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I hätt do mol e Frog

Spurensuche am Weißen Häusle: Gab es Schutzbunker am Robberg?

Welchen Zweck die beiden Stollen am Ettlinger Robberg hatten, in denen er als Kind gespielt hatte, will BNN-Leser Karl-Heinz Kurvers wissen. Manches deutet darauf hin, dass sie als Schutzbunker genutzt wurden.

Der zubetonierte Eingang eines vermutlichen Luftschutzstollens nahe dem Weißen Häusle
Der zubetonierte Eingang eines vermutlichen Luftschutzstollens nahe dem Weißen Häusle. Foto: Ulrich Krawutschke

Von Ulrich Krawutschke

Der Ettlinger Robberg ist ein geschichtsträchtiges Gebiet, geprägt von Kleingärten, Reben, Bismarckturm, Weißem Häusle und heute nicht mehr vorhandenen Bauwerken. Eines davon interessiert BNN-Leser Karl-Heinz Kurvers. „I hätt do mol e Frog“: Am Ettlinger Robberg, nah beim Weißen Häusle, gab es zwei Stollen. Wann wurden sie gegraben, zu welchem Zweck und wann wurden sie zugemauert?

Kurvers erinnert sich an seine Jugend und den Stollen mit zwei Eingängen: „In dem Stollen haben meine Freunde und ich in der Kindheit gespielt, obwohl das natürlich verboten war“. Die Stollen waren nach seiner Erinnerung roh, also nicht ausgemauert. Die Eingänge sind jetzt mit Beton verschlossen, aber deutlich sichtbar.

Hufeisenform könnte Flucht ermöglicht haben

Kurvers vermutet, dass der Stollen im Zweiten Weltkrieg zum Schutz der Robbergarbeiter vor Fliegerangriffen gegraben wurde. Der Stollen könnte hufeisenförmig sein, damit die Flucht möglich wäre, auch wenn ein Eingang zerbombt wäre. Der Stollen könnte heute, wünscht er sich, durch kleine Öffnungen als Fledermaushöhle dienen.

Seine Vermutung wird von Pfarrer i.R. Engelbert Baader gestützt, der sich erinnert, dass gegen Kriegsende vielfach Schutzbunker für den Fall von Fliegerangriffen gegraben wurden. Am Robberg könnte das Sinn machen, denn es gab für die Arbeiter dort nicht genügend Zeit, in die Stadt zu flüchten.

Flakstellung oberhalb des Weißen Häusles?

Warum aber sollte ausgerechnet der Robberg beschossen werden? Dieter Schwarz, früher beim Stadtbauamt Ettlingen tätig, weiß, dass oberhalb des Weißen Häusle ein sogenannter Trigonometer stand, ein trigonometrischer Punkt für Vermessungen. Dieser war ungewöhnlich aufwändig dreibeinig aus Beton gebaut und eingezäunt worden, könnte daher also auch eine Flakstellung im Zweiten Weltkrieg gewesen sein.

Das Weiße Häusle am Robberg, das man angeblich vom Münsterturm in Straßburg sieht
Das Weiße Häusle am Robberg, das man angeblich vom Münsterturm in Straßburg sieht. Foto: Ulrich Krawutschke

Schwarz erinnert sich, dass in Nachkriegszeiten Kinder den Turm hochgeklettert sind und dieser noch einige Zeit vom damaligen Süddeutschen Rundfunk (SDR) als Funkturm genutzt wurde. Er weiß es ganz genau, denn unter seiner Regie wurde der Turm Ende der 80er Jahre mühsam abgetragen. „Gegen die ursprünglich geplante Sprengung gab es Einwände“. So könnte der Stollen also auch ein Unterstand für die Flakstellung gewesen sein, „wie sie bei jeder Flakstellung errichtet wurden“, weiß Ettlingens früherer Oberbürgermeister Erwin Vetter.

Beschuss verfehlte Turm nur knapp

Hinzu kommt, dass im Internet in einschlägigen Foren oft von einer Luftverteidigungszone (LVZ) Flak-Untergruppe Ettlingen, Stab Flak-Regiment 351 die Rede ist. Ob damit aber der Standort beim Weißen Häusle gemeint ist, bleibt aber offen. Der alte Ettlinger Helmut Boch, bekannt von den Mundartfreunden Ettlingen, erinnert sich, dass es eine sogenannte Vierlingsflak, also vier Röhren, etwas weiter oben auf dem Bismarckturm gab. Bei einem Beschuss, der den Turm verfehlte und weiter oben in ein Grundstück einschlug, wurde ein Freund von ihm buchstäblich zerrissen. „Tags darauf wurde die Flakstellung abgebaut“, erinnert er sich.

Ob der Stollen in Zusammenhang mit einer der beiden möglichen Flakstellungen steht und wann sie zubetoniert wurden, war nicht zu erfahren. Auch im Stadtarchiv Ettlingen sind keine Unterlagen über die Flakstellungen oder den Schutzstollen zu finden. Archivleiterin Christiane Pechwitz vermutet, dass solche militärische Unterlagen gar nicht im Stadtarchiv gelagert wurden, sondern eher im General-Landesarchiv in Karlsruhe oder sogar in Stuttgart.

Weißes Häusle diente einst den Hütern der Rebordnung

Mehr zu finden ist dort über das Weiße Häusle, das nur wenige Meter von den Stollenausgängen entfernt steht. Aus einer im General-Landesarchiv Karlsruhe noch vorhandenen Weinbergsordnung aus dem Jahr 1508, so niedergeschrieben in „Der Lauerturm vom August 1949” (Beilage der Ettlinger Zeitung), geht hervor, dass es 1520 als Rebhäuschen für die Hüter der Einhaltung der Rebordnung erstellt wurde. Als es im Laufe der Zeit baufällig geworden war, ließ die Stadt 1725 ein neues an dessen Stelle erbauen und mit weißem Kalkanstrich versehen.

Goethe soll für Kalkanstrich Geld gesammelt haben

Jetzt kommt eine Überlieferung ins Spiel. Am 28. August 1770 sollen Studenten um Johann Wolfgang von Goethe auf der Plattform des Straßburger Münsters gezecht und beim Rundumblick in der Ferne das Weiße Häuschen bei Ettlingen gesehen haben. Aber nicht mehr so gut wie Jahre zuvor. Ein älterer Herr klärte auf, dass ein neuer Kalkanstrich Not täte, aber Ettlingen wohl das Geld dafür fehle.

„Da könnten wir doch helfen“, meinte der junge Goethe und die Runde sammelte drei Gulden und 42 Kreuzer, die per Bote nach Ettlingen für einen neuen Anstrich gesandt wurden. 1987 wurde das Weiße Häusle erneut von Ehrenamtlichen um Architekt Ekkehard Heil und mit Spendengeldern neu aufgebaut.

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