Vor rund 1.700 Jahren, am 3. März des Jahres 321, hat Kaiser Konstantin die Sonntagsruhe gesetzlich verankert – eine bedeutende Kulturleistung, von der die Menschen heute noch profitieren.
„Ausruhen“, „Zeit für andere haben“, „Spazieren gehen“, „Gemeinsam Sport treiben“ oder „Gottesdienst feiern“ sind Stichworte. Der gesetzliche Sonntagsschutz gilt bis heute.
„Der Sonntag muss arbeitsfrei bleiben“, sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Ettlingen/Malsch/Albtal. Da zögen auch in Ettlingen und Umgebung kirchliche und gewerkschaftliche Vertreter an einem Strang. Dies hätte vor Corona auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Aktionen gegen zu viele verkaufsoffene Sonntag zum Ausdruck gebracht.
Natürlich gebe es Dienstleistungen, die auch am Sonntag erbracht werden sollten, aber es sei nicht gut, wenn alles unter die Maxime wirtschaftlichen Handelns gestellt werde.
Gebot ist im Grundgesetz verankert
„Die gesetzliche Sonntagsruhe ist ein schönes Ritual“, meint Ettlingens Ehrenbürger und früherer Oberbürgermeister Erwin Vetter. Das im Grundgesetz verankerte Gebot der Sonntagsruhe sei zwar immer wieder einmal von einzelnen politischen Gruppen in Frage gestellt worden, aber er habe keine Befürchtung, dass es einmal in Deutschland abgeschafft werde.
Die breite Bevölkerung werde eine Grundgesetzänderung ablehnen, da sowohl in religiöser Hinsicht wie aber auch im Hinblick auf den Arbeitsschutz zu viel auf dem Spiel stehe. Das geltende Sonntagsgesetz habe für Familien einen großen Wert.
„Mir ist vor dem Hintergrund dieses Jubiläumstags klar geworden, wie wichtig die Sonntagsruhe, aber auch das in Baden-Württemberg geltende Sonntagsgebot ist“, sagt Martin Heringklee, Pfarrer der römisch-katholischen Kirchengemeinde Ettlingen-Stadt.
Für Christen sei die Sonntagsruhe schon deshalb eine Errungenschaft, weil sich viele frei von den Belastungen ihres Berufes in der Gemeinschaft treffen können. Der Sonntag als Tag der Ruhe sei schon für Christen deshalb schön, weil der erste Wochentag auch der Tag der Auferstehung Jesu sei.
Öffentliche Veranstaltungen erst ab 11 Uhr?
Aus säkularer Sicht habe für ihn die Sonntagsruhe eine enorme Bedeutung, weil in einer sich immer schneller drehenden Welt der Mensch eine regelmäßige Pause brauche. Ohne eine Struktur von außen seien nicht wenige Menschen verloren, weil sie keine Zeit mehr zu Entspannung hätten.
Er halte das gesetzliche Ruhegebot für gut: „Ich will nicht jeden Tag schon früh am Morgen einen Bagger oder Kran hören.“ Und ihn ärgere, wenn am Sonntag ein Nachbar Arbeitslärm verursache.
Gut findet er, dass an Sonntagen für viele die Möglichkeit bestehe, sich zu Sport und Spiel zu treffen. Aber grundsätzlich sei er auch wie mancher evangelische Kollege dafür, dass mit öffentlichen Veranstaltung erst nach 11 Uhr begonnen werden dürfe.
Ettlingens Oberbürgermeister Johannes Arnold ist ein großer Anhänger der Sonntagsruhe. Zunächst gehe es um eine vernünftige Rhythmisierung von Arbeit und Ruhe im Wochenverlauf. Der Sonntag sei besonders gut geeignet, sich mit der Familie und Freunden zu treffen. Als Christ sei der Sonntagmorgen für die Begegnung mit Menschen im Gottesdienst und der Gemeinschaft wichtig.
Zehn Prozent der Katholiken besuchen regelmäßig Sonntagsgottesdienste
Nach dem katholischen Kirchenrecht gibt es für die Kirchenglieder sogar die Sonntagspflicht, den Besuch des Gottesdienstes am Sonntag. Die Realität sei aber bei den meisten Kirchenmitgliedern eine andere, meint Pfarrer Roland Merz von der Seelsorgeeinheit Ettlingen-Land. Etwa zehn Prozent der Katholiken gingen noch regelmäßig in die Gottesdienste.
Dass es von kirchlicher Seite noch eine Sonntagspflicht gibt, sei manchen erst wieder bewusst geworden, nachdem Erzbischof Stephan Burger die Menschen von der kirchlichen Sonntagspflicht, sprich dem Besuch des Gottesdienstes, während der Corona-Zeit entbunden habe.
Wir brauchen verkaufsoffene Sonntage für mehr Kundenfrequenz.Christian Rissel, Werbegemeinschaft Ettlingen
Christian Rissel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft in Ettlingen, ist keineswegs dafür, die Geschäfte an allen Sonntagen in Ettlingen zu öffnen. Allerdings seien verkaufsoffene Sonntage für die Einzelhändler in Ettlingen enorm wichtig, um zusätzlich Kundenfrequenz zu den ganz normalen Öffnungszeiten zu bekommen.
Verkaufsoffene Sonntage als Vitaminstoß für den Einzelhandel
Rissel spricht dabei von maximal drei Sonntagen im Jahr, an denen der kleine Handel mit Hilfe von Events einen Vitaminstoß erhalte. Ihn ärgere, dass die Gewerkschaft Verdi so strikt gegen jede Öffnung sei und mancherorts Städte, die verkaufsoffene Sonntage veranstalteten mit Abmahnungen überziehe.
Zum Glück sei so etwas in Ettlingen noch nicht passiert. Und die Mitarbeiter der Einzelhandelsbetriebe freuten sich auch auf die wenigen verkaufsoffenen Sonntage, „weil es dann meist viel zu tun gibt“. Er würde sich bezüglich der verkaufsoffenen Sonntage eine gesetzliche Änderungen wünschen, die Städte und Einzelhändler Sicherheit gegen Abmahnungen gebe.
Markgraf verordnete Gottesdienstbesuch am Sonntag
Pfarrer i.R. Engelbert Baader hat zum Thema Sonntagsruhe in Ettlinger Archiven geblättert. So fördert er einen Erlass des katholischen Markgrafen Wilhelm von 1625 zutage, der die Menschen verpflichtete, den Gottesdienst am Sonntag zu besuchen.
Im Ettlingenweierer Kirchenbuch von 1724 sei die Vorschrift in einem Anhang noch zu lesen. In dem Dorf gab es einen Beauftragten, der jene Menschen, die nicht in den Gottesdienst gingen und vielleicht stattdessen dem Wirtshaus neben der Kirche einen Besuch abstatteten, aufschrieb.
Sie hatten dafür an den Markgrafen, auch für ihre etwaig von der Messe abwesenden Kinder, eine Strafe zu bezahlen. Pfarrer Augustin Kast schreibt im Ettlinger Pfarrbrief „Martinsglöcklein“ 1929: Bei einer Zählung der Gottesdienstbesucher an einem Sonntag im Frühjahr seien 3.645 Ettlinger in den Gottesdiensten anwesend gewesen. Dazu merkte der Geistliche an: „Es gibt 7.000 Katholiken in Ettlingen. Wo sind die Restlichen?“