Eines schickt Christina Rübenacker gleich vorweg: Im Wettrennen darum, wer von der Corona-Krise besonders betroffen ist, will die Leiterin des Familienzentrums Malsch nicht mitmachen. Zu oft habe sie diese Floskel schon gehört, ob nun über Friseure, über Gastronomen, über Eltern von Schulkindern.
Für Rübenacker steht fest: Alle sind beeinträchtigt, in welchem Ausmaß spielt für sie keine Rolle. Im Familienzentrum erreichen die 53-Jährige, die hier nur „Mimi“ genannt wird, jeden Tag Anrufe von Betroffenen.
Senioren, die sich einsam fühlen oder Angst davor haben, zu erkranken, frisch gebackene Mütter, die sich in ihrer neuen Rolle noch zurechtfinden müssen, Jugendliche, denen zuhause die Decke auf den Kopf fällt.
Kurse finden nur online statt
Normalerweise würden sie sich im Familienzentrum in der Villa Federbach treffen, zu dem ein Jugendhaus und ein Kindergarten zählen sowie die „Zwergenstube“ für die Betreuung von Kleinkindern, die aber vorübergehend stillgelegt wurde. Auch sonst herrscht in der Villa Federbach Stillstand.
In den Räumen, wo früher der Gymnastiktreff, die Yoga-Gruppe, oder die Rheuma-Liga zusammenkam, wo Kinder musizierten, spielten und tanzten, Einheimische und Zugewanderte sich bei Kaffee und Kuchen im Café International austauschten, ist jetzt gähnende Leere.
Kurse finden nur online statt. Das Programm im Jugendhaus beschränkt sich auf eine virtuelle Backstunde jeden Freitag, im Kindergarten läuft die Notbetreuung.
Ich komme viel schlechter an die Familien ran.Christina „Mimi“ Rübenacker, Leiterin des Familienzentrums Malsch
Rübenacker macht sich vor allem Sorgen um die Familien, denen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Bildungs- und Einkommensdefizite unter normalen Umständen schon schwer fällt. „Ich komme noch viel schlechter an sie ran“, sagt sie. „Vorher war der Kontakt da, weil man sich mal im Kindergarten gesehen hat, das ist jetzt nicht mehr der Fall.“
Kinder leiden unter Schlafproblemen
Die Eltern, die den Kontakt suchen, berichten davon, dass ihre Kinder Schlafproblemen haben, in Lethargie verfallen oder - im anderen Extrem - auffällig unruhig sind. Jeder leidet auf seine Art unter dem Lockdown. In den ersten Lebensjahren sei der Kontakt zu Gleichaltrigen besonders wichtig, sagt Christina Rübenacker: „Das soziale Lernen fängt sehr früh an. Ich glaube, dass viele Kinder aktuell in ihrer Entwicklung nicht optimal gefördert sind.“
Auch Jugendliche reagierten unterschiedlich auf die Einschränkungen: „Es gibt die, die möchten ausbrechen, und die, die sich zurückziehen und nur noch Computer spielen.“
Hoffen auf Öffnung im April
Und dann ist da noch die Gruppe der Senioren, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Familienzentrums mit Online-Angeboten bislang nicht erreichen. „Ganz viele fragen nach, wann sie endlich wieder zum Sport oder zum Seniorennachmittag kommen können“, berichtet Rübenacker.
Die Leistungsfähigkeit der Älteren nehme schnell ab, wenn sie keine Reize mehr hätten. „Sie rosten, bildlich gesprochen, ein.“ Viele hätten Angst, sich zu verletzten oder zu erkranken, ins Krankenhaus zu müssen und dort keinen Besuch zu bekommen.
Rübenacker könnte sich vorstellen, Online-Sitzungen mit den Senioren zu machen, vielleicht unter Anleitung und räumlich getrennt. So dass man sich endlich wieder sieht, wenn auch nur auf dem Bildschirm. Sie hofft auf eine Wiederöffnung des Familienzentrums im April 2021.
Online-Angebot im Überblick
Folgende Online-Angebote bietet das Familienzentrum Malsch: Krümelchencafé und Kugelbauchcafé für werdende Eltern und Eltern mit Kindern bis acht Monate, Krümelcafé für Eltern mit Kindern zwischen acht und 18 Monaten, „Eltern-Kind-Musik“ (Singen, Tanzen und Musizieren für Eltern/Großeltern mit Kindern von zwei bis drei Jahren), Kindertanz (vier bis sechs Jahre), „Schlagfertig - Trommeln fürs Leben“ (für Grundschüler, die Lust auf Musik haben, sich aber noch auf kein Instrument festlegen wollen), „Musik-Kids“ (Singen-Bewegen-Musizieren für Kinder von drei bis sechs Jahre), „Navi in die Ausbildung“ (Workshop für Jugendliche und junge Erwachsene von 15 bis 25), „Wunderwelt Smartphone“ (Workshop für Jugendliche zum Umgang mit Cybermobbing, Schönheitswahn bei Social Media, Hasskommentaren), Offene Sprechstunde für Eltern mit Erziehungsproblemen, „Power-Kids“ (Stammtisch für Eltern von Kindern mit herausforderndem Verhalten, wie AD(H)S, Autismus etc.), „Das Smartphone - der blinde Fleck in der Erziehung“ (Vortrag für Eltern, Erzieher, Lehrer und Pädagogen), „Essbare Wildpflanzen und Bäume - unsere Superfoods vor der Haustür“ (Vortrag). Weitere Infos gibt es auf der Internetseite www.familienzentrum-malsch.de.