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Freundschaft mit Frankreich begießen

Schnuppern, trinken, fachsimpeln: „kein Zurück mehr“ beim Ettlinger Champagnerfest

Schnuppern, trinken, fachsimpeln: Champagner-Fans probieren sich in der Schlossgartenhalle in Ettlingen durch unterschiedliche Sorten. Und sie erklären, warum sie lieber Champagner statt Sekt trinken.

Martin und Ulrike Kaspar aus Esslingen beim Champagnerfest in der Schlossgartenhalle.
Zum Wohl: Martin und Ulrike Kaspar aus Esslingen stoßen in der Schlossgartenhalle auf die Kunst der Winzer aus der Champagne an. Foto: Stefan Proetel

„Ich habe Champagner im Blut!“, sagt Sophie Gonet, Winzerin aus Epernay. Sie lächelt, zuckt mit den Schultern und füllt einem Paar am Stand die Gläser auf. In der siebten Generation führt sie mit ihrem Mann Michel das gleichnamige Weingut.

Die dreieinhalb- bis vierstündige Fahrt zum Champagnerfest nach Ettlingen lohne sich: „Die Deutschen lieben Champagner“, sagt die Winzerin, die das aber nicht nur wirtschaftlich meint. „Es ist sehr schön, wenn die Leute Interesse an unserer Arbeit haben.“ Schließlich machten gerade die kleinen Betriebe von Anfang bis Ende der Produktion alles selbst – im Gegensatz zu den viel bekannteren Platzhirschen.

Sieben Winzer aus Epernay und Umgebung haben ihre Transporter mit dem prickelnden Inhalt bestückt und ihre Stände in der Schlossgartenhalle aufgebaut. Zum Schaulaufen französischer Winzerkunst sind am Sonntag auch die Champagner-Fans Ulrike und Martin Kaspar angereist.

Sie kommen aus Esslingen, haben vor Corona eine Reise nach Epernay unternommen und übernachteten dort auf dem Weingut von Guy Charbaut, der in der Schlossgartenhalle ebenfalls Kostproben seines Könnens in die Gläser der Besucher gießt.

Das Paar ist begeistert vom Angebot und der Möglichkeit, verschiedene Sorten zu probieren und ihr Wissen zu erweitern. Im Gespräch mit den Winzern erfahre man sehr viel über Rebsorten, Jahrgänge und Produktion.

Beim Ettlinger Champagnerfest muss man die Heimfahrt im Blick behalten

Bleibt die Frage, wer nach den Probierrunden das Auto ins Schwäbische zurücksteuert. „Kein Problem“, sagen die beiden, „wir trinken immer nur kleine Mengen“. Außerdem wollen sie erst abends heim, zuvor noch durch Ettlingen schlendern und einen Kaffee trinken. „Soll ja schön sein hier!“

Trotz Mittagessenzeit sind am Sonntag fast alle der Stehtische belegt. Paare und Grüppchen stellen dort ihre Gläschen ab. Sie führen sie regelmäßig zuerst in Richtung Nase, die die Aromen erschnuppert, dann zum Mund. Und hinterher nicken sie anerkennend – oder leicht kopfschüttelnd, wenn sie nicht so überzeugt sind. In die Halle zaubert Gisella Höchstötter mit ihrem Akkordeon den authentischen französischen Klangteppich. Es fällt leicht, sich entspannt den perlenden Köstlichkeiten zu widmen.

Das ist kein Alltagsgetränk und auch nichts für einen normalen Samstag- oder Sonntagabend.
Emilia Geiselhart, Champagner-Freundin aus Waldbronn

Sabine Süß findet, dass die Halle besser angenommen wird als die engeren Räume im Schloss. Der Geräuschpegel sei angenehmer, was der Kommunikation an den Ständen – oftmals in deutsch-französisch-englisch geführt – zugute komme. Die Leiterin des Amts für Marketing und Kommunikation der Stadt ist auch mit den Besucherzahlen „absolut zufrieden“: 850 Menschen haben an beiden Tagen den Weg in die Halle gefunden.

Zwei von ihnen sind Emilia und Klaus Geiselhart, die sich eher als Champagner-Anfänger bezeichnen, auch wenn sie schon einmal die Champagne bereist haben.

Klaus und Emilia Geiselhart aus Waldbronn beim Champagnerfest.
Kein Alltagsgetränk: Klaus und Emilia Geiselhart aus Waldbronn schenken sich zu besonderen Anlässen ein Gläschen Champagner ein. Foto: Stefan Proetel

Das Paar aus Waldbronn schenkt sich zu besonderen Anlässen wie Hochzeitstagen oder an Weihnachten gerne ein Gläschen ein. „Das ist kein Alltagsgetränk und auch nichts für einen normalen Samstag- oder Sonntagabend.“

Jeder Winzer bringe seinen eigenen Charakter in seine Champagner

Stammgast beim Champagnerfest ist eine Frau aus einem Ettlinger Stadtteil. Ihren Namen will sie zwar nicht in den Medien lesen, doch habe sie just vor 14 Tagen ihre letzte Flasche vom vergangenen Champagnerfest getrunken.

Nun werde es Zeit, die Vorräte wieder aufzustocken. Sie hat die Qual der Wahl. Jeder Winzer bringe seinen eigenen Charakter in seine Champagner hinein, beschreibt Sophie Gonet. Die Gonets legen Wert auf trockene Tropfen mit Charakter. Und es müsse nicht jedes Jahr gleich schmecken, findet die Winzerin – „ganz im Gegenteil!“.

Dass der Klimawandel eine Unmenge an Nachteilen hat, ist unbestritten. Beruflich muss und darf Sophie Gonet das etwas differenzierter betrachten.

Aufgrund der höheren Temperaturen könne sie die Trauben teilweise schon im August lesen, erzählt sie. Ihr Großvater ging damals Ende September/Anfang Oktober in die Lese. Der frühere Termin sei von Vorteil, weil die Trauben dann weniger Zucker haben. „Das ist einfach besser für uns“, erklärt die Winzerin.

Besucher betonen das Besondere

Zum Schluss die alles entscheidende Frage: Warum sollte man überhaupt Champagner statt Sekt trinken? „Sekt trinkt jeder“, so die Besucherin aus dem Ettlinger Stadtteil, „und manchmal ist das ein richtiger Fusel“.

Die Kaspars aus Esslingen argumentieren mit der Zunge der Kenner: „Champagner ist im Vergleich zu Sekt tiefer und runder im Geschmack.“ Den Unterschied allerdings müsse man sich erarbeiten. Habe man das getan, „dann gibt es kein Zurück mehr!“

Winzerin Sophie Gonet an ihrem Stand.
Winzerin in siebter Generation: „Ich habe Champagner im Blut“, sagt Sophie Gonet. Foto: Stefan Proetel

Und Sophie Gonet muss man diese Frage erst gar nicht stellen. Tut man es doch, kommt diese Antwort: „Champagner hat mehr Charakter, er ist viel eleganter!“

Ein Tipp der Winzerin mit dem Champagner im Blut: Champagner brauche Zeit. Deshalb: „Lieber warten, zwei bis drei Jahre alte Champagner haben zu wenig Geschmack.“ Wer mehr „Ausdruck und Charakter“ möchte, solle lieber zu mindestens fünf, besser zehn Jahre alten Flaschen greifen.

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