU war in den vergangenen Jahren eine Enttäuschung.
Gitta Connemann, MIT-Bundesvorsitzende

Das Karlsbader Know-how in Form entsprechender Maschinen habe man schnell an Abnehmer in China liefern können, dann auch nach Italien. Deutschland sei zu träge gewesen. 620 Mitarbeiter hat das Unternehmen inzwischen, 500 davon am Sitz in Karlsbad-Ittersbach.

Die MIT als Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU hat mit der Bundestagsabgeordneten, wie sie betonte, ihre erste Frau an der Spitze. Die nicht mit CDU-Eigenkritik sparte. „Die CDU war in den vergangenen Jahren eine Enttäuschung.“ Man müsse dem Mittelstand wieder mehr Stimme geben, der durchschnittliche Betrieb zähle 13 Mitarbeiter. „Wir sind aus gutem Grund in der Opposition.“

Bürokratische Hürden und Neiddebatte

Bürokratische Hürden beklagte Landwirtschaftsmeister Günther Frank aus Kraichtal. Als Freigeist könne man schnell Probleme bekommen. „Die Leute machen das Maul nicht mehr auf“, beklagt Frank. Ein Widerspruch belaste ihn und seine Frau in der Landwirtschaft: „Ernährungssicherung ja, aber bitte nicht bei uns.“

Hinzu komme das schlimme Phänomen des Neids, wenn jemand Erfolg hat. „Da heißt es immer, die machen es nur wegen dem Geld.“ Tacheles sprach auch Mathias Kögel vom Metallteile-Produzenten Kögel mit 100 Mitarbeitern in Oberderdingen, dem der Fachkräftemangel und ebenso starre Bürokratie zu schaffen machen.

Bei Ausschreibungen, etwa vom Land, wünscht er sich Preisklauseln. Wie solle eine Firma zwangsweise feste Preiszusagen treffen für ein Projekt 2023/24? „Wer soll wissen, was bis dahin passiert?“, fragte Kögel.

„Es gibt die Spielräume in der Ausschreibung, aber niemand will angreifbar sein“, bemängelte Michael Hoffmann vom Ingenieurdienstleister FC-Gruppe mit Sitz in Karlsruhe. Gemünzt war dies auch auf Ausschreibungen von Kommunen. Teils fehle Wissen und Mut. Das Prinzip, dass der günstigste Bieter den Zuschlag bekommt, wurde in der Runde infrage gestellt.

„Verwaltungen können weitere Kriterien prüfen lassen“, so Hoffmann. Doch gehe die Angst um, vielleicht verklagt zu werden. Die Unternehmer hätten gerne das Schweizer Vergaberecht, das den zweitgünstigsten Bieter berücksichtige. „Das ist viel durchdachter.“ Zu billige Angebote bereiteten immer wieder Probleme.

Firmenchefs wünschen sich Praxistest für Gesetze

Der Schuh drückt ebenfalls beim Thema Arbeitszeiten und deren Erfassung. Hier müsse endlich flexibel gedacht werden, den Lebensrealitäten entsprechend. „Praxisfremd“, ließ Michael Hoffmann fallen und Mathias Kögel nannte das Beispiel einer Frau mit zwei Kindern, die eben von 8 bis 12 Uhr arbeiten wolle und gerne nochmals nach 20 Uhr.

Ohnehin, so manches Gesetz bestehe schlichtweg den Praxistest in der Wirtschaft nicht. Einen regelrechten Groll haben die Unternehmer gegen weltweite Giganten wie Apple, Amazon oder Google. Thomas Herrmann berichtete, man finde einfach keine Software-Entwickler.

Amazon grast im Moment alles ab.
Thomas Herrmann, Herrmann Ultraschalltechnik

„Amazon grast im Moment alles ab. Und wird in Deutschland kaum besteuert.“ Es tue einem deutschen Unternehmer weh, wenn ausländische Konzerne „Wettbewerbsvorteile in unserem eigenen Land“ genießen.

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