Brigitte Hirtreiter kann endlich wieder ruhig schlafen. Ihr Schäfchen „Flocke“ ist wieder zurück und wohlauf. Beim großen Flächenbrand an der B3 bei Ettlingen-Bruchhausen Anfang August war es davongelaufen.
Ein Hund war in dem Trubel in den Stall bei den Aussiedlerhöfen gekommen, wo „Flocke“ mit 16 anderen Schafen lebte, und hatte das anderthalb Jahre alte Tier so erschreckt, dass es die Flucht ergriff.
Knapp zwei Monate lang hatte es sich danach im Bereich der gerade im Bau befindlichen Gasverdichterstation am alten Schießplatz, unweit der Bundesstraße und der Autobahn, aufgehalten.
Einfangversuche mit Pferden scheiterten
Sämtliche Versuche, es einzufangen oder mit Futter anzulocken, scheiterten. Mit Pferden habe man es probiert, erzählt Hirtreiter, auch die Feuerwehr habe sie um Hilfe gebeten.
Hirtreiter stellte dem Tier jeden Abend Futter an den Waldrand, „aber auch mir hat es nicht mehr getraut. Es ist zwar zu mir hergekommen, aber ich kam nicht nah genug dran.“
Am Ende sei sie sogar so weit gewesen, einen Jäger aus Neuburgweier mit dem Abschuss zu beauftragen – schließlich stellte das freilaufende Tier nahe der Bundesstraße und der Autobahn A5 auch eine Gefahr dar.
„Der Jäger hat sich aber geweigert und gesagt: Schauen Sie, dass Sie ihr Schaf heim holen können“, sagt die 74-Jährige.
Bullet ist erst zwei Jahre alt, aber stabil von seinem Charakter her.Jan-René Hartmann über seinen Hütehund
Nach all den gescheiterten Versuchen wandte sich Hirtreiter hilfesuchend an Jan-René Hartmann. Der heute 38-Jährige hatte früher ihre Schafe geschoren, bis sie sich sogenannte Haarschafe anschaffte, die keine Wolle produzieren. Auch „Flocke“ ist ein solches Haarschaf.
Von Hartmann wusste die Besitzerin, dass er gut im Einfangen von Tieren ist, öfter mal gerufen wird, wenn Landwirten Rinder oder Schafe entwischt sind. Am Donnerstag kam der Durlacher mit Lasso, Hütehund und drei Helfern nach Ettlingen, um „Flocke“ zu fangen.
Als Hüter einer Rinderherde in Neuseeland habe er gelernt, mit dem Lasso umzugehen, erzählt Hartmann. Aus Australien hat er „Bullet“ mitgebracht, seinen „Hauptarbeitshund“, wie er ihn nennt. „Er ist erst zwei Jahre alt, aber stabil vom Charakter her“, betont er. „Ein echter Profi.“
Hütehund trieb das Schaf in Richtung seines Herrchens
Das stellte er bei der Einfangaktion einmal mehr unter Beweis. Bullet trieb das entlaufene Schaf auf dem Feld an der B3 bei Bruchhausen immer auf sein Herrchen zu.
Um zu verhindern, dass das gejagte Tier auf die Straße läuft, hatten Hartmann und seine Helfer zuvor ein rund ein Kilometer langes Netz an der Bundesstraße gespannt.
Außerdem hätten sich zwei Autofahrer auf dem Feldweg bereitgehalten, um das Schaf bei Bedarf aufzuhalten, falls es am Zaun vorbei auf die Straße laufen will.
Ich war natürlich am Ende auch schweißgebadet.Jan-René Hartmann
Glücklicherweise kam es aber nicht so weit. Denn Bullet und Hartmann wussten genau, was sie tun, trieben das Tier Richtung Wald statt zur Straße.
Hartmann selbst legte bei der Einfangaktion einige Kilometer zurück. „Ich war natürlich am Ende auch schweißgebadet.“
Letztlich habe es aber nur etwa eine halbe Stunde gedauert, bis das Schaf gefangen war. „Bullet hat das Schaf angestarrt und hypnotisiert“, beschreibt Hartmann den Vorgang.
Der Lehrer und Vorsitzende des Vereins Tier- und Vogelpark Forst kennt sich mit Tieren aus. Er hält selbst Schafe, Rinder und Pferde, ist Hundeausbilder sowie Schaf- und Alpaka-Scherer.
Ich bin so froh, dass ich mein Schäfle wieder hab.Brigitte Hirtreiter, Schafhalterin
In der Konfrontation bleibe das Schaf stehen, stampfe auf den Boden und versuche „mit wilden Gesten den Hund davon abzubringen, es zu verfolgen“. Die Situation nutzte Hartmann aus, um ein Lasso um das Tier zu legen – der Fang glückte.
Überglücklich sei die Besitzerin gewesen, ihr Schäfchen wieder zurückzuhaben. „Flöckeli ist wieder da“, habe sie gerufen und geweint, erzählt Hartmann von der Übergabe.
Wenn sich Hirtreiter daran erinnert, kommen ihr wieder die Tränen: „Ich bin so froh, dass ich mein Schäfle wieder hab“, sagt sie im Telefongespräch mit unserer Redaktion. Und sie hat noch einen Grund zur Freude, denn: „Flocke“ kriegt bald Nachwuchs.