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Blinde und Sehbehinderte vergessen?

Neuer Markt Ettlingen: „Der Planer hat Mist gebaut“

Erst war die Freude riesengroß über den sanierten Neuen Markt im Ettlinger Zentrum. Jetzt wird klar, an Blinde und Sehbehinderte wurde bei der Pflasterung zu wenig gedacht. Was nun passieren soll.

Leute auf Platz
Nicht zufrieden: Vertreter des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins (links) monieren gegenüber Bürgermeister Moritz Heidecker (rechts) Versäumnisse bei der Pflasterung des Neuen Marktes. Foto: Heidi Schulte-Walter

Der Vorsitzende des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins, Karlheinz Schneider, nahm kein Blatt vor den Mund: Der Planer des Belags auf dem Neuen Markt habe „Mist gebaut“, sagte er am Dienstagmorgen an die Adresse von Ettlingens Bürgermeister Moritz Heidecker (parteilos) und Stadtbauamtschef Daniel Schwab gewandt.

Denn es fehle im neuen Pflaster an Kontrasten und gebe auch keine Unterschiede in der Oberfläche, die es blinden und sehbehinderten Menschen ermögliche, sich zu orientieren und dann sicher fortzubewegen.

Verwaltung reagierte auf diverse Schreiben nicht oder zeitverzögert

Schneider beanstandete beim kurzfristig angesetzten Treffen vor Ort zudem, dass sein Verein von der Stadt immer wieder hingehalten worden sei, was ein Leitsystem für Blinde angehe.

Dabei habe man mehrfach auf die Problematik am Neuen Markt aufmerksam gemacht. Auf diverse Schreiben zwischen Dezember 2020 (Fertigstellung des Neuen Marktes) und November 2021 sei von der Verwaltung entweder gar nicht oder erst sehr verzögert reagiert worden.

„Wir wurden viel zu spät einbezogen“, monierte auch Schneiders Mitstreiterin Inge Stumpp, die an einen Termin in der Schillingsgasse vom Sommer 2020 erinnerte. Damals fiel das Pflasterproblem bei einer Begehung erstmals auf, ohne dass im Anschluss etwas passiert wäre.

Stadt: Agendagruppe war der Ansprechpartner

Heidecker verteidigte die Stadt nach Kräften. Er erklärte, der Ansprechpartner sei stets die Agendagruppe barrierefreies Ettlingen gewesen. Sie engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen mit Behinderung, hat so manches Projekt für mehr Barrierefreiheit und mehr Teilhabe angestoßen.

Die Pläne für den Neuen Markt seien in den vergangenen Jahren mehrfach offengelegt worden, betonte Heidecker. Nicht nur im Gemeinderat, sondern auch bei Bürgerinformationen. Die Agendagruppe habe sie gekannt, offensichtlich gebe es da ein Kommunikationsproblem.

Stellungnahme des verantwortlichen Planers steht aus

Der Baudezernent sagte weiter, die Stadt habe unterschiedliche Haptik und ausreichend Kontraste auf der Hauptlauffläche entlang der Drogerie Müller beauftragt und sei mit dem Ergebnis dort „nicht zufrieden“.

Man habe eine Stellungnahme des verantwortlichen Planers erbeten, außerdem ein Fachbüro aus Österreich eingeschaltet, das sich mit Leitsystemen für Blinde und Sehbehinderte auskenne. Von dem „wollen wir hören, was wir jetzt noch tun können, um die Situation zu verbessern“, so Heidecker.

Vorstellbar sei, in das kleinteilige Pflaster am Rande des Neuen Marktes Rillen zu fräsen. Nicht nur am Müller, sondern auch an der Sparkasse und in der Bruchgasse, wo die Belagarbeiten noch nicht abgeschlossen sind.

Auf einer Lagerfläche des Stadtbauamtes im Lindenweg solle eine solche Pflasterung inklusive Rillen zur Probe angelegt werden. Die Agendagruppe und der Blindenverein könnten sie dann testen. Wann genau die Österreicher nach Ettlingen kommen, sei noch unklar. Karlheinz Schneider hofft auf eine baldige zufriedenstellende Lösung und darauf, dass wir bei „künftigen Projekten zeitiger eingebunden werden“.

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