Im kleinen Waldbronner Ortsteil Etzenrot mit 2.200 Einwohnern fühlt sich so mancher Bürger abgehängt. Das wurde bei der zweiten Runde der Kandidatenvorstellungen für die Bürgermeisterwahl am 8. Mai mehr als einmal deutlich. Für 200 Zuhörer war im Gesellschaftshaus bestuhlt. Nur wenige Plätze blieben unbesetzt.
Stefan Seifert (parteilos), Marc-Yaron Popper (FDP), Sebastian Haag (SPD), Patrick Nitsch (parteilos), Christian Stalf (CDU) und Andreas Fauth-van Dyk (parteilos) stellten sich und ihr Programm kurz vor, sodann hatten die Zuhörer Gelegenheit für ihre Fragen.
Erneut souverän in der Moderation: der scheidende Rathauschef Franz Masino (SPD). Vier der sechs Kandidaten sind Waldbronner oder dort aufgewachsen, Popper und Stalf kommen von außerhalb.
Von Personalkompetenz bis zur Wirtschaftsförderung als Chefsache
Während Seifert erneut seine Kompetenz im Umgang mit Personal herausstellte – er ist zuständig fürs Changemanagement im Helios-Klinikum Pforzheim –, ließ der Karlsruher Rechtsanwalt Popper wissen, Bürgermeister sei für ihn „ der schönste Beruf, den ich mir vorstellen kann“. Es brauche im 50 Jahre alten Waldbronn eine „gemeinsame Identität“.
Oberstleutnant Sebastian Haag, derzeit in Speyer beheimatet, unterstrich, er kenne Waldbronn von klein auf, sei etwa als Jugendgemeinderat und beim FC Busenbach aktiv gewesen. Er wolle auch als SPD-Mann Bürgermeister für alle sein. Industriekaufmann Patrick Nitsch ging im wesentlichen mit der Aussage an den Start, er habe „ein offenes Ohr und schöne Ideen für Waldbronn“.
Betriebswirt und Kommunikationswissenschaftler Christian Stalf, derzeit Pressesprecher der Stadt Hockenheim, will die Wirtschaftsförderung zur Chefsache machen. Der Letzte im Bunde, Andreas Fauth-van Dyk erzählte unter anderem, dass er an der Dialyse hänge und die Postfiliale am Rathausmarkt aufgegeben habe.
Bei den Fragen kristallisierten sich ein paar Schwerpunkt heraus, die den Bürger auf den Nägeln brennen:
Das Gesellschaftshaus
„Was machen Sie denn für Etzenrot? Unser Gesellschaftshaus wird uns für einen Kindergarten weggenommen“, wandte sich Detlef Müller unter Applaus an die Runde. Es gebe hier einen Zielkonflikt, so Haag. Im neuen Kindergarten könnten die Vereine aber einen Raum „nicht unter 100 Quadratmeter“ erhalten.
Stalf meinte, der Abrissbeschluss sei leider da, man müsse aber „über den Raumbedarf der Vereine sprechen“ und nach einer Lösung für größere Veranstaltung in Kooperation mit der Kirche suchen. Popper: „Das ist in der Kommunikation schief gelaufen“. Er werde prüfen,was sich noch machen lasse.
Die Feuerwehr
„Was wird aus unserem Feuerwehrgerätehaus?“, wollte Tobias Müller, Abteilungskommandant in Etzenrot, wissen. Er favorisiere für ein Waldbronner Feuerwehrhaus den Standort Fleckenhöhe, antwortete Seifert. Es müsse aber geprüft werden, ob das Etzenroter Haus erhalten bleiben könne zur Unterstützung der Einsatzbereitschaft. Dafür gab`s Applaus.
Stalf erklärte, er habe „hohe Sympathien für den Standort Etzenrot“, auch Haag wollte, schon wegen der wichtigen Jugendarbeit, keine Aufgabe von Etzenrot . Für Nitsch, selbst Feuerwehrmann, ist entscheidend, dass die Tagesverfügbarkeit der Feuerwehr gesichert ist.
Popper stellte klar: Etzenrot bringe schon mit dem Gesellschaftshaus ein Opfer. Ein zweites müsse nicht sein. (Applaus).
Die ärztliche Versorgung
Es gebe keinen Hausarzt mehr im Ort. Was die Kandidaten denn hier tun wollten, hakte Anton Renz nach. Haag brachte ein Ärztehaus ins Spiel, das er aber nicht in Etzenrot sieht. Seifert meinte, man müsse Ärzten Attraktivität bieten, sich am Standort niederzulassen, Stalf bezweifelte, dass die Kommune „das Problem alleine lösen kann.“
Die Finanzen
„Wie stehen Sie zur hohen Verschuldung von Waldbronn?“ fragte Klaus Ring in die Runde. „Sparen, aber verträglich“, lautete das Credo von Stalf. Seifert fand ein Defizit im Haushalt von 4,7 Millionen „alarmierend“. Es brauche Entwicklungsflächen, um die Einnahmen steigern zu können. Popper war der Ansicht, die Finanzlage sei zwar nicht rosig, aber auch nicht dramatisch. Es seien mit den Investitionen ja auch „Werte geschaffen worden“.
Der Klimaschutz
Bis 2040 soll Waldbronn klimaneutral sein, wie machen Sie das?“, wollte Andrea Immendörfer wissen. Klares Bekenntnis von Nitsch, Haag und Stalf zu Photovoltaik auf kommunalen Bauten. Seifert plädierte für klimaneutrale Quartiere, Fauth- van Dyk erklärte: „Ich würde mal ein paar mehr Bäume pflanzen.“
An diesem Montag gibt es in der Schulturnhalle Busenbach die dritte und letzte Möglichkeit, die Kandidaten kennenzulernen. Start ist um 19 Uhr.