Im Vorlauf der viermal 100 Meter Staffel hatte Erwin Mehtic den Schuh verloren – doch er rannte weiter bis ins Ziel. Am Ende triumphierten er und seine Mitstreiter dann im Finale der Special Olympics in Berlin und holten Gold.
Eine der Geschichten, die sechs Athleten mit Handicap der Ettlinger Gartenschule nach drei Jahren Training bei den Wettkämpfen in der Hauptstadt erlebten. Dass sie überhaupt die Reise antreten konnten, ist auch einer Kooperation mit dem SC 88 Bruchhausen zu verdanken.
Olympische Feuer und Promis
Unter dem Motto „Gemeinsam stark“ gingen rund 4.500 Sportler mit und ohne Behinderung bei den Nationalen Sommerspielen von Special Olympics Deutschland an den Start. Eine große Sache für die Schüler der sonderpädagogischen Bildungseinrichtung.
Florian Gerstner erzählt nach der Rückkehr von der Entzündung des Olympischen Feuers, von Feuerwerk und von Prominenten, die bei der Eröffnungsfeier im Bundesligastadion von Union Berlin mit dabei waren – etwa die zweifache Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt oder Fußball-Weltmeister Philipp Lahm.
Man hat es so angenommen wie es ist.Giulio di Bono, Special-Olympics-Starter
Für die jungen Athleten Laura Bandel, Amelie Rübel, Erwin Mehtic, Giulio di Bono und Florian Gerstner aus Ettlingen waren die sechs Tage eine große Sache, wissen die betreuenden Lehrer Hilde Hofmann und Frank Kreiselmeier. „Sehr intensiv“ sei die Erfahrung für die 14- bis 17-Jährigen gewesen. Zunächst seien die jungen Sportler regelrecht wie erschlagen gewesen von der Wucht der Millionenstadt und der Größe des Events. „Da wurden sie teils ganz ruhig.“
Dass die Special Olympics überhaupt möglich wurden, sei unter anderem der Ettlinger Bürgerstiftung mit 2.000 Euro Zuschuss, der Stadt Ettlingen und einer Elektrofirma aus Pforzheim zu verdanken. 9.000 Euro habe man insgesamt aufbringen müssen.
Und sportlich schlug man sich wacker. Ihr dritter Versuch etwa war der umjubelte Erfolgsversuch im Weitsprung für Amelie Rübel (17) – sie holte die Silbermedaille. Sowieso war es ein Medaillenregen, alle Gartenschüler heimsten Edelmetall ein, elfmal reichte es aufs Treppchen. Über allem stand aber der olympische Geist.
„Man hat es so angenommen, wie es ist“, betont Giulio di Bono zu den Platzierungen. Dabei sein, ist eigentlich alles. Das sei durchgehend auffällig bei den Wettbewerben gewesen, so Frank Kreiselmeier. „Strahlende Gesichter auch bei Platz sechs oder acht, es wird immer fair gratuliert, sich mit gefreut.“ Absolute Gänsehautatmosphäre, beschreibt es Hofmann.
Einmal die Woche Training mit Vereinssportlern
Der olympische Gedanke, das Miteinander, stand auch bei einem großen Festival am Berliner Alexanderplatz im Mittelpunkt. Der alte Spruch „Von nichts kommt nichts“ galt schon im Vorfeld der Spiele für die Ettlinger Athleten. Über die Kooperation mit dem SC 88 Bruchhausen wurde die Grundlage geschaffen. „Einmal pro Woche ist Training“, erzählt Florian.
Auch in den Ferien im Vorfeld des Berlin-Abenteuers. Triebfeder der Kooperation Schule und Verein ist Ernst Speck. Er ist nicht nur Vorstandsmitglied beim SC 88, sondern zudem Leichtathletik-Koordinator der Special Olympics im Landesverband Baden-Württemberg.
„Mit der Gartenschule haben wir einen Partner gefunden“, so Speck. Inklusion im Sport sei ein großes Thema, das ihn stets beschäftige. Dies mache bis hin zu den Schwächsten einfach Sinn. Die Bruchhausener SC-Leichtathleten Aileen Speck, Theresa Kinkel, Levin Tutte und Niklas Revfi laufen und trainieren mit den Schülern. Bei Unified-Staffelläufen in Berlin traten je zwei SC-Läufer und zwei Gartenschüler an. Die Kooperation setzt auf Weitblick. Im Idealfall bleiben die Schützlinge nach der Schulzeit im Verein, so Ernst Speck.