„Wo bleibt sie denn?“ Klaus Lück von den Ulmer Eisenbahnfreunden (UEF), der auch im eng verbundenen Förderverein Badische Museumseisenbahn (FBM) engagiert ist, blickt am Sonntag auf Gleis 2 des Ettlinger Stadtbahnhofs in Richtung Westen und wartet gespannt, dass die 101 Jahre alte Dampflokomotive 58311 der zu den UEF gehörenden Dampfnostalgie Karlsruhe auftaucht.
Lück ist immer dabei, wenn es Dampfzugfahrten von Karlsruhe durchs Albtal nach Bad Herrenalb gibt. Und noch jemand ist gespannt: Kommt die alte Dampflokomotive oder nur eine historische Diesellokomotive. „Wir fahren nur mit der Dampflok“ legt sich Patrick Kretz fest. Der Ettlinger steht mit Partnerin Bettina Retzer und den Freunden Natalie und Marcel Walter aus Durlach sowie deren zweijährigem Söhnchen Paul auf dem Gleis und warten. Paul freut sich sichtlich auf das Abenteuer Dampflokfahrt.
Mit etwas Verspätung löst sich die Spannung, die Dampflok trötet und dampft heran. Schnell noch ein Erinnerungsfoto und dann ab in den Wagen 4. Zuvor noch sagt Kretz, der ebenso wie seine Partnerin im Gegensatz zu den Walters noch nie Dampfzug gefahren ist, dass sie direkt an der Bahnlinie wohnen und immer wenn der Dampfzug kommt, die Wäsche vom Balkon holen müssen. Zur Abfahrt gibt es von den Helfern der UEF Infos zum Fahrtablauf auf Deutsch und französisch.
Fahrt mit dem Dampfzug als Geburtstagsgeschenk
Die Plätze sind belegt und auch an den Fenstern der alten Waggons drängen sich die Leute, vor allem die Kinder jeden Alters, um den besten Ausblick zu haben. Im Speisewagen hat sich Thomas Winkler, ein geborener Ettlinger und stolz darauf, mit dem fünf Jahre alten Söhnchen Joris niedergelassen.
Mit dabei, so Winkler, sind auch Opa und Oma sowie sogar eine Uroma und sein Bruder mit Frau, insgesamt acht Personen aus vier Generationen. Joris hat gerade Geburtstag gehabt und sich die Dampfzugfahrt gewünscht. Für Vater Thomas ist sie eine Erinnerung an seine Kindheit: „Wir sind mit dem Dampfzug nach Bad Herrenalb gefahren und zurück mit dem Fahrrad.“
Zustiege in Busenbach und Etzenrot
Inzwischen geht es gemütlich durchs Albtal. Zustiege sind in Busenbach und Etzenrot möglich. Überall an der Strecke stehen Menschen und winken den Fahrgästen an den Zugfenstern, die sich auch die wechselnde Landschaft ansehen, lachend zu. Im Speisewagen haben sich drei junge Männer niedergelassen, Klaus Lück hat ihnen einen reservierten Tisch überlassen, den er erst in der Kurstadt braucht.
Die drei Ettlinger Freunde fachsimpeln, und schnell stellt sich heraus, dass Robert Schmieder und Daniel Keller Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn sind und Schmieder und der dritte im Bunde, Florian Foell, sind gelernte Dreher. Sie bewundern die Qualität der Einrichtung – „so etwas gibt es heute nicht mehr“, so Keller – und wissen genau, was die Helfer der UEF leisten, wenn Teile durch neue, selbst hergestellte, ersetzt werden müssen.
Keller ist schon oft mit dem Dampfzug gefahren, für Schmieder ist es das erste Mal. „Die Lok werde ich mir noch genau anschauen, aber zunächst genießen wir die tolle Fahrt.“ Natürlich bei Kaffee und Kuchen.
Wassertank wird in Bad Herrenalb aufgefüllt
Der Bahnhof in Herrenalb rückt heran und nachdem Lück eine Schranke geöffnet hat, hält der Zug. Wie immer wird die Lok abgekoppelt und fährt ein paar Meter weiter, um Wasser zu fassen. Inzwischen sind Anne und Wolfram Bieler aus der Karlsruher Südweststadt mit ihren Enkelkindern, der dreijährigen Anna und der sechs Jahre alten Sophie ausgestiegen und beobachten das Auffüllen des Wassertanks. Die Mädchen freuen sich und gucken gespannt zu.
Sie sind, sagt Anne Bieler, durch die BNN auf die Idee gekommen, mit dem Dampfzug zu fahren. „Wir unternehmen sehr viel mit den Enkeln und sind immer dankbar für neue Ideen“, erklärt Bieler. Ihr Mann kennt sich aus. Er stammt aus Dresden, wo Dampfloks Tradition haben. Sie selbst kommt aus Kärnten in Österreich, lebt aber seit 50 Jahren hier im Raum. „Hier ist einfach mehr los, eine angenehme Stimmung, gerade so wie jetzt bei dieser Dampfzugfahrt“, zieht sie ein Fazit, ehe es wieder zurück geht.